Eine Familie beim Essen stößt an
Wenn die Senioren den Braten nicht loben, kann es ihnen trotzdem vorzüglich schmecken. Bildrechte: IMAGO/Westend61

Geruchsforschung Ab 70 geht es mit dem Riechen bergab

22. Dezember 2022, 01:09 Uhr

Der Zimtplätzchengeruch weht durch die Küche, doch die Großeltern reagieren nicht? Der Braten kohlt an, doch Opa nippt weiter genüsslich an ihrem Kaffee. Das ist keine Ignoranz. Weil der Geruchssinn älterer Menschen rapide abnimmt, ist es möglich, dass die Großeltern schlicht nichts riechen.

Werden Menschen älter, sinkt auch ihre Fähigkeit zu riechen. "Das Alter bedingt die häufigsten Riechstörungen. Ab dem 65. bis 70 Lebensjahr geht's mit dem Riechen steil bergab", erklärt der Geruchsforscher Hanns Hatt in seiner Vorlesung "Heilen mit Düften". Dabei sei auch das Riechvermögen abhängig von der körperlichen Konstitution. "Sie sehen nicht nur schlechter, Sie hören nicht nur schlechter, Sie riechen auch schlechter," beschreibt er das, was uns im Alter erwartet. Ein erheblicher Prozentsatz der Menschen, fünf von Hundert, könnten kaum oder gar nichts mehr riechen. Der berugsverband der hals-nasen-Ohren-Ärzte schreibt auf seiner Homepage sogar: "Bereits bei einem Viertel aller 50-Jährigen ist der Sinn gemindert, ab 70 Jahren hat jeder Dritte eine Riechschwäche, bei den über 80-Jährigen ist sogar jeder Zweite betroffen."

Laut Geruchsforscher Hatt können fast ein Drittel der Menschen ab dem 80. Lebensjahr nur noch sehr schlecht riechen. "Die Männer beklagen sich dann immer bei den Frauen, sie kochen nicht mehr so gut wie früher. In Wirklichkeit riechen sie nur nicht mehr so gut wie früher", erklärt der Geruchsforscher mit einem Schmunzeln. Dies sei allerdings Statistik. Natürlich gebe es auch Menschen im hohen Alter, die ausgezeichnet riechen könnten.

Geruchssinn adé? Das könnte auf Parkinson oder Alzheimer hinweisen

Wichtig sei dem Geruchsforscher zufolge, dass der Verlust des Riechvermögens auch frühzeitig auf neurodegenerative Erkrankungen wie Parkinson und Alzheimer hindeuten könnte. Das Riechen könne somit als diagnostischer Marker betrachtet werden, der oft schon zehn Jahre vor den ersten Symptomen erste Zeichen gebe. "Neurodegenerative Krankheiten sind die zweithäufigsten Ursachen von Riechstörungen, alle diese Erkrankungen führen zu einem fast kompletten Riechverlust", erklärte Hatt. Man müsse jedoch immer zwischen altersbedingten und krankheitsbedingten Riechstörungen unterscheiden. Der Geruchsforscher resümiert: "Die gute Nachricht ist: Wenn Sie über 60 Jahre sind und können noch genauso gut riechen wie früher, dann können Sie beruhigt sein. Es gibt bei Ihnen keinerlei Anzeichen für neurodegenerative Krankheiten."

Wem auffällt, dass der Plätzchenduft schwächer wird, sollte hellhörig werden

Das Riechen kann also ein Indikator für viele Dinge sein. Der Verband der HNO-Ärzte warnt jedoch: Geruchsverlust passiert schleichend. HNO-Mediziner testen das Beruchsvermögen mit speziellen Test, , je nach Anzahl der erkannten Gerüche weiß der Arzt dann, ob eine Riechstörung vorliegt, und in welchem Ausmaß es sich um eine Minderung oder Verlust des Geruchssinns hndelt.

Fest steht: Seien Sie nicht enttäuscht, wenn die Senioren am Festtagstisch auf die Gans und das Rotkraut nur verzögert oder weniger enthusiastisch reagieren. Ihre Sinne sind oft einfach nur nicht mehr so leistungsstark. Das Essen schmeckt ihnen trotzdem vorzüglich.

Vorlesung des Geruchsforschers Hanns Hatt

tomi

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2 Kommentare

MDR-Team am 22.12.2022

Hallo nasowasaberauch,

eine altersabhängige Reduktion der chemosensorischen Funktionen ist seit langem bekannt. Nach neueren Studien leiden mehr als die Hälfte der älteren Menschen an klinisch bedeutsamen Riech- und Schmeckstörungen. Also hängt das nicht nur von den Rezeptoren ab, sondern irgendwann eben auch vom Alter. Aber natürlich ist das bei jedem Menschen individuell ausgeprägt, wie es auch im Text steht.

nasowasaberauch am 22.12.2022

So ein Blödsinn. Der Geruchssinn häng einzig und allein von der Anzahl der Riechzellen bzw. Rezeptoren ab. Jeder Mensch ist damit anders ausgestattet und einige sind damit schon in der Jugend benachteiligt.