Raddampfer Gräfin Cosel auf der Elbe vor dem Elbhang mit Weinanbau am Loschwitzer Ufer
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Dampfschifffahrt auf der Elbe

Bis zur Erfindung der Eisenbahn war das Reisen per Schiff bequemer und gefahrloser als Fahrten mit der Postkutsche. Regelmäßige Schiffsdienste verbanden Hamburg und Berlin, Berlin und Magdeburg sowie Dresden und Prag. Für die Passagiere erster Klasse gab es eigene Schlafkojen. Mit der Einführung der Eisenbahn ging diese Ära zu Ende. Die Binnenschiffe auf Elbe, Spree und Moldau wurden eine Angelegenheit für Ausflügler und Touristen.

Lange Zeit wehrte sich das Königreich Sachsen gegen die Idee, auf der Oberelbe Dampfschiffe zuzulassen. Die ersten Gesuche dazu, ab 1815 gestellt, wurden abgewiesen. Erst zwei Jahrzehnte später sollte sich das ändern. 1836 gründeten die Dresdener Kaufleute Benjamin Schwenke und Friedrich Lange eine Dampfschifffahrtsgesellschaft. Dabei nahmen sie zunächst vor allem den Frachtverkehr ins Visier, dachten an warenschleppende Schiffe mit Fässern, Kisten und Säcken an Bord. Sie stellen aber auch Überlegungen an, dass "reisende Personen" gern und zahlreich ihre Schiffe in Anspruch nehmen könnten, wenn durch die Schiffe "die zum Teil noch sehr schlechten Landstraßen zwischen Berlin und Hamburg mit den sich daselbst findenden, elenden Gasthäusern vermieden werden". Und gerade das, die Personenschifffahrt, spülte schon bald enorme Summen in die Kassen des Unternehmens.

Am 30. Juli 1837 absolvierte das in Übigau bei Dresden gebaute Dampfschiff "Königin Maria" seine Einweihungsfahrt von Dresden nach Meißen und zurück. Im ersten regulären Fahrplan stand außerdem Rathen in der Sächsischen Schweiz als Ziel, später kamen Pillnitz und das böhmische Decin hinzu. 1846 nahm eine Linie von Dresden nach Litomerice in Böhmen den Betrieb auf, mit einem Schnellpost-Anschluss Richtung Prag. 1867 wurde die von Schwanke und Lange gegründete Reederei in "Sächsisch-Böhmische-Dampfschifffahrtsgesellschaft" (SBDG) umbenannt.

Niedrigwasser schon damals ein Dauerthema

Schon damals bereitete die Elbe den Schiffern dieselben Probleme wie heute: Der Fluss ist oft zu seicht, führt zu wenig Wasser. Auch wenn die Elbe heute als "der letzte naturnahe Strom Deutschlands" gilt, ist sie in unseren Tagen dennoch eine geordnete Wasserstraße mit einer in Sachsen 40 Meter breiten Fahrrinne und Verkehrsschildern an den Ufern. Im 19. Jahrhundert war sie noch ein unregulierter Flachwasserstrom mit Klippen, Stromschnellen, sich verlagernden Sandbänken, unzähligen Inseln, treibenden und gesunkenen Baumstämmen, der sich zudem nach Eisgang oder Hochwasser oft ein neues Bett suchte. Im Stadtgebiet Dresdens war die Elbe Anfang des 19. Jahrhunderts etwa doppelt so breit wie heute, dafür aber lediglich knietief.

Sommerfrischler retten Dampfschifffahrt

Trotz dieser Schwierigkeiten gedieh die Schifffahrt. Um 1900 beförderten die 37 Dampfer aus Dresden jährlich 3,6 Millionen Passagiere, vornehmlich Richtung Böhmen. Das Schiff hat zu dieser Zeit seine Bedeutung als Transportmittel zwar längst zugunsten der Eisenbahn eingebüßt, doch die Dampferflotte auf der Oberelbe wird zunehmend für Ausflügler interessant. Es ist die Zeit, in der die romantische Felsenwelt der Sächsischen Schweiz als Reiseziel entdeckt wird. Neben dem "gewöhnlichen Publikum" dienten die Schiffe der Sächsisch-Böhmischen Dampfschifffahrt auch monarchistischer Repräsentation. Die "Allerhöchsten Leiche" des verstorbenen sächsischen Königs Johann wurde am 30. Oktober 1873 per Schiff von der Sommerresidenz Pillnitz nach Dresden gebracht. Noch zu Lebzeiten geruhten Kaiser Franz Josef und Kaiser Wilhelm II. an Bord zu gehen.

