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Bildrechte: IMAGO / Christian Spicker

Waldbrandexperte Prof Müller, TU DresdenGlutnester, Zombies und Erosionen: Warum wir lernen müssen, uns an Brände anzupassen

11. April 2024, 09:14 Uhr

Seit Wochen lodern die Brände an der deutsch-tschechischen Grenze. Nur ein Brandgebiet von vielen in Deutschland. Nun werden die Sorgen vor Folgeschäden wie Bodenerosion größer. Und die Frage: Können die Brände im Boden überdauern, ähnlich wie bei den Zombie-Waldbränden in Nordamerika? Der Waldbrandexperte Michael Müller von der TU Dresden erklärt die Lage.

Hunderte Einsatzkräfte bekämpfen derzeit die Flammen in Sachsen und in der Böhmischen Schweiz. Dabei macht ihnen die aktuelle Hitzewelle zu schaffen, weshalb Glutnester immer wieder aufflammen. Doch auch mittel- und langfristig dürften die Waldbrände an der deutsch-tschechischen Grenze Folgen haben – nicht nur für die Tourismusindustrie, die bereits Einnahmeausfälle beklagt.

Wie der Brandexperte Prof. Michael Müller von der TU Dresden erläutert, muss in dem Gebiet grundsätzlich mit Bodenerosion gerechnet werden: "Nach intensiven Waldbränden verbrennt die Humusdecke vollständig und auch die Bodenvegetation, damit liegt der Boden bar." Wenn dann Starkregen einsetzt, ließe sich die Erosion kaum noch verhindern. Da müssen man sich eher versuchen anzupassen und etwa Barrieren beseitigen, so der Wissenschaftler. Ähnlich habe man beispielsweise in den 1990er-Jahren gehandelt, als bei Neuruppin in Brandenburg auch Erosion einsetzte.

Glutnester gehören zu Bränden immer dazu

Dazu blieben auch Glutnester, die noch nach Tagen wieder aufflammen können, ein Problem, erklärt Prof. Müller. Denn Glutnester gehören zu Waldbränden immer dazu, auch in Deutschland. "Wir haben so etwas, wenn Moorkörper unterirdisch schwelen, alte Stubben im Tiefland oder andere Anreicherungen von organischen Materialien, in Felsspalten und dergleichen", so Müller. Allerdings ist die Intensität bei uns sehr viel geringer, anders als in Regionen, in denen diese Anreicherung von organischem Material zum Ökosystem dazugehört, und wo es daher noch nach Monaten oder Jahren zu Zombie-Waldbränden kommen kann, "wie das etwa in den Rocky Mountains ist, in den Tundra-Gebieten oder in Skandinavien".

Beim Totholz schlägt der Experte einen Kompromiss vor zwischen dem Holz, das entfernt werden sollte, weil es als Brennmaterial dienen kann und jenem, das zu einem gesunden Wald dazu gehört und daher liegen bleiben sollte: "Ein Ausdünnen des Brennmaterials empfiehlt sich dort, wo man den Brand stoppen will - also an Wegen, mitten im Wald ist es eher nicht sinnvoll."

Bei der Waldbranderkennung sind wir in Deutschland spitze

Letztlich möchte Prof. Müller auch einen Dank aussprechen an die Feuerwehrleute, die die meisten Brände bisher in den Griff bekommen haben und betont: "Bei der Waldbranderkennung sind wir in Deutschland spitze." Probleme bei der Brandbekämpfung gebe es hierzulande eigentlich nur in Gebirgslagen und dort, wo Munition lagert. Denn dort dürfe oder könne man nicht so schnell löschen, wie man möchte. In diesen Fällen könnten in Zukunft autonome Bekämpfungssysteme helfen sowie eine andere Waldstrukturierung, etwa indem Wege verlegt werden.

cdi