Der schnelle Aufstieg des Erich Honecker

Honeckers weitere Karriere verlief schnell und steil: 1946 Mitglied im Parteivorstand der frisch gegründeten SED (vgl. Themenbaustein "Diktatur des Proletariats – 'Die Partei hat immer Recht'"); 1949 Mitglied des Zentralkomitees und SED-Abgeordneter in der Volkskammer; ab 1950 Kandidat, ab 1958 Vollmitglied des Politbüros und Sekretär des ZK für Sicherheitsfragen: Honecker ist damit in 13 Jahren zum wichtigsten Mann im Staat nach Ulbricht aufgestiegen. Als solcher war er dann 1961 wesentlich an Vorbereitung und Durchführung des Berliner Mauerbaus beteiligt. Dass Honecker die Mauer noch im 1992/93 gegen ihn angestrengten "Schießbefehlprozess" verteidigt [vgl. Völklein 2003, S. 10], illustriert die Unerschütterlichkeit seines Glaubens, oder besser: seine Verblendung.

Machtübernahmen mit Maschinenpistolen

Ende der 1960er-Jahre spitzte sich dann der Machtkampf innerhalb der SED-Führungselite zu. Geschickt nutzte Honecker Ulbrichts Alleingang in der Deutschlandpolitik, um in Moskau um Unterstützung gegenüber Ulbricht zu werben. Erfolgreich: Mit sowjetischer Rückendeckung inszenierte Honecker Ende April 1971 einen regelrechten Staatstreich gegen Walter Ulbricht, inklusive konspirativen Absprachen und Maschinenpistolen …

Für die Presse wurden natürlich freundliche Formulierungen für den Machtwechsel gefunden. Am 3. Mai übernahm er von Ulbricht das Amt des Ersten Sekretärs des Zentralkomitees der SED [vgl. Pötzl 2002, S. 93f.]. Er wurde damit de facto zum mächtigsten Mann im Staat, mit der Übernahme der Ämter des Staatsratsvorsitzenden und des Generalsekretärs der SED wurde er 1976 auch pro forma "Staats- und Parteichef der DDR".

Unterdrückungsmechanismen laufen weiter

Honecker bemühte sich zunächst, den Konsumwünschen der Bevölkerung Rechnung zu tragen und sie dadurch mit dem SED-Regime zu versöhnen. Er legte ein umfassendes Wohnungsbauprogramm auf. Bei allen Erfolgen "existierten [aber] nach wie vor riesige Schwierigkeiten in der DDR-Wirtschaft" [Weber 2006, S. 86].

Auch die Kulturszene versprach sich Lockerungen von dem neuen Mann an der Spitze. Wie sehr aber ein "kulturpolitisches Tauwetter" [Pötzl 2002, S. 107] Fassade war, zeigte sich spätestens in der Ausweisung Wolf Biermanns 1976. Tatsächlich liefen die Unterdrückungsmechanismen gegenüber (vermeintlichen) Staatsfeinden ungebremst weiter. Daran änderte auch Honeckers Unterschrift unter der KSZE-Schlussakte nichts.

Nähe zum Westen vermeiden

Außenpolitisch [vgl. Weber 2006, S. 86ff.] bemühte sich Honecker um stärkere Präsenz der DDR auf internationalem Parkett. Zeugnis dafür legen seine zahlreichen Staatsbesuche ins kommunistische und kapitalistische Ausland ab, z.B. nach Kuba (1974, 1980) oder Japan (1981).

Angesichts einer wenig eindeutigen Haltung zur "Neuen Ostpolitik" Willy Brandts [vgl. Weber 2006, S. 78f.] versuchte Honecker doch eine vorsichtige Annäherung an die Bundesrepublik. Höhepunkte seiner Deutschlandpolitik sind sicherlich die Treffen mit Bundeskanzler Helmut Schmidt in Güstrow 1983 und Honeckers Gegenbesuch bei Bundeskanzler Helmut Kohl in Bonn 1987. Gerade das Verhältnis zur Bundesrepublik stand dabei immer im Wechselspiel zur Innenpolitik: Es musste vermieden werden, dass eine zu große Nähe zum westlichen Deutschland im Inneren Hoffnungen auf Reformen schürte: "so kam es zum politischen Zick-Zack-Kurs, [zu] ständigen Schwankungen zwischen 'harter' und 'weicher' Politik nach innen und außen" [Weber 2006, S. 89].