Erfurter Treffen

29. Januar 2010, 15:35 Uhr

Für die "Sicherheitsorgane" der DDR war der 19. März 1970 ein harter Arbeitstag. In Erfurt trafen sich die Regierungschefs von BRD und DDR zu Gesprächen: Willi Stoph und Willy Brandt.

Für die "Sicherheitsorgane" der DDR war der 19. März 1970 ein harter Arbeitstag. In Erfurt trafen sich die Regierungschefs von BRD und DDR zu Gesprächen: Willi Stoph und Willy Brandt. Aus der ganzen DDR reisten Schaulustige nach Erfurt, drängten sich mit den Einwohnern der Stadt Schulter an Schulter zwischen Hauptbahnhof und dem Hotel "Thüringer Hof", wo Brandt abgestiegen war. "Willy, Willy ...", riefen die Massen. Auf den Gesichtern der Stasileute, zeigten sich die ersten Schweißperlen.

Obgleich beide Politiker auf denselben Vornamen hörten, war sofort klar, wer mit den Rufen gemeint war. Willy Brandt erschien am Hotelfenster. Für die SED, die seit den 60er Jahren eine konsequente Abgrenzungspolitik von der "kapitalistischen BRD" betrieben hatte, bedeutete das Verhalten ihrer Bürger einen herben Rückschlag. Das Erfurter Treffen sowie eine weitere Begegnung der beiden Regierungschefs in Kassel leiteten eine politische Wende ein. Erstmals versuchte eine Bundesregierung das Verhältnis beider deutschen Staaten zueinander zu verändern.

Praktiziert wurde das so genannte "Prinzip der kommunizierenden Röhren": Im selben Maß, in dem die DDR-Führung das Verhältnis zur BRD liberalisieren würde, wäre die Bundesregierung bereit, der DDR außenpolitische Gleichberechtigung sowie einen erweiterten Spielraum einzuräumen und von der Hallstein-Doktrin abzulassen. Aus Sicht der DDR-Führung war das ein sehr undankbares Geschenk. Doch sie konnte nicht anders, als zuzugreifen. Der Wunsch nach internationaler Anerkennung und später auch wirtschaftliche Zwänge, machten Verträge mit der "imperialistischen BRD" notwendig.