Berührungen als Heilmittel Kuscheln ist die Hausapotheke für den Winter
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Menschen tun's gern, Säugetiere aus Zweckmäßigkeit: Tief in uns ist verankert, dass Kuscheln nicht nur eine schöne, sondern auch eine nützliche Sache ist. Warum eigentlich?

Gut möglich, dass Mäuse und andere kleine Säugetiere kuscheln, weil sie sich so richtig lieb haben. Zumindest aber tun sie es ausgesprochen gern im Winter. Die Nager werden nämlich zu Kuscheltieren um Energie zu sparen. Klingt logisch: Zusammenkuscheln wärmt in der kalten Jahreszeit. Ganz so einfach ist es dann aber doch nicht. Denn Kuscheln kann noch mehr als nur Wärmen. In der im Fachjournal "Microbiome" veröffentlichten Studie beschreiben Forscher, dass sich die Zusammensetzung von Darmbakterien ändert, wenn sich die Tiere dicht zusammendrängen. Dadurch wird der Stoffwechsel verlangsamt und so Energie gespart.
Wohlfühlcocktail dank Oxytocin
Kuscheln vielleicht auch wir Menschen nur deshalb, weil's uns am Ende hilft, Energie zu sparen? Wohl kaum, meint Martin Grunwald, Leiter des Haptik-Forschungslabors am Universitätsklinikum in Leipzig. Wir Menschen hätten schließlich gelernt, uns externer Wärmequellen zu bedienen. Aber was soll die Kuschelei denn dann bringen?
Wenn wir wohlgemeinte Berührungen wahrnehmen, dann ändert sich unser Blutdruck, unsere Herzfrequenz und die Atmung wird langsamer. Dabei haben wir weniger Angstgefühle und Sorgen. Man kann sagen, dass wir eine Hausapotheke öffnen.
Verantwortlich dafür ist unter anderem das Wohlfühlhormon Oxytocin, das bei den Berührungen ausgeschüttet und unserem Gehirn signalisiert: Alles positiv. Und auf diese Signale sind wir Menschen auch tatsächlich angewiesen. Das Bedürfnis an Berührungen ist zwar von Mensch zu Mensch unterschiedlich, aber nicht zu unterschätzen, erklärt Grunwald:
Wer lange Zeit ganz unberührt lebt, kann richtige seelische Probleme ausprägen.
Kuschelpartys und Profikuschler
Dass ein unverfülltes Kuschelbedürfnis zum Problem werden kann, haben die Veranstalter von Kuschelpartys entdeckt. Im Zentrum steht körperliche Nähe ohne Sexualität, auch unter Fremden. Einen Schritt weiter geht die Kuschelkiste aus Leipzig: Ein Netzwerk professioneller Kuschler, die in ganz Deutschland, Österreich und Luxemburg verteilt sind. Gründerin Elisa Meyer: "Es ist, als würde man eine Massage buchen. Der Grund, der bei allen gleich ist, ist die Einsamkeit. Meinen Kunden fehlt oft jemand, der sie einfach mal umarmt."
Wichtig ist nur ein geschützter Raum für die Berührung.
Und die Dienste der "Kuschelkiste" funktionieren. Martin Grunwald vom Haptik-Forschungslabor erklärt, dass es nicht immer die Partnerin oder der Partner sein muss: "Wichtig ist nur ein geschützter Raum für die Berührung." Überwindungskraft, sich von fremden Menschen kuscheln zu lassen, braucht es unter Umständen trotzdem. Eine Alternative: Sich einfach mal selbst berühren. Die positive Wirkung fällt zwar deutlich geringer aus als beim Kuscheln mit einer weiteren Person. Sich selbst lieb zu haben ist aber immerhin schon mal ein Anfang.
Dieses Thema im Programm: MDR JUMP | 03. November 2018 | 06:40 Uhr