zu 3: Manipulation der Wahlergebnisse

Die genannten Instrumente der Beeinflussung führten zu einer tatsächlichen Zustimmungsrate von geschätzten 80 bis 90 Prozent [vgl. für die Kommunalwahlen 1989 Kloth 2004, S. 19] – aus den eingangs genannten Gründen für die SED-Führung unakzeptable Zahlen. Die letzten neun bis 19 Proeznt waren also durch direkte Wahlfälschung herbeizuführen. Möglichkeiten zur Manipulation bot zum einen die Auszählung der Stimmen in den Wahllokalen: Die Wahl per Einheitsliste stellte für die Abgabe einer wirklichen Gegenstimme hohe Hürden (z.B. musste jeder Name auf der Liste einzeln gestrichen werden) und einen breiten Ermessensspielraum für den Stimmenauszähler (eine unsaubere Streichung konnte als Unterstreichung, damit als Zustimmung gewertet werden), ungültige Stimmen waren so gut wie ausgeschlossen [vgl. Judt 1998, S. 67f.]. Alles andere wurde als gültige Stimme für den Listenvorschlag gewertet.

Manipulation der Zahlen ohne Berücksichtigung der abgegebenen Wahlzettel fand schließlich hinter den verschlossenen Türen der sogenannten "Frisiersalons" statt, wo SED-Funktionäre die zum Teil schon vor den Wahlen festgelegten Ergebnisse "errechneten" [vgl. Schabowski 1992, S. 173ff.] und Wahlprotokolle nahelegten, die nur in loser Verbindung zu den Ereignissen des Wahltages standen. Freilich oblag es weiterhin den Vorsitzenden der Wahlausschüsse vor Ort, die so entstandenen Protokolle durch ihre Unterschrift zu sanktionieren und so die Fälschungen mit zu verantworten.

Vor dem Hintergrund der Möglichkeiten des Staates zur Wahlbeeinflussung (und deren vermeintlicher Notwendigkeit) ist zu erklären, warum selbst das offizielle Ergebnis der Kommunalwahlen vom Mai 1989 mit einer Zustimmungsrate von 98,85 Prozent für die SED-Führung immer noch eine Art Wahlniederlage darstellte – ein wichtiger Schritt in die "Friedliche Revolution" …