Vogelzüge im Herbst Viele Vögel bleiben da

Im Herbst ziehen viele Vögel gen Süden - aber längst nicht mehr alle. Woran liegt das und woher wissen die Vögel überhaupt, wann es losgeht und welchen Weg sie nehmen müssen?

Alle Vögel sind noch da, müsste es jetzt im Herbst eigentlich heißen, denn während andere schon weg sind, bleiben manche einfach hier, erklärt der Buchautor und Ornithologe Ernst Paul Dörfler. 

Eigentlich waren Amsel, Drossel , Fink und Star durchweg Zugvögel. Aber die Vögel passen sich den veränderten Umweltbedingungen an und etliche verzichten auf den herbstlichen Fernflug gen Süden. Kein Wunder, denn der Flug ist gefährlich und kostet viel Energie. Ganz neu ist das aber auch nicht, weiß der Ornithologe und verweist auf die Meisen: Bei denen gehe es nach Lust und Laune, oder besser gesagt, nach der genetischen Programmierung und die ist von Meise zu Meise unterschiedlich:

Wenn zum Beispiel die Vatermeise reiselustig war, und die Muttermeise lieber zu Hause geblieben ist, dann können die Kinder sich aufsplitten. Ein Teil verreist und ein Teil bleibt.

Ernst Paul Dörfler

Doch auf viele Vögel ist noch Verlass, nämlich die Insektenfresser. Die müssen in den Süden. Auffallend beim Zug sind vor allem die Vögel, die in Formation fliegen und die wir deshalb sehr gut beobachten können: Gänse, Kraniche, Enten, Schwalben, Stare. Viele fliegen aber alleine und nachts, vor allem Singvögel - und die bemerken wir dadurch kaum. Aber wie finden all diese Vögel eigentlich ihren Weg? Richtung Süden orientieren sie sich vor allem an Gewässern, erklärt Dörfler, denn da gibt es Futter und relativ naturbelassene Rastplätze.

Wenn man Vogelzüge beobachten will, dann entweder zur Küste oder zu den Flüssen oder zum Bodensee, das ist auch so ein Sammelpunkt.

Ernst Paul Dörfler
Mann mit Hut
Bildrechte: Katja Zumpe

An der Elbe lässt sich so etwas auch sehr schön beobachten, zum Beispiel an Ringeltauben. Ihren Weg kennen sie dank ihrer Erbfaktoren. Von handaufgezogenen Singvögeln, die ohne Eltern aufwuchsen, weiß man, dass auch sie die Zeit zum Aufbruch kennen. Ornithologe Dörfler verweist auf das Verhalten von Vögeln, die in Volieren leben:

Man hat auch Vögel in Volieren gehalten, die dunkel waren, die Vögel konnten nicht mitkriegen, wie lang der Tag, wie lang die Nacht ist und man hat festgestellt dass sie eine Zugunruhe bekamen und die Zugunruhe hält so lange an, wie die freilebenden Vögel fliegen. Wenn die Vögel im Mittelmeerraum angekommen sind, lässt die Zugunruhe nach.

Ernst Paul Dörfler

Die meisten Singvögel, die nachts und alleine fliegen, ändern einfach ihren Rhythmus komplett von tag- auf nachtaktiv und ziehen los. Als Orientierung dient ihnen dabei erst einmal der Polarstern. Der steht allerdings über dem Nordpol. Die Vögel fliegen aber in Richtung Süden und haben den Polarstern immer im Rücken. Wie sehen sie ihn also?

Sie haben die Augen seitlich, und so einen einen ganz andern Blickwinkel. Sie sehen den Polarstern auch wenn er im Rücken ist.

Ernst Paul Dörfler

Um sich nicht zu verfliegen, sichern Vögel sich mehrfach ab und tragen selbst ein paar Werkzeuge mit sich. Wissenschaftler beschreiben das mit der Cryptochrometheorie.

Cryptochrome sind Eiweißmoleküle, die haben die Vögel in der Netzhaut und den Augen und die sind magnetosensorisch. Damit nehmen sie die Magnetfeldlinien wahr.

Ernst Paul Dörfler

Außerdem fanden Forscher bei Zugvögeln viele Millionen Magnetit-Kristalle in ihren Augen und ihrem Oberschnabel. Auch die reagieren auf die Feldlinien der Erde. Damit kann der Vogel immer dem Schnabel nach fliegen, wenn er parallel zu den Magnetlinien fliegt, wie Dörfler erklärt. Auch wir Menschen haben diese Magnetkristalle in uns. Ernst Paul Dörfler scheint  sie zu spüren. Er sagt, er wird immer richtig unruhig, wenn die Vögel fliegen. Aber nicht jedem Vogel geht es wie dem Buchautor. Manche Vögel bleiben einfach hier, wie wir gelernt haben und machen es sich gemütlich. Entscheidend ist, dass sie immer etwas zu fressen haben und wissen, wo sie gerade sind und darin sind sie eindeutig Profis.

Kraniche
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Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Radio | 06. Oktober 2018 | 07:50 Uhr