Planwirtschaft Kombinate - Alles unter einem Dach

08. September 2010, 10:05 Uhr

Sie sollten die Planwirtschaft in Schwung bringen und die DDR auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig machen - die Kombinate. Doch viele Produktionsanlagen waren hoffnungslos veraltet.

Zunächst verstaatlichte die DDR sämtliche großen Betriebe, später kamen auch die Mittleren und kleinen an die Reihe. Das allein reichte aber nicht, um die Wirtschaft in Schwung zu bringen. Ende der 60er-Jahre wurden die Betriebe schließlich in sogenannten Kombinaten zusammengefasst. Die Devise lautete: Alles unter einem Dach. Produktion, Absatz, Vertrieb und vor allem Forschung wurden in einem Großbetrieb zusammengefasst. Am Ende der DDR gab es etwa 167 zentral geleitete Kombinate und etwa 90 Kombinate der sigenannten bezirksgeleiteten Industrie, also mittelständische Unternehmen. Die Kombinate wurden von der SED an der kurzen Leine geführt. Das Sagen hatte Günter Mittag, im SED-Politbüro für Wirtschaft zuständig.

Flaggschiffe der DDR-Wirtschaft

Die Kombinate sollten die Planwirtschaft in Schwung bringen und auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig machen. Aber wie so oft machte da der real existierende Sozialismus einen Strich durch die Rechnung. Es fehlte vorne und hinten, ein Großteil der Produktionsanlagen war vollkommen veraltet. Es gab nur einige "Perlen" wie wie etwa den VEB Carl Zeiss Jena, der im Bereich optischer Geräte Erstaunliches leistete oder das Maschinenkombinat VEB "Fritz Heckert" in Chemnitz. Aber auch das Kombinat Schiffbau mit Sitz in Rostock mit seinen insgesamt 56.000 Beschäftigten schaffte eine gewisse Wettbewerbsfähigkeit auf dem Weltmarkt, zumindest Richtung Osten.

Boss im Kombinat – ein Traumjob?

Wie wurde man Generaldirektor eines Kombinates mit 70.000 Mitarbeitern wie etwa dem VEB Carl Zeiss Jena? Generaldirektor Wolfgang Biermann erzählt: "Ich habe mir die Stelle ja nicht in der Zeitung gesucht oder mich beworben. Günter Mittag hat mich dahingeschickt. Ich wurde zu ihm hinbestellt, zum Kaffee, und in drei Sätzen war das getan."

Den Direktoren der Kombinate ging es nicht schlecht, wie Zeiss-Chef Biermann betont: "Die Leitungskader hatten Häuser, sie hatten Autos, was unter den Bedingungen dieses Landes nicht selbstverständlich war. Ich konnte ihnen nach einem Jahr einen Lada geben, auf den man sonst zehn oder zwölf Jahre gewartet hätte. Ich hatte ein eigenes, von der Regierung zur Verfügung gestelltes Kontingent von etwa 60 Autos im Jahr."

Theoretisch ein großer Fortschritt

Die Zusammenlegung von einfachen Volkseigenen Betrieben in Kombinaten, die in etwa westlichen Konzernen entsprachen, war theoretisch ein großer Fortschritt. Aber da sie am kurzen Zügel von Partei und Regierung lagen und eigene Stärken nicht unabhängig entwickeln konnten, funktionierte diese Struktur langfristig nicht. Die Produktivität lag beispielsweise im Schiffsbau 30 bis 40 Prozent unter dem vergleichbarer Betriebe im Westen. Der Maschinenpark war völlig veraltet und wurde auf Verschleiß gefahren. Ersatz- oder gar Neuinvestitionen gab es kaum.

So waren 1989 etwa 29 Prozent der Industrieausrüstungen in der DDR zwischen zehn und 20 Jahre alt, 21 Prozent sogar älter als 20 Jahre. Die Belastung der Umwelt, gerade auch im Bereich der chemischen Kombinate, war katastrophal und gefährdete die Gesundheit der eigenen Mitarbeiter. Berühmt-berüchtigt war der giftige "Silbersee" bei Wolfen. Zum Teil wurden in besonders gesundheitsgefährdenden Bereichen wie der Chlor-Elektrolyse Strafgefangene eingesetzt.

Die Konsumgüterfalle

Je älter die DDR wurde, desto schwieriger wurde die Versorgung mit Konsumgütern. Das Geld lag auf dem Konto, aber man konnte damit nicht kaufen, was man wollte oder brauchte. Den Kombinate wurde einfach von oben angewiesen, fünf Prozent ihrer Produktion auf Konsumgüter umzustellen, ob es nun in ihre Produktpalette passte oder nicht. Das führte zu kuriosen Produktionslinien wie Fliegenklatschen aus dem VEB Sprengstoffwerk, Hollywood-Schaukeln aus dem Walzwerk Finow und Flaschenöffner aus der Neptun-Werft.

Kombinate - Unternehmen ohne Kunden

Konnten die Kombinate zu DDR-Zeiten zumindest auf dem osteuropäischen Markt bestehen, so änderte sich die Situation 1990 mit der Währungsunion schlagartig. Die alten Schulden wurden in harte DM umgerechnet. Löhne und Gehälter mussten in DM bezahlt werden, zudem brach der gesamte Ostmarkt weg. Edgar Most, prominenter Staatsbanker späterer Manager bei der Deutschen Bank: "Man hätte mit Gorbatschow bereden können, etwa für den Maschinenbau für fünf Jahre den Transferrubel weiterlaufen zu lassen - ist nicht gemacht worden."

Das Ende – Plattmache oder Neuanfang?

Die Treuhandanstalt, gegründet zu DDR-Zeiten unter Hans Modrow, sollte ursprünglich die DDR-Wirtschaft sanieren. Erst nach der Volkskammerwahl 1990 ging der Auftrag in Richtung Privatisierung. Gerade in der beschleunigten Privatisierung hatten viele Kombinate keine Chance, wurden aufgesplittet und die danach unrentablen Teile binnen kürzester Zeit stillgelegt. Massenentlassungen waren die Folge. Zwischen 1990 und 1995 gingen ca. 3 Millionen Arbeitsplätze verloren.

Bei der Privatisierung der Kombinate nach dem Ende der DDR gingen viele Betriebe den Bach runter, weil sie nicht konkurrenzfähig waren oder auch in die falschen neuen Hände gerieten. Lothar Späth, ehemaliger bundesdeutscher Spitzenpolitiker und danach Chef der neuen Jenoptik hält das für überzogen: "Ich glaube nicht, dass man von einer generellen Strategie reden kann. Natürlich hat der eine oder andere durchaus eine Wettbewerbsproblematik für sich gesehen und auch darauf geschaut."

Für Edgar Most, Ex-DDR Spitzenbanker sