Fiktive Darstellung einer Landstraße durch die Wüste mit zwei mittig zum Betrachter strahlenden Sonnen am Himmel. Wolken am blauen Himmel. Leicht dramatische Stimmung.
Vermutlich gibt es auch habitable Planeten mit zwei Sonnen. Aber vielleicht muss man anders nach ihnen suchen als nach Planeten mit nur einem Fixstern. Das legt zumindest eine neue dänische Studie nahe. Bildrechte: Pixabay/jplenio, Montage: MDR

Astronomie Planeten von Doppelsternen als mögliche Heimat für außerirdisches Leben

25. Mai 2022, 10:34 Uhr

Fast die Hälfte aller Sterne in Sonnengröße sind Doppelsterne. Nicht nur Star Wars-Fans kennen vermutlich die ikonischen Bilder des doppelten Sonnenauf- oder -untergangs auf der Heimatwelt von Anakin und Luke Skywalker, Tatooine. Planetensysteme können dort ganz anders aussehen als bei uns. Das muss man bei der Suche nach außerirdischem Leben beachten.

Noch ist unsere Erde der einzige bekannte Planet mit Leben. Astronomen suchen deshalb vor allem nach erdähnlichen Planeten, wenn es darum geht, ob es irgendwo außerirdisches Leben geben könnte, also nach Planeten, die in optimaler Entfernung um einen Fixstern kreisen, so dass es nicht zu kalt und nicht zu heiß ist, damit flüssiges Wasser und Leben möglich sind.

Eine neue Forschungsarbeit dänischer Astronomen deutet aber darauf hin, dass sich Planetensysteme um Doppelsterne auf ganz andere Weise bilden als Einzelstern-Systeme, was wiederum bedeutet, dass habitable Planeten in Doppelstern-Systemen ganz andere Eigenschaften haben könnten als bislang vermutet. Bei Projektleiter Jes Kristian Jørgensen von der Universität Kopenhagen kommt Vorfreude auf die Zukunft auf: "Das Ergebnis ist aufregend, da die Suche nach außerirdischem Leben in den kommenden Jahren mit mehreren neuen, extrem leistungsfähigen Instrumenten ausgestattet werden wird." Umso wichtiger sei zu wissen, wie sich Planeten um verschiedene Arten von Sternen bilden, sagt Jørgensen. "Solche Ergebnisse können Orte aufzeigen, die für die Suche nach Leben besonders interessant sind."

Doppelstern "nur" 1.000 Lichtjahre entfernt

Die neue Entdeckung basiert auf Beobachtungen, die mit den ALMA-Teleskopen in Chile gemacht wurden. ALMA (Atacama Large Millimeter/submillimeter Array) ist kein einzelnes Instrument, sondern besteht aus 66 koordiniert arbeitenden Radioteleskopen. Das ermöglicht eine weitaus bessere Auflösung, als sie mit einem einzelnen Teleskop erreicht werden könnte.

Das Atacama Large Millimeter/Submillimeter Array (ALMA) ist ein Radioteleskop in der Atacama Wüste in den nördlichen Anden in Südamerika. Hier ist es vor einem Nachthimmel mit der Milchstraße zu sehen.
Das Atacama Large Millimeter/Submillimeter Array (ALMA) ist ein Radioteleskop-Verbund in der Atacama-Wüste in den nördlichen Anden in Südamerika. Hier ist es vor dem Nachthimmel mit der Milchstraße zu sehen. Bildrechte: ESO/B. Tafreshi (twanight.org)

Ziel der Beobachtungen war ein junger Doppelstern, der etwa 1.000 Lichtjahre von der Erde entfernt ist. In astronomischen Maßstäben ist das ziemlich nah. Dieses Doppelsternsystem NGC 1333-IRAS2A ist von einer Scheibe aus Gas und Staub umgeben. Die Beobachtungen konnten den Forschern zwar nur Momentaufnahmen der Entwicklung des Doppelsternsystems liefern. Das Team hat die Beobachtungen aber mit Computersimulationen ergänzt, die sowohl vorwärts als auch rückwärts in der Zeit reichen.

Doppelstern-Simulation
Bild aus der Doppelstern-Simulation des dänischen Forschungsteams. Bildrechte: Jørgensen, Kuruwita et al.

Bemerkenswert war zu sehen, dass die Bewegung von Gas und Staub keinem kontinuierlichen Muster folgt. Zu bestimmten Zeitpunkten - typischerweise für relativ kurze Zeiträume von zehn bis hundert Jahren die jeweils alle tausend Jahre wieder auftreten - wird die Bewegung sehr stark. Das Doppelsternsystem wird dann zehn- bis hundertmal heller, bis es wieder in seinen normalen Zustand zurückkehrt.

Doppelstern-Simulation 1 min
Bildrechte: Jørgensen, Kuruwita et al.
1 min

Di 24.05.2022 13:23Uhr 00:30 min

https://www.mdr.de/wissen/videos/video-simulation-doppelstern-100.html

Rechte: Jørgensen, Kuruwita et al.

Video

Die Wissenschaftler vermuten, dass dieses Muster von der Dualität des Sternsystems herrührt. Die beiden Sterne umkreisen sich, und in bestimmten Abständen wirkt ihre gemeinsame Schwerkraft so auf die umgebende Gas- und Staubscheibe ein, dass riesige Mengen an Material auf die Sterne fallen. "Das herabfallende Material führt zu einer erheblichen Erwärmung. Durch die Hitze werden die Sterne viel heller als sonst", sagt Rajika L. Kuruwita, Zweitautor der Studie. "Diese Ausbrüche werden die Gas- und Staubscheibe auseinanderreißen. Während sich die Scheibe wieder aufbaut, können die Ausbrüche die Struktur des späteren Planetensystems noch beeinflussen."

Planeten und Kometen im Fokus

Das beobachtete Sternsystem ist noch zu jung, als dass sich dort Planeten hätten bilden können. Das Team hofft auf mehr Beobachtungszeit am ALMA, um die Entstehung von Planetensystemen zu untersuchen. Aber nicht nur Planeten, sondern auch Kometen werden dann im Fokus stehen. "Kometen spielen wahrscheinlich eine Schlüsselrolle bei der Entstehung von Leben. Kometen haben oft einen hohen Gehalt an Eis mit organischen Molekülen. Man kann sich gut vorstellen, dass die organischen Moleküle in den Kometen während der Epochen, in denen ein Planet noch nicht habitabel ist, erhalten bleiben und dass spätere Kometeneinschläge die Moleküle auf die Planetenoberfläche bringen", sagt Jes Kristian Jørgensen.

In diesem Zusammenhang sei es wichtig, die Rolle der Ausbrüche zu verstehen: Die dadurch verursachte Erwärmung werde die Verdampfung von Staub und Eis auslösen. Dadurch könne sich die chemische Zusammensetzung des Materials, aus dem sich Planeten bilden, verändern. Und das wiederum erfordere dann andere Beobachtungskriterien als bislang.

Geballte Teleskop-Power

Schon bald wird sich das neue James-Webb-Weltraumteleskop an der Suche nach außerirdischem Leben beteiligen. Gegen Ende des Jahrzehnts wird es dann durch das ELT (European Large Telescope) und das extrem leistungsstarke SKA (Square Kilometer Array) ergänzt, die beide ab 2027 ihre Beobachtungen aufnehmen sollen.

Das SKA soll es ermöglichen, große organische Moleküle direkt zu beobachten. Das James-Webb-Weltraumteleskop arbeitet im Infrarotbereich, der sich besonders gut für die Beobachtung von in Wassereis enthaltenen Molekülen eignet. Und ALMA kann besonders gut nach gasförmigen Molekülen Ausschau halten.

"Die Kombination der verschiedenen Quellen wird eine Fülle von aufregenden Ergebnissen liefern", freut sich Jes Kristian Jørgensen.

Link zur Studie

Jes K. Jørgensen, Rajika L. Kuruwita et al.: "Binarity of a protostar affects the evolution of the disk and planets" (Nature)

(rr)

2 Kommentare

Shantuma am 24.05.2022

Die Gravitation in einem Doppelsternsystem ist das eigentliche Problem.

Diese Gravitation kann höheres Leben auf Planeten ohne weiteres unmöglich machen.

Daher bin ich etwas erstaunt über diese Zuversicht.

Hans Sturm am 24.05.2022

"Nur 1000 Jahre entfernt" !
Das einzige was wir bis jetzt zustande gebracht haben ist das Bluetooth von Lieutenant Uhura.