Lexikon Produkte

Bückware | Delikat | Exquisit | HO | Kaufhalle | Konsum | Ladenhüter | Mangelware

16. Februar 2010, 11:17 Uhr

"Es gibt alles, nur nicht immer, nicht überall und schon gar nicht, wenn es gerade gebraucht wird", spottete der Volksmund. Auf Warteschlangen vor Geschäften sprang der DDR-Bürger sofort an: "Hier musste es einfach was Besonderes geben." Also galt die Lebensregel: Erst anstellen, dann fragen, was es gibt!

Von A wie Aromatique (Kräuterlikör) bis Z wie Zettiplätzchen (Schokoladenplätzchen) - das ABC der DDR-Produkte war lang. Viele Erzeugnisse waren heiß begehrt und damit oft Bückware, andere lagen wie verstaubtes Blei als Ladenhüter in den Regalen. Und es gab eine dritte Kategorie: die Exportwaren. Was in den Bezirken alles an Konsumgütern hergestellt wurde, darüber staunten nicht wenige DDR-Bürger - vor allem bei der Leipziger Messe. Da sahen sie, wie praktisch und formschön beispielsweise Küchen "Made in GDR" sein konnten, sie waren überrascht vom Schick der Schuhe und Taschen und von der Auswahl an Geschirr.

Seit die Nachkriegszeit überwunden war, musste niemand mehr hungern. In den 50er-Jahren wurde das Angebot bunter und vielfältiger. 1956 gingen die Preise für Textilien und Schuhe um 30 Prozent herunter, Preise für Oberbekleidung sanken um 35 bis 60 Prozent, für Fahrräder und Radios um 50 Prozent. Aber in allen Bereichen galt: die Auswahl war überschaubar, die Qualität der Produkte ließ oft zu wünschen übrig. 1958 verschwanden die Lebensmittelkarten. Aber bereits 1961 gestand Ministerpräsident Stoph im SED-Zentralorgan "Neues Deutschland", dass die Versorgungslage bei Fleisch, Butter und Milch schlecht sei.

Grundnahrungsmittel subventioniert, "Extras“ überteuert

Mit dem Machtwechsel an der SED-Spitze verbesserte sich die Situation 1971 für einige Jahre. Doch schon Mitte der Siebziger fiel es DDR-Bürgern immer schwerer, ihr Geld auszugeben. Die Preise für Grundnahrungsmittel hatte die SED-Führung eingefroren. Ein Mischbrot kostete 78 bzw. 93 Pfennig, das Brötchen fünf Pfennig, 250 Gramm "gute" Markenbutter 2,50 Mark, ein Würfel Bratmargarine 50 Pfennig, 100 Gramm Jagdwurst 68 Pfennig, 250 Gramm Marmelade 54 Pfennig. Diese künstlich niedrig gehaltenen Endverbraucherpreise hatten ungewollte Folgen: In der Stadt wanderte Brot tonnenweise in den Müllkübel, auf dem Dorf verfütterten es Bauern frisch an ihre Tiere, weil das billiger war als das unveredelte Getreide.

Hundert Meter Marmelade in der Kaufhalle

Die volkswirtschaftliche Rechnung konnte nicht aufgehen, weshalb die SED-Führung begann, das preislich festgeschriebene Sortiment der Grundnahrungsmittel in HO und Konsum auszudünnen. Das war die Geburtsstunde der Exquisit- und Delikat-Läden. In dem ersten gab es Mode mit mehr Chic, oftmals aus der so genannten Gestattungsproduktion, im zweiten Delikatessen, die man fortan in HO und Konsum vergeblich suchte. Dort dominierten in den Regalen meterlange Marmeladenangebote. Das Besondere im "Deli" hatte seinen Preis: Die Büchse Pfirsiche kostete 7,50 Mark, eine Tafel Westschokolade gab es ab sieben Mark.

Die Statistik verschweigt indes, wie viele Stunden Lauferei für die Besitzer damit verbunden waren. Die so genannten langlebigen Konsumgüter waren teuer. Ein Farbfernsehgerät mit 56er Bildröhre kostete stolze 5.574 Mark, ein Waschhalbautomat rund 1.600 Mark und ein Kühlschrank rund 1200 Mark. 1989 betrug das durchschnittliche Bruttoeinkommen eines Arbeiters oder Angestellten 1300 Mark. Gemessen an den 60er Jahren hatte sich jedoch vieles gewandelt. Für einen Schwarzweiß-Fernseher musste damals noch eine Wartezeit in Kauf genommen werden. Kühlschränke oder Waschmaschinen galten in diesen Jahren für die meisten Haushalte noch als unerschwinglicher Luxus.

Versorgungsschwierigkeiten begleiteten die DDR ein Leben lang. Das prägte.

Mit "Haben Sie...?" begannen die meisten Verkaufsgespräche.

Und sie endeten meist mit der wenig überraschenden Antwort der Verkäuferinnen: "Ham' wa nich!

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Mit Westgeld ersparte man sich Rennerei und Schlangestehen

Rennerei ersparten sich die Besitzer von Westgeld. Sie konnten im so genannten Intershop kaufen, in dem echte, aber auch in der DDR produzierte Westwaren verkauft wurden. Nur rankommen musste man an die harte D-Mark. Glücklich, wer zahlungskräftige Westverwandtschaft hatte. Wer nicht, versuchte schwarz zu tauschen. Eine Westmark gab's für vier bis zehn Ostmark.

Die Konsumgenossenschaft "... Die K. in der DDR wurde 1945 durch den Befehl 176 der SMAD neu gegründet und erhielten ihr geraubtes Eigentum zurück.

Sie verfügen heute über mehr als 35000 Verkaufsstellen, fast 6000 Gaststätten und mehr als 1000 Produktionsbetriebe in denen Konsumgüter, besonders Waren des täglichen Bedarfs im Wert von ca. 5,5 Mark, hergestellt werden.

Die Handelsumsätze erreichen einen Anteil von ca. 37 % des gesamtes Einzelhandels- und Gaststättenumsatzes.

Die 4,2 Mill. Mitglieder und der weitaus überwiegende Teil der Handels- und Produktionseinrichtungen sind in Kreis-K. zusammengefasst, die wirtschaftlich selbständige und eigenverantwortliche Betriebe sind.

... Die Mitglieder der K. haben Anteil am Gewinn in Form der Rückvergütung entsprechend der Umsatzbeteiligung." MEYERS UNIVERSAL-LEXIKON, Band 2, VEB Bibliographisches Institut Leipzig 1980, S. 582

Handelsorganisation, HO "... volkseigenes Handelsunternehmen für den Einzelhandel mit Lebensmitteln und Industriewaren sowie Gaststätten und Hotels.

Die HO wurde 1948 gegründet und tätigt in einem ausgedehnten und leistungsfähigen Handelsnetz etwa 40 Prozent des Einzelhandelsumsatzes in der DDR.

Spezialisierte HO-Betriebe bzw. Kombinatsbetriebe unterstehen den örtlichen Räten, überregional bedeutende Objekte, z.B. "Centrum"-Warenhäuser und Interhotels, werden zentral geleitet." MEYERS UNIVERSAL-LEXIKON, Band 2, VEB Bibliographisches Institut Leipzig 1980, S. 242