Wildtiere Sicherheit vor Jägern: Wölfe mögen Truppenübungsplätze
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Die Rückkehr der Wölfe nach Deutschland gilt als großer Erfolg des Naturschutzes. Nun zeigt eine Studie: Zentral waren für die Tiere aber Truppenübungsplätze. Wahrscheinlich, weil es dort weniger Jäger gibt.

Wölfe siedeln lieber und langfristiger auf Truppenübungsplätzen als in Naturschutzgebieten. Das trifft auch auf solche Gelände zu, wo die Bundeswehr und ihre Verbündeten noch aktiv militärische Übungen durchführen. Diese Territorien haben sich als entscheidender für die Wiederansiedlung von Wölfen in Deutschland erwiesen, als die naturschutzrechtlich geschützten Habitate. Das zeigt eine Studie deutscher Biologen unter der Leitung der Wolfsforscherin Ilka Reinhard, die jetzt im Fachjournal "Conservation Letters" erschienen ist. Für ihre Studie werteten die Wissenschaftler die umfassenden, jährlich veröffentlichten Daten des Wolfsmonitoringns aus.
Dass Truppenübungsplätze eine große Rolle als Wolfsterritorien spielen, ist seit langem bekannt. Die Forscher waren allerdings überrascht davon, wie deutlich der Unterschied zu Naturschutzgebieten ist. Während inzwischen die Raubtiere auf 13 von 21 Truppenübungsplätzen mit mindestens 30 Quadratkilometern leben, tun sie das nur in acht von 55 ähnlich großen Naturschutzgebieten.
Brutstätte Truppenübungsplatz
Die Wiederansiedlung der Wölfe gilt eigentlich als großer Erfolg aktiver Naturschützer. Seit ihrer Rückkehr nach Deutschland um das Jahr 2000 herum, ist die Population der Raubtiere bis zum Jahr 2015 jedes Jahr um 36 Prozent gewachsen. Inzwischen gibt es in 7 von 16 Bundesländern wieder Wölfe. Zuvor waren sie in Deutschland seit dem 19. Jahrhundert ausgestorben. Erst 1990 wurden sie flächendeckend unter Naturschutz gestellt.
Für die Wissenschaftler stellte sich angesichts dieser Entwicklung die Forschungsfrage, wie die Wiederansiedlung möglich war in einem dicht besiedelten Land wie Deutschland, wo Naturschutzgebiete weit voneinander entfernt liegen. Es zeigte sich, dass die ersten drei dauerhaften Wolfsterritorien aktiv genutzte Truppenübungsplätze in Sachsen waren. Von dort aus siedelten die Tiere als nächstes wieder auf zwei militärischen Sperrgeländen, über 200 Kilometer entfernt von ihren ursprünglichen Territorien.
73 Wolfsrudel in Deutschland Wölfe vermehren sich und breiten sich weiter in Deutschland auf. Laut den im November veröffentlichten aktuellsten Zahlen des Monitoringjahres 2017/2018 gab es insgesamt 73 Wolfsrudel und 30 Wolfspaare in der Bundesrepublik. Das sind im Vergleich zum Vorjahr 13 Rudel und 9 Paare mehr. Zum ersten Mal seit 150 Jahren lebt auch in Bayern wieder ein Rudel. Zudem wächst aber auch die Zahl der illegalen Tötungen rasch. Nach Autounfällen sind sie inzwischen die zweithäufigste Todesursache von Wölfen in Deutschland.
Dieses Schema setzte sich laut der Studie fort. Zwischen 2000 und 2015 entstanden von 79 neuen Wolfsterritorien 16 auf aktiven Truppenübungsplätzen. Naturschutzgebiete wurden dagegen nur 9 Mal zu Wolfshabitaten, die übrigen 54 Reviere entstanden in anderen Gegenden.
Aufteilung von Jagdrevieren entscheidend
Es zeigte sich überdies, dass die Sterblichkeit von Wölfen auf den Truppenübungsplätzen geringer war, als in den Naturschutzgebieten. Laut den Wissenschaftlern spielen dafür die Bedeckung mit Wald und die Straßendichte wohl keine Rolle. Beide Faktoren waren bei den beiden Arten von Habitaten gleich. Ein deutlicher Unterschied besteht jedoch darin, wie die Jagd in diesen Revieren geregelt ist.
Während auf Truppenübungsplätzen private Jägerei komplett verboten und das Bundesforstamt allein zuständig ist, sind Naturschutzgebiete oft in zahlreiche private Jagdreviere aufgeteilt. Dadurch ist die Gefahr hier größer, dass Wölfe illegal abgeschossen werden. Diese Gefahr durch Wilderei ist für die Forscher wahrscheinlich der wichtigste Faktor, warum Wölfe Truppenübungsplätze bevorzugen.
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT | 03. Dezember 2018 | 12:00 Uhr