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ZeitzonenSommerzeit? Winterzeit? Normalzeit? Unsere Zeitzone ist zu groß

30. Oktober 2021, 05:00 Uhr

Über hitzige Diskussionen in Deutschland zur Abschaffung der Sommerzeit dürfte man in anderen Regionen nur müde lächeln. Denn mit der einen Stunde Abweichung geht's uns noch ziemlich gut.

In Görlitz sind nach dem Ende der Sommerzeit Uhrzeit und Sonnenstand wieder in Einklang. Aber warum nur in Görlitz? Weil diese östlichste Stadt Deutschlands genau auf dem 15. (östlichen) Längengrad liegt. Und dieser Längengrad ist das korrekte Zentrum unserer Zeitzone.

Je westlicher man sich in Deutschland aufhält, desto später läuft der Sonnentag ab. Trotzdem liegt fast ganz Deutschland in der richtigen Zeitzone, wenn man sich darauf verständigt, dass diese Zone genau eine Stunde umfassen soll.

Die tatsächliche Zone, in der Mitteleuropäische Zeit (MEZ) und Mitteleuropäische Sommerzeit (MESZ) gelten, hört an Deutschlands Westgrenze allerdings nicht auf. Bei weitem nicht. Und so kommt es, dass man in Galicien (Nordwestspanien) am Ende der Sommerzeit in etwa folgenden Tagesablauf hat: Sonnenaufgang gegen 9:00 Uhr, Höchststand gegen 14:20 Uhr, Untergang gegen 19:40 Uhr. Das ist nicht nur eine Stunde Abweichung von der normalen Sonnenzeit wie bei uns, sondern etwa zweieinhalb.

Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Wenn es also Regionen gibt, in denen wirklich hitzig über den Unsinn der Mitteleuropäischen Sommerzeit diskutiert werden sollte, dann liegen die vor allem in Westeuropa.

Wie würden die europäischen Zeitzonen idealtypisch aussehen, also wenn man dem Grundsatz folgt, dass ein Land zu der Zone gehört, in dem es größtenteils liegt? Das folgende Vergleichsbild zeigt das. Wenn Sie den Schieberegler betätigen, sehen Sie, dass die Benelux-Staaten, Frankreich und Spanien idealtypisch in die britische Zeitzone gehören. Island, Irland und Portugal hätten demnach sogar zwei Stunden Unterschied zu Deutschland.

Zeitzonen in Europa links: real | rechts: idealtypisch

Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK | MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Die tatsächliche Einteilung der Zeitzonen richtet sich aber eben auch sehr nach Wirtschaft und/oder Politik. Wenn in einem Gebiet die Uhren möglichst "gleich ticken" sollen, wird auf die Sonnenzeit und die Chronobiologie des Menschen wenig Rücksicht genommen.

Das sieht man nicht nur in Europa, sondern besonders heftig in China. Das Riesenreich erstreckt sich über fünf Zeitzonen. Bis 1949 war es auch so eingeteilt. Aber nach Gründung der Volksrepublik wurde entschieden, dass im ganzen Land dieselbe Uhrzeit herrschen soll. Und nicht etwa die aus der mittleren Zone, sondern die Pekinger Zeit. Das hat zur Folge, dass die Sonne im äußersten Westen Chinas erst um etwa 15 Uhr im Zenit ist. Und es gibt deshalb dort auch die Staatsgrenze mit dem größten Zeitsprung der Welt. Wer den (nur 56 Kilometer langen) Grenzstreifen zwischen Afghanistan und China überquert, muss seine Uhr dreieinhalb Stunden vor- (von Afghanistan nach China) bzw. zurückstellen. Praktisch passiert das allerdings selten. Denn der einzige Grenz-"Übergang" ist ein nur schwer zugänglicher Gebirgspass.

(rr)

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