Entstehung des Sonnensystems Die Sonne hatte eine Schwester – und wir einen zweiten Stern?

18. August 2020, 16:54 Uhr

Unsere Sonne war nicht schon immer allein. Eine neue Theorie legt nahe, dass es eine zweite Sonne gegeben haben könnte. Das würde auch weitere astrophysikalische Theorien untermauern.

Fiktive Darstellung einer Landstraße durch die Wüste mit zwei mittig zum Betrachter strahlenden Sonnen am Himmel. Wolken am blauen Himmel. Leicht dramatische Stimmung.
Zwei Sonnen? Gab es wahrscheinlich mal – aber von der Erde aus konnte das niemand beobachten. Die existierte noch nicht. Bildrechte: Pixabay/jplenio, Montage: MDR

Die Planeten im Sonnensystem sind eine gesellige Runde, die anderen Himmelskörper auch – nur unserer Sonne steht mutterseelenallein am Firmament. Aber: Sie hatte mal eine Schwester, ist nur schon lange her. Zumindest vermuten das Forschende am Zentrum für Astrophysik (CFA) der US-Universität Havard. Ihre Theorie besagt, dass es im Geburtscluster der Sonne einen sogenannten binären Begleiter gab, der ungefähr die gleiche Masse der Sonne hatte. Als Geburstcluser wird der Sternenhaufen bezeichnetet, in dem auch unsere Sonne entstand, also noch vor dem Sonnensystem.

Erklärung für Oortsche Wolke

Für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler könnte das das letzte Puzzleteil in der Entstehungsgeschichte der Oortschen Wolke sein. Die Existenz dieser kugelförmigne Ansammlung astronomischer Objekte um unser Sonnensystem – so weit draußen, dass es im Vergleich dazu bis zum Pluto weniger als ein Katzensprung ist – wird vermutet, konnte aber bisher nicht nachgewiesen werden. In der Oortschen Wolke befinden sich, so die Theorie, eine Ansammlung von Resten aus der Entstehung unseres Sonnensystem und seiner Nachbarn. Bisher gab es aber Schwierigkeiten, das richtige Verhältnis zwischen Objekten außerhalb der Umlaufbahn von Neptun und Objekten der äußeren Oortschen Wolke herzustellen. Ein zweiter Stern würde hier helfen, die Existenz der Wolke nachzuweisen. Die Forschenden weisen zudem darauf hin, dass die meisten sonnenähnlichen Sterne mit einem binären Begleiter geboren werden. Und solche Systeme sind effektiver, wenn es darum geht, Objekte um sich herum anzusammeln.

Wenn die Theorie bestätigt wird, könnte es zu Geburtszeiten so ausgesehen haben: Die Sonne mitsamt Gefährtin.
Bildrechte: CFA/M. Weiss

Um es kurz zu machen: Diese Theorie ist auch nicht ganz unwesentlich, was unser Dasein betrifft und könnte die Entstehung des Sonnensystems neu definieren. Und auch Fragen um die Entstehung von Leben auf der Erde beantworten. Amir Siraj, Havard-Student aus dem Forschungsteam: "Objekte in der äußeren Oortschen Wolke haben möglicherweise eine wichtige Rolle in der Erdgeschichte gespielt, beispielsweise bei der Wasserversorgung der Erde und dem Aussterben der Dinosaurier." Es sei deshalb wichtig, ihre Herkunft zu kennen.

Hinweis auf Planet Neun?

Und noch etwas: Zwar gilt Zwergplanet Pluto schon lange nicht mehr als Neunter Planet im Sonnensystem, die Wissenschaft vermutet aber trotzdem noch einen Planeten Neun, weit draußen, außerhalb der Umlaufbahn von Neptun. Und weitere Objekte. Deren Existenz wird sich in den kommenden Jahren herausstellen (oder eben nicht). Wenn dem so sein sollte, untermauert das auch die Theorie von der zweiten Sonne.

Wir haben Sonne 2 nie gesehen

Die ist im Übrigen keine sonderlich treue Gefährtin und – ein Blick nach oben verrät's – längst abgewandert, vermutlich mit anderen Sternen mitgezogen. Noch bevor es unser Sonnensystem in der heutigen Form und damit uns auf der Erde gab. Seitdem steht Sonne 1 alleine am Himmel – so, wie wir es kennen. Und Sonne 2 befindet sich jetzt irgendwo in der Milchstraße.

flo

Link zur Studie

Die Studie "The Case for an Early Solar Binary Companion", Amir Siraj & Abraham Loeb, ist im Magazin Astrophysical Journal Letters erschienen.

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