Die letzte DDR-Regierung Christa Schmidt - Ministerin für Familie und Frauen

13. März 2018, 16:43 Uhr

Als Ministerin für Familie und Frauen machte sich Christa Schmidt für die Gleichberechtigung von Mann und Frau stark und kämpfte für die Übernahme der Dinge, die den Frauen in der DDR mehr Unabhängkeit beschert hatten. Bekannt wurde sie vor allem durch die Auseinandersetzung um den Paragraf 218.

Die Frauen müssen sich gegen die Widerwärtigkeiten, die ihnen begegnen, durchsetzen – mit Charme, Intelligenz und mit der Zähigkeit, die wir immer gewohnt waren.

Eine Feministin war Christa Schmidt nicht. Doch in dem halben Jahr als erste und letzte Ministerin für Familie und Frauen der DDR hat sie unter vielem anderen für die Rechte der Frauen geworben – charmant, intelligent und zäh. Die gebürtige Leipzigerin ist eigentlich Lehrerin: Schon mit 14 beginnt sie eine Ausbildung zur Unterstufenlehrerin am Institut für Lehrerbildung in ihrer Heimatstadt. In diesem Beruf arbeitet sie zunächst an der Goethe-Schule in Mügeln und von 1964 bis 1990 an der Leipziger Sonderschule "Heinrich Pestalozzi". Berufsbegleitend studiert sie Sonderschulpädagogik in Halle, wo sie 1980 promoviert.

Gleichstellungsministerium nicht bekommen

1973 tritt Christa Schmidt in die Block-CDU ein, von 1979 bis 1990 ist sie Abgeordnete der Stadtverordnetenversammlung in Leipzig-Mitte. Frauen waren rar in der politisch-oppositionellen DDR-Landschaft, doch Schmidt kandidiert bei der Volkskammerwahl und erreicht ein Mandat. Die in Bildungsfragen kundige Schmidt wird von Lothar de Maizière zur Ministerin im neuen Ministerium für Frauen und Familie ernannt. Eigentlich habe sie ein "Gleichstellungsministerium" gewollt, "aber das haben wir nicht bekommen." Die Aufgabe ihres Ministeriums umreißt sie trotzdem so: "Wir möchten erreichen, dass Mann und Frau sich gegenseitig in ihrem Eigenwert anerkennen, […] gleichberechtigt ihre Aufgaben in Familie, Beruf, Gesellschaft und Freizeit vereinbaren und als Eltern gemeinsam und im gleichen Maße für die Kinder Verantwortung tragen."

Auseinandersetzungen um den Paragrafen 2018

Schmidt macht sich für den Erhalt der staatlichen Kinderbetreuung stark und weiht das erste Mutterhaus der DDR ein. Große Auseinandersetzung mit der Bundesregierung und der westdeutschen Öffentlichkeit führt sie zudem um den Paragrafen 218, der die gesetzliche Grundlage zum Schwangerschaftsabbruch regelt.

Die eher öffentlichkeitsscheue Ministerin betreibt viel Öffentlichkeitsarbeit. So macht sie auf die Mehrfachbelastungen der Frauen aufmerksam. Zwar gilt die DDR mit einer Frauenerwerbsquote von neunzig Prozent als eines der in Frauenfragen fortschrittlichsten Länder. Neben ihrem Vollzeitjob müssen sich Frauen aber auch um Haushalt und Pflege von Angehörigen kümmern: "Wir haben uns den täglichen Dingen stellen müssen […] und das hat manchmal das Lächeln einbüßen lassen", so Schmidt. Im Zuge der anstehenden wirtschaftlichen Reformen sieht sie gerade diejenigen Berufe bedroht, die in der DDR insbesondere von Frauen ausgeübt werden. Mit einem Sozialpakt und aufmunternden Worten hält sie dagegen:

Übrigens sind DDR-Frauen in ganz anderer Weise gewohnt, den Alltag zu bewältigen, bei fehlenden Dingen Abhilfe zu schaffen. Sie sind durchsetzungsfähig und zäh. Und sie zeigen sich realitätsbewusster als BRD-Frauen.

Nach der Wiedervereinigung sitzt sie noch bis Dezember im Bundestag. 1991 geht sie wieder in Richtung Lehrberuf, allerdings in die Verwaltung. 1994 rückt sie noch einmal für zehn Monate in den Bundestag nach. Doch eine gänzliche Rückkehr auf die politische Bühne kommt für die Mutter zweier Kinder nicht mehr infrage.

Dieser Text ist ein Auszug aus dem Buch "Die Staatsmacht, die sich selbst abschaffte. Die letzte DDR-Regierung im Gespräch", erschienen 2018 im © mdv Mitteldeutscher Verlag, Halle (Saale).

Über dieses Thema berichtet der MDR auch im Fernsehen MDR-Dok: Die letzte DDR-Regierung | 18.03.2018 | 22:25 Uhr