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Mahlzeit! Wespen besuchen uns gern am Kuchenbuffet Bildrechte: imago images/blickwinkel

InsektenWird 2021 noch ein Wespenjahr?

22. August 2021, 05:00 Uhr

"Bitte fünf Wespen!" "Und? Noch ein Stück Apfelkuchen dazu?" Derlei Witze hört man diesen Sommer selten. Aber steht uns das dicke Ende und die Invasion der Wespen am Kuchenbuffet doch noch bevor?

Man kann von 2021 halten, was man will: Immerhin müssen wir Eis, Kuchen und Bratwurst diesen Sommer nur selten mit Wespen teilen. Und dabei bleibt es wahrscheinlich auch. Sowohl Naturschutzbund Deutschland als auch Experten aus der Wissenschaft sind sich in einer Sache einig: 2021 ist ein schwaches Wespenjahr.

Feuchtkalter Frühling = wenig Wespen

Insektenforscher Professor Robert Paxton von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg auf die Frage, ob uns das dicke Ende noch bevorsteht, das große Fluchen, Umsichschlagen, Wegrennen und Stiche kühlen. Die Weichen für einen entspannten Wespen-Sommer hat dem Experten zufolge das nasskalte Wetter Anfang des Jahres gelegt. "Wenn die Bedingungen schlecht sind, es im Frühjahr nass und kalt ist, wenn die frisch geschlüpften Wespenköniginnen eigentlich ihre Nester gründen, dann gibt es im Sommer weniger Wespen." Er glaubt also nicht, dass das uns das dicke Ende noch bevorsteht und die große Wespeninvasion noch kommt.

Daniela Franzisi, Projektleiterin des NABU-Insektensommers, ist vorsichtiger. Sie koordiniert das Projekt, bei dem Menschen zweimal im Sommer in Gärten und Parks oder auf Balkonen eine Stunde lang sämtliche Insekten zählen, die sie dort sehen, ihre Funde und Beobachtungen melden. Die zweite Zählrunde für diesen Sommer ist gerade durch. Sie meint: "Möglich wäre noch, dass sich die Wespenpopulationen in ihrer Entwicklung der Staaten circa zwei Wochen nach hinten verschoben haben, vermuten andere Experten. Dass mehr Nachkommen als Wespen unterwegs sind im Spätsommer, ist also nicht ganz auszuschließen."

Müssen wir den Pflaumenkuchen also doch noch mit Kollegin Wespe teilen?

Aus NABU-Sicht ist es also denkbar, dass wir Bratwurst und Pflaumenkuchen doch noch mit Kollegin Wespe teilen müssen. Allerdings sprechen die frischen Zahlen Bände: Auch in der zweiten Zählzeit schaffen es die Wespen (nach bisherigem Stand der Auszählung) nicht in die Top Ten der meistgesichteten Insekten. Für Daniela Franzisi ein eindeutiger Trend: "Auch wenn das Online-Meldeformular noch bis zum 22. August freigeschaltet ist, wird schon jetzt deutlich, dass der nasse Sommer Einfluss auf die Wespenpopulation hatte. Normalerweise werden im zweiten Zählzeitraum im August doppelt so viele Wespen gezählt wie im Juni. Dieses Jahr stagnierten die Beobachtungszahlen aber. Bislang wurden nur ein Viertel so viele Wespen gesichtet wie 2020 im gleichen Zeitraum."

Warum wir die Wespen doch noch vermissen werden

Mahlzeit! Eine Gemeine Wespe frisst die Puppe des Buchsbaumzünslers. Bildrechte: IMAGO / blickwinkel

Das hat allerdings auch Nebenwirkungen, weniger weil die Bestäubungsleistungen einzelner Wespenarten wegfallen. "Wespen sind Fleischfresser", sagt Paxton, "und sie vertilgen Schädlinge wie zum Beispiel Blattläuse und Schmetterlingsraupen. Sie sind wichtige Regulatoren in der Natur." Wenn Wespen fehlen, merken wir das also an anderer Stelle im Garten. Nämlich da, wo Blumen die Köpfe hängen lassen oder gar nicht bis zur Blüte kommen, wenn Raupen sich ungehindert und ungeniert übers Gemüse und anderes Grünzeug im Kleingarten hermachen. Deshalb seien langfristige Beobachtungen so wichtig, meint Franzisi, um in Zukunft aus längeren Beobachtungszeitreihen Trends erkennen zu können.

2022: Ein "mildes" Wespenjahr?

Und wenn man noch weiter in die Zukunft schaut, was, wenn aus den wenigen Wespen-Populationen neue Wespenköniginnen schlüpfen: Können wir uns auf einen "milden" Wespensommer 2022? Nicht unbedingt, meinen sowohl Robert Paxton als auch Daniela Franzis. Das Gleichgewicht in der Natur ist nämlich brillant austariert: "Wenn in einem Frühjahr wenige Jungköniginnen schlüpfen, gibt es auch weniger Stress um Nistplätze und weniger Übernahmeversuche," verdeutlicht Paxton. "Auf schwache Jahre können wieder sehr starke Populationen folgen," bestätigt Franzisi. Das bedeutet, wenn 2022 wenige Wespenpopulationen prächtig gedeihen, und wenn es kaum Konkurrenz um Nahrung- und Nistplätze gibt, werden wir im Sommer 2022 wieder viele Mitesser auf unseren sommerlichen Kuchentellern begrüßen dürfen.

Wespe ist nicht gleich Wespe

Sie ist eine von denen, die den Ruf der Wespen an sich versauen: Vespula Germanica, die Deutsche Wespe. Man erkennt sie an ihren ein bis drei gelben Punkten auf dem Kopfschild. Sie fressen Mücken, Fliegen und Raupen, aber auch überreifes Obst, Honigtau, (Grill-)Fleisch und Aas. Bildrechte: IMAGO / blickwinkel
Vespula Vulgaris beim Verspeisen einer Puppe des Buchsbaumzünslers. Bildrechte: IMAGO / blickwinkel
Gestatten: Ancistrocerus nigricornis, die Lehmwespe. Das Weibchen füttert seine Larven mit erbeuteten und betäubten Schmetterlingsraupen. Sie selbst ernährt sich von Honigtau, Pflanzensaft und -Nektar. Bildrechte: IMAGO / blickwinkel
Die große Stängelwespe Symmorphus murarius frisst Larven der Pappelblattkäfer. Bildrechte: IMAGO / blickwinkel
Die Haus-Feldwespe, oder Gallische Feldwespe Polistes dominula wohnt in Nestern aus papierähnlichem Material und hat orange gefärbte Fühler und Beine. Sie füttert große Mengen an Fliegen und Raupen an ihre Brut, adulte Tiere ernähren sich von kleinen Spinnen und Blütennektar.     Bildrechte: imago images/STAR-MEDIA
Die Sichelwespe Ophion luteus. Ihre Larven parasitieren in Schmetterlingsraupen wie Liguster- oder Kiefernschwärmern. Die adulten Wespen lecken gerne am Honigtau von Blattläusen. Bildrechte: IMAGO / blickwinkel

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