1967 Das Auto, das keiner wollte - Der Saporoshez

15. September 2015, 14:57 Uhr

Der Saporoshez zählt zu den ungewöhnlichsten Vehikeln, die der sozialistische Fahrzeugbau hervorgebracht hat. Die Herzen der DDR-Autoliebhaber konnte er trotz kurzer Wartezeiten nicht gewinnen. Noch vor dem Ende der DDR wurde der Import des robusten Kleinwagens eingestellt. Eine kleine Fangemeinde gibt es allerdings immer noch.

Die DDR-Bürger hatten die Autoimporte aus den sozialistischen Bruderländern zu schätzen gelernt. Denn es gab kaum Alternativen, um der geringen Modellauswahl und den langen Wartezeiten aus dem Weg zu gehen. Eines dieser Importautos war der Saporoshez. Doch an keinem anderen Wagen schieden sich die Geister so sehr wie am "Sapo".

„Volksfaitowitsch“

Die Geschichte des Sapo begann Ende der 1950er Jahre in dem Kommunarwerken der ukrainischen Stadt Saporischschja. Wo seit Mitte des 19. Jahrhunderts Landwirtschaftsmaschinen hergestellt worden waren, sollte fortan ein robuster Kleinwagen vom Band rollen. Längst hatten sich die sowjetischen Automobilbauer den Ruf erworben, sich einiges vom westlichen Fahrzeugbau abzuschauen. Ihre wahre Kunst war es aber, Technik und Design so anzupassen, das die Autos den schlechten Witterungen und Straßenverhältnisse trotzen konnten.

Die Qualität entsprach dem damaligen sowjetischen Standard. Natürlich gab es da für deutsche Begriffe einige Ungereimtheiten, da gab´s mal paar Undichtigkeiten in der Karosserie oder Klappergeräusche.

Wolfgang Wußling, Ersatzteilversorgung

So findet man im ersten Saporoshez 965 eine Menge von den seinerzeit erfolgreichen Kleinwagen des Westens. Seine Ähnlichkeit mit dem NSU Prinz, dem Fiat 600 und dem Volkswagen Käfer brachten ihm bei Schweizer Autojournalisten den Namen "Volksfiatowitsch" ein. Doch nicht alles am Sapo 965 war von den westlichen Modellen abgekupfert. So basierte der Motor auf einem Panzeranlassermotor mit einem neuem Luftkühlungsprinzip.

Ersatz für den Trabant

Die schlechten Straßen der weiten Sowjetunion waren nicht die einzige Herausforderung, die der bucklige Kleinwagen zu bestehen hatte. Der Sapo sollte ab 1967 auch die große Nachfrage an privaten PKWs in der DDR befriedigen. Die Formel war einfach: billiger als ein Trabant und kurze Wartezeiten. Doch die Rechnung der DDR-Wirtschaftsschlenker ging nicht auf. Die DDR-Bürger fremdelten und hatten meist nur Spott für das kuriose Gefährt über. Von "T-34 Sport" bis hin zu "Zappelfrosch" lauteten die Spitznamen für den Sapo. Auf diese Weise blieben trotz des großen Mangels viele Autos in den Lagern stehen und rosteten vor sich hin.

Wenn die einen oder anderthalb Jahre gestanden hatten, waren die nicht mehr in einem idealen Zustand. Und wir mussten leider aus einigen Neufahrzeugen bestimmte Teile ausbauen, um den Fahrzeugen im Garantiezeitraum zu helfen, die bereits verkauft wurden. Und wenn man als Fachmann dorthin kommt und so etwas sieht, dann schmerzt das schon etwas.

Wolfgang Wußling, Ersatzteilversorgung

In der Tat war die Skepsis der Autofahrer nicht unbegründet. Im Laufe der Zeit wurde die Verarbeitung der Sapos immer schlechter. Dazu kam, dass auch das Nachfolgemodell 966 zwar besser als der Trabant motorisiert war, jedoch auf Langstrecken keine 100 Km/h erreichte ohne zu überhitzen.

Ebenfalls monierten Autotouristen, dass kein sperriges Gepäck in den Kofferaum passte. Gefürchtet war auch die benzinbetriebene Heizung des Sapo, die dafür sorgte, dass der ein oder andere Saporoshez abbrannte.

Importstopp für den Sapo

Der Sapo konnte seine Vorteile im mitteleuropäischen Klima und auf den vergleichsweise guten Straßen in der DDR nicht ausspielen. Lediglich zehntausend Stück wurden in der DDR pro Jahr zugelassen. Ohnehin, so sagte es der Volksmund, waren es nur LPG-Bauern und Rentner, die sich am robusten Sapo erfreuten.

Die alten Herren waren mit dem Auto äußerst zufrieden, haben es zehn Jahre ohne Probleme gefahren. Haben sie es dem Enkel geschenkt, stand er spätestens in vier Wochen bei uns in der Werkstatt. Motor kaputt.

Thomas Eggert, Automonteur

1979 wurde der Import eingestellt. Auch damit auch die Ersatzteilversorgung schwieriger. Doch in der DDR wurde ein Auto nur verschrottet, wenn es nicht anders ging. Ende der 1980er Jahre rollte ein neuer, moderner Saporoshez vom Band. Noch im Herbst 1989 wollte die DDR den Import wieder aufnehmen, doch nun wollte niemand mehr ein Auto aus dem Osten fahren. Schätzungsweise 150 Sapos tuckern heute noch durch Deutschland. Sie waren und bleiben Exoten.

Die Modelle des Saporoshez Die Modell der Automarke "Saporisky Awtomobilebudiwny Sawod (SAS)"

1960 - 1969: SAS 965/965A
1966 - 1972: SAS 966

1971 - 1979: SAS 968/SAS 968A
1979 - 1994: SAS 968M

1987 - 2011: SAS 1102

Spitznamen für den Saporoshez "Saporosh"
"Sapo"
"Zappelfrosch"
"Sabberfrosch"
"Soljankaschüssel"
"Chruschtschows Rache"
"Kremlwanze"
"T-34 Sport"
"Kolchosentraktor"
"Taigatrommel"

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