Sebastian Krumbiegel im Porträt "Ich war kein Held"

13. Januar 2022, 16:02 Uhr

Er ist ein Kind der Leipziger Montagsdemos. Auch wenn er bei der legendären Demonstration am 9. Oktober 1989 nicht dabei war - aus Angst, wie er heute zugibt.

Sebastian Krumbiegel hatte in seiner Kindheit in der DDR ein Privileg, von dem die meisten seiner Freunde nur träumten: Als Mitglied des berühmten Leipziger Thomanerchores durfte er in die ganze Welt reisen. Mit 19 Jahren hatte er in West-Berlin sogar die Chance zu fliehen - aber er tat es nicht, wie er in Interviews berichtet. Grund für sein Zögern war vor allem die Angst, dass seine Familie und der Chor darunter gelitten hätten. Später, als Tausende über Budapest oder Prag in den Westen geflüchtet sind, war das für ihn kein Thema mehr.

Ich wollte nicht weg. Ich war einer von denen, die bei der Montagsdemo 'Wir bleiben hier' gerufen haben.

Sebastian Krumbiegel in einem Interview mit Spiegel-TV

Der Staatsmacht auf den Leim gegangen

Wichtiger als der Tag des Mauerfalls war für Sebastian Krumbiegel aber der 9. Oktober 1989 in Leipzig, auch wenn er selbst ausgerechnet an dieser entscheidenden Montagsdemo nicht teilgenommen hatte. Zu groß war die Angst, die DDR-Führung würde an diesem Tag in Leipzig die „Chinesische Lösung“, also die blutige Niederschlagung des Protests, versuchen. Schließlich wurde das in Leipzig hinter vorgehaltener Hand so erzählt. In der "Hochschule für Musik" stand am Schwarzen Brett: "Geht heute nicht zur Demo. Heute ist Schießbefehl erteilt." Schließlich ging er doch noch zu den Demonstranten in die Stadt: Als er dort ankam, waren die aber schon einmal rund um den Leipziger Ring gezogen. Heute bedauert er sehr, dass er der "Staatsmacht damals auf den Leim gegangen" ist.

Ich ziehe noch heute den Hut vor denen, die nicht so feige waren wie ich.

Sebastian Krumbiegel in einem Interview mit Spiegel-TV

Zur Person

Sebastian Krumbiegel wurde am 5. Juni 1966 in Leipzig geboren. Mit zehn Jahren kam er auf die Thomasschule, wo er 1985 sein Abitur ablegte. Während dieser Zeit gründete er 1981 mit seinem späteren "Prinzen"-Kollegen Wolfgang Lenk die Rockband "Phoenix". Von 1987 bis 1991 studierte er Gesang und Schlagzeug an der Leipziger Musikhochschule "Felix Mendelssohn Bartholdy". In dieser Zeit entstand auch die Band "Die Herzbuben", die sich 1991 in "Die Prinzen" umbenannte und deren Hauptstimme Krumbiegel ist. Die Prinzen hatten 1991 als erste ostdeutsche Band nach der Wiedervereinigung Erfolg in ganz Deutschland und stürmten die Charts. Krumbiegel engagiert sich bis heute neben der Musik stark in sozialen Projekten.