1982, Thälmannpionier während des VII. Pioniertreffens in Dresden
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Einführung ins Thema Für alle…? - Massenorganisationen

05. März 2020, 15:27 Uhr

Die "Republik braucht alle, alle brauchen die Republik" – in dieser Formel aus der "Entschließung des 6. FDGB-Kongresses" von 1963 drückt sich die Gleichsetzung von Staat und Bevölkerung aus. Um "alle" zu erreichen, setzte die DDR auf "Massenorganisationen" …

Dabei erfüllten die staatliche gelenkten "Massenorganisationen" durchaus einen umfassenden, geradezu universalen Anspruch. Nahezu alle Lebensbereiche – privat, wie beruflich – und Altersstufen waren "organisiert": von den "Jungpionieren" für die Jüngsten, die Thälmannpioniere (9-14 Jahre) über den "Freien Deutschen Gewerkschaftsbund" für Arbeiter und Angestellte, den "Verband der Journalisten der DDR" bis hin zur "Gesellschaft für Sport und Technik" (GST). Die Regelungen oder Satzungen dieser Verbände hatten immer einen ähnlichen Duktus, zum Beispiel hieß es bei den Thälmannpionieren: "Wir Thälmannpioniere lieben unser sozialistisches Vaterland, die Deutsche Demokratische Republik. In Wort und Tat ergreifen wir immer und überall Partei für unseren Arbeiter- und Bauern-Staat, der ein fester Bestandteil der sozialistischen Staatengemeinschaft ist."

Die politische Bedeutung der Massenorganisation

Neben dieser "Sozialisationsfunktion", die Einwohner der DDR zu guten Staatsbürgern im Sinne der Ideologie zu erziehen bzw. sie in dieser Haltung zu bestärken, kam den Massenorganisationen auch unmittelbare politische Bedeutung zu: Für sie waren eigene Fraktionen in gewählten politischen Gremien vorgesehen, z. B. in der Volkskammer. Die tatsächliche Wahlpraxis in der DDR entlarvt freilich diese vermeintliche Verbreiterung der Basis für politische Entscheidungsfindung sofort als bloßen Schein. Im Gegenteil sollten die Massenorganisationen jeden politischen und gesellschaftlichen Pluralismus verhindern helfen, was ihnen nicht zuletzt dank ihrer Monopolstellung auch gelang: Für jeden Lebensbereich gab es eben nur eine staatlich kontrollierte Organisation. Nichtstaatliche oder gar oppositionelle Alternativen wurden verboten oder konnten nur stark eingeschränkt arbeiten. Nicht zuletzt daraus erklärt sich wohl die hohe Akzeptanz der Massenorganisationen in der DDR-Bevölkerung: Im FDGB waren bis zu 80 Prozent aller Beschäftigten der DDR organisiert.