Passzwang auf der Elbe

Mit Ausbruch des 1. Weltkrieges änderte sich die Situation schlagartig. Die fröhlichen Ausflügler mussten auf den Schiffen Kartoffeln und Rüben weichen, die die Schiffer nun in die Residenzstadt beförderten, um den kriegsbedingt überlasteten Eisenbahner unter die Arme zu greifen. Außerdem wurde an der deutsch-österreichischen (heute deutsch-tschechischen) Grenze Passzwang eingeführt und umfangreiche Aus- und Einfuhrverbote verhängt.

Die Geburt der "Weißen Flotte"

Im Juli 1926 wurde der Dampfer "Dresden" als Flaggschiff der Flotte in Dienst gestellt. Statt des bislang üblichen grünweißen Anstriches mit sandfarbenen Radkästen bekam er von Kopf bis Fuß ein strahlendes Weiß verpasst. Die neue Farbgebung kam so gut an, dass im Frühjahr 1928 alle Personendampfer der Dresdner Flotte diesen Anstrich erhielten. Damit war die "Weiße Flotte" geboren – ein Begriff, der für viele Jahrzehnte zum Synonym für Personenschifffahrt überhaupt werden sollte.

Flüchtlingshilfe im Zweiten Weltkrieg

Ein interessantes Kapitel in der Geschichte der sächsischen Dampferflotte ist der Einsatz nach den Flächenbombardements von Hamburg zwischen 25. Juli und 3. August 1943. Rund 34.000 Menschen kamen damals ums Leben, fast eine Million Menschen flüchteten aus der verwüsteten Stadt. In dieser chaotischen Zeit leisteten fünf Dampfer aus Dresden Transporthilfe, da die Reichsbahn aufgrund der komplett zerstörten Gleisanlagen in Hamburg ausgefallen war. Jedes Schiff konnte bis zu 1.000 Flüchtlinge nach Dresden bringen.

Schwieriger Neuanfang

1945 bot sich auf der Elbe in Dresden ein trostloses Bild. Mehrere Schiffe waren in den letzten Kriegstagen gesunken. Dass der Schiffsverkehr schon gut zwei Wochen nach der Kapitulation wiederaufgenommen werden konnte, war dem Einsatz der Mitarbeiter zu verdanken, die Landungsbrücken reparierten und die zwischen Dresden und Schmilka verstreuten Dampfer wiederherrichteten. Der Fahrplan ließ sich allerdings wegen Kohlenmangels nicht immer einhalten.

Ein Meilenstein wurde die Übernahme von vier Schiffsneubauten 1963 und 1964. Sie waren eigens für den Linienverkehr auf der die Oberelbe entwickelt. Die Technik war auf der Höhe der Zeit und der Antrieb dieselelektrisch – heute würde man hybrid sagen. Im Volksmund nannte man die Schiffe kurz "Luxer" und man musste in der Tat einen "Luxuszuschlag" bezahlen. Ab 1965 steuerte die Weiße Flotte damit wieder Städte in der CSSR an.

Sowjetische Gleitboote versagen

Von kurzer Dauer war der Einsatz zweier sowjetischer Gleitboote auf der Oberelbe ab 1975. Mit 750 PS-Dieselmotoren ausgerüstet, erreichten sie eine stolze Geschwindigkeit von 43 Stundenkilometern. So wurde zwischen Dresden und Bad Schandau ein Schnellverkehr eingerichtet, doch bereits 1981 wieder eingestellt. Der Dieselverbrauch der beiden Gleitboote war exorbitant hoch, außerdem konnten sie auf der Elbe mit ihren engen Kurven ihre Vorzüge nicht voll entfalten. Ständige Beschwerden der Anwohner wegen Lärm und hohem Wellenschlag taten ihr Übriges.

Hälfte der Flotte rostet im Hafen

Nach dem Zusammenbruch der DDR ging der VEB Weiße Flotte Dresden zunächst als GmbH an die Treuhandanstalt, die das Unternehmen privatisieren sollte. Von den zehn verbliebenen Dampfern waren aufgrund des schlechten Zustands nur noch fünf fahrtüchtig. Die übrigen Schiffe rosteten im Hafen Dresden-Neustadt vor sich hin. Die Weiße Flotte fuhr Verluste ein, ihre Zukunft war mehr als ungewiss. 1992 fand sich dennoch ein neuer Eigentümer, der die Schiffe bis heute betreibt.

Kreuzfahrten in der DDR

Doch die Dampfer der Weißen Flotte Dresden sind natürlich nicht die einzigen Schiffe, die die Anlegestellen der sächsischen Metropole ansteuerten. In der kleinen DDR mangelte es stets an Ferienplätzen. Zumindest die attraktiven Ziele an der Ostsee, im Harz und im Erzgebirge waren auf Jahre ausgebucht. Um ein wenig Abhilfe zu schaffen, entschloss man sich 1960, mit drei dieselelektrischen Schiffen der Weißen Flotte Ost-Berlin vierzehntägige Touristenfahrten von Potsdam nach Bad Schandau in der Sächsischen Schweiz durchzuführen.

Zwischenstopps wurden in Magdeburg, Wittenberg, Torgau, Meißen, Dresden und Pirna eingelegt, wo die Gäste in Hotels übernachteten – an Bord gab es dafür keine Möglichkeit. In Bad Schandau schloss sich ein einwöchiger Aufenthalt in einem Ferienheim an, bevor es per Schiff auf die Rückreise Richtung Berlin ging. Die eingesetzten Schiffe waren allerdings für solche "Kreuzfahrten" nicht sonderlich gut geeignet, und so beendete man sehr rasch, bereits 1963, dieses Experiment.

Improvisiertes Kreuzfahrtschiff

In etwa zur gleichen Zeit wurden aber Pläne für ein echtes Kreuzfahrtschiff reif. Auch dieses sollte das spärliche Ferienangebot des FDGB aufbessern und vor allem besonders verdienten Aktivisten und Bestarbeitern zugutekommen. Auf der Werft in Aken wurde dafür der 1890 feriggestellte Dampfer "Wintermärchen II" zu einem recht ansehnlichen Flusskreuzer namens "Spree" umgebaut. 86 Fahrgäste konnten darauf in 2- bis 4-Bettkabinen mit Warm- und Kaltwasseranschluss einen angenehmen Urlaub verbringen. Wie auf einem Kreuzfahrtschiff üblich, gab es einen Speisesaal, Salons, eine Bar, ein Sonnendeck und sogar eine Bordbibliothek. Da man im Arbeiter- und Bauernstaat Anklänge an westliche Dekadenz aber vermeiden wollte, sprach man offiziell lieber von einem "Binnentouristenschiff". Nach zweijähriger Rekonstruktion absolvierte es vom 22. bis zum 25. April 1964 seine Probefahrt zwischen Aken und Bad Schandau, mit verdienstvollen Werftarbeitern an Bord.

Kreuzfahrten in die CSSR und nach Polen

Im regelmäßigen Verkehr wurden dann neben Dresden und anderen Binnenhäfen der DDR auch Prag und Stettin angesteuert. Niedrigwasser war auch hier ein häufiges Problem während der Hauptreisezeit im Sommer. Die Fahrten auf dem einzigen Flusskreuzer der DDR waren sehr begehrt und stets ausgebucht. Eine siebentägige Kreuzfahrt mit Vollpension nach Stettin kostete Ende der 1970er-Jahre 258 Mark pro Person. Im Speisesaal an Bord gab es allerlei "Bückware" wie Ananas, Spargel und Radeberger Bier. 1982 war dann allerdings Schluss mit dem Tourismus auf Elbe, Moldau und Spree - das Schiff wurde aus ungeklärten Gründen außer Dienst gestellt. Möglicherweise, so spekulierte man, war die "Solidarnosc-Bewegung" in Polen der Grund dafür gewesen. Wurden doch zu damaliger Zeit die Grenzen zum "Bruderstaat" geschlossen, um die polnische "Seuche" nicht in die DDR überschwappen zu lassen.

Über dieses Thema berichtete der MDR im TV auch in "LexiTV" 09.02.2017 | 15.00 Uhr