Mecklenburg-Vorpommern Waldbrand: Chance für besseren Wald

12. August 2020, 12:16 Uhr

Der größte Waldbrand in der Geschichte von Mecklenburg-Vorpommern könnte heute möglicherweise endgültig gelöscht werden. Der Brand ist eine Katastrophe – aber auch eine Chance, wie Waldforscher sagen.

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Verkohlte graue Flächen, Bäume schwarz vom Ruß, Totenstille, kein Surren, kein Zwitschern. Was in Mecklenburg-Vorpommern abgebrannt ist, ist ein typischer Kiefernwald. Monokultur, trockene sandige Böden. Das ganze brennt wie Zunder, sagt Pierre Ibisch, Professor an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung in Eberswalde: "Das ist ja schon ein großer Schaden für ein solches Waldökosystem. Erstmal können wir davon ausgehen: Große Bereiche hören erstmal auf Wald zu sein."

Natürliche Wälder: Besser gegen Brand gewappnet

Ibisch erforscht einen ganz ähnlichen Waldbrand in Brandenburg. Der betroffene Wald: Ebenfalls Monokultur. Er kommt zu dem Schluss: Für den Wald ist so ein Brand eine echte Chance. Aus der anfälligen Monokultur kann natürlicher Mischwald werden. Das hat Vorteile zum Beispiel für die Artenvielfalt, sagt Johann Goldammer, Professor für Feuerökologie in Freiburg: "Wir sehen, dass in den beschädigten Bäumen – gerade die, die von Feuer verkohlt wurden – eine Reihe von Insektenarten auftauchen, die wir im gepflegten, im gemanagten Wald nicht finden. Das heißt, wenn man einen Waldbestand sich selbst überlässt, dann zieht dort eben auch für eine gewisse Zeit ein Artenspektrum rein."

Ein weiterer Vorteil: Natürliche Wälder können sich besser gegen Brände schützen. Das liegt unter anderem an Laubbäumen, die mehr Wasser speichern. Ibisch und Goldammer plädieren daher dafür, dass sich Wälder selbst heilen dürfen. Greift man zu sehr ein, vergrößert man den Schaden. Das hat Pierre Ibisch in Brandenburg beobachtet. In Treuenbrietzen wurden alle verbrannten Reste rausgeräumt: "Da wird natürlich so ein Wald noch schwerer geschädigt – auch wenn dann zusätzlich noch schwere Maschinen auf dem Boden fahren. Nachher wird gepflügt und so weiter. Da wird so ein Ökosystem um Jahrtausende zurückgesetzt."

Der Wald wird aufgeforstet. So sieht es auch das Waldgesetz vor. Das ist nicht nur problematisch für das Ökosystem, sondern auch wenig wirtschaftlich, sagt Ibisch: "Wir beobachten dann, dass auf diesen Kahlschlagflächen im Frühjahr Bäume gepflanzt werden – und das vor einem trockenen Sommer. Wo dann schon im frühen Sommer zu beobachten war, dass die gepflanzten Bäume absterben. Das kann dann nicht ökonomisch sein."

Ibisch mahnt, Geduld zu haben. Wenn ein Wald sich selbst erneuert, kann das über hundert Jahre dauern. Wie der Klimawandel mit reinspielt, weiß kein Mensch. Sicher ist aber, dass die Natur schon am Werk ist: Brandböden sind fruchtbar. In zehn Jahren könnte um Lübtheen schon ein niedriges Gebüsch mit einigen kleinen Bäumen stehen.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 08. Juli 2019 | 18:50 Uhr