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Stadtplanung der ZukunftUrban Food Forest – der leckere Wald in der Stadt

04. September 2019, 19:35 Uhr

Das Bad in der Waldluft, japanisch "Shinrin Yoku", gilt in Japan seit den 80ern als Mittel der Gesundheitsprävention: Forscher hatten nachgewiesen, dass Waldluft der Gesundheit nutzt und sich positiv auf Blutdruck, Immunsystem und Wohlbefinden auswirkt. Aber was ist, wenn der Mensch in der Stadt lebt? Dann muss der Wald in die Stadt geholt werden. Die nächste Stufe des Urban Gardening, der städtische Waldgärten, die sogar mehr als Obst, Nüsse, Kräuter und Gemüse können.

Im Schatten eines Baumes sitzen, je nach Jahreszeit Nüsse knacken oder Bucheckern, Himbeeren naschen oder Brombeeren – klingt idyllisch, ist aber in Großstädten meistens Essig. Abgesehen davon, dass viele in der Stadt kaum noch wissen, dass man Bucheckern essen kann. Aber genau das könnte sich ändern, nicht von heute auf morgen, sondern im Laufe der Zeit. Die Uni Potsdam begleitet genau das wissenschaftlich auf einem Gelände im Süden Berlins. Das Pilotprojekt arbeitet mit Freiwilligen, begleitet von der Potsdamer Umweltwissenschaftlerin Jennifer Schulz. Der künftige Waldgarten ist etwa 5.000 Quadratmeter groß und soll langfristig über mehrere Jahrzehnte beackert werden.

Unterschied Waldgarten und Vertical/Urban Gardening

Salat selber anbauen - geht auch in Rohren. Bildrechte: imago images / Eyepix Group

Waldgärten sind "naturnäher und multifunktionaler" als Hochbeete, in denen Kürbisse sprießen oder Kisten, in denen Kartoffeln reifen. Die Webseite des Projektes beschreibt unter den Vorteilen unter anderem, dass der Boden langfristig verbessert wird, den Kühlungseffekt für das Stadtklima, aber auch die sozialen und gesellschaftlichen Folgen, die entstehen, wenn Menschen zusammen gärtnern.

Sehnsucht nach Grün: Vertikale Gärten und Urban GardeningUrban Gardening und vertikale Gärten: Voll im Trend für Menschen mit Natursehnsucht: Auf den Social Media Kanälen stapeln sich "How-to"-Videos. Sie zeigen detailliert, wie man kleinen und kleinsten Raum in grüne Gemüse-Oasen verwandelt, in denen Salat, Erbsen, Radieschen, Tomaten und Rucola wuchern.

Das Prinzip "Forest Food Garden", also der nährende Waldgarten, geht einen Schritt weiter: Es ahmt im Kleinen nach, wie die Natur in ihrer natürlichen Waldstruktur mit verschiedenen Stockwerken perfekt ineinandergreift: Die Krautschicht über dem Boden im Wald besiedeln hier Kräuter, in der Strauchschicht im Urban Food Garden werden gezielt beerentragende Sträucher angepflanzt, in die Baumschicht, zuständig für Luft, Schatten und Tierlebensraum, kommen Gewächse, die Obst oder Nüsse hervorbringen.

Moment mal: Lechzen Städte nicht nach Wohnraum statt Bäumen?

Die positiven Gesundheitseffekte des Waldbadens sind erforscht. Doch so ein Stück Wald vor der Haustür in der Stadt birgt weit mehr: Zum einen als Habitat für Insekten und Tiere, zum anderen als Prävention und Bildungsmöglichkeit gegen die zunehmende Naturentfremdung der Bevölkerung - auch als "Pflanzenblindheit" bekannt -, derzufolge immer weniger Menschen Holunderbeeren oder Tollkirschen beim Namen nennen können. Solche Gärten können auch als Quelle für natürliche Heilmittel dienen - mit Kräutern wie Kamille oder Spitzwegerich. Oder als Ressource für Kräutertees, wenn zum Beispiel Pfefferminze, Salbei und Thymian wachsen.

Ganz neu ist alles jetzt aber nicht. Oder?

Das Berliner Projekt ist im Gegensatz zu ähnlichen Stadtgarten-Projekten bisher das einzige, dessen Entwicklung wissenschaftlich begleitet wird. Urbane Gemeinschaftsgärten gibt es viele, allein die Webseite www.anstiftung.de listet 657 Gemeinschaftsgärten in ganz Deutschland auf.

Deren Anliegen ähnelt dem Prinzip des "essbaren" Stadtwaldes", aber viele der aufgelisteten Projekte liegen auch im ländlichen Raum, wie im sächsischen Bad Düben, wo verwilderte Bahnland-Parzellen urbar gemacht werden, mit Hochbeeten und neuen Gartenlauben. Oder in Jena: Der 1.500 qm große Volksgarten, wie das Projekt heißt, bietet Platz zum Gemüse- und Obstanbau und soll "die Menschen für die Lebensmittelproduktion sensibilisieren", wie es in der Beschreibung heißt. Der Stadtteilgarten Winzerla in Jena stellt sich beispielsweise bewusst als Ort der Kommunikation dar, für Bildung, Kultur und Kommunikation zwischen Jung und Alt.

Auslaufmodell? Gemeinschaftsgarten auf dem Tempelhofer Flugfeld in Berlin. Bildrechte: imago/bildgehege

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Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | 08. Juli 2019 | 16:54 Uhr

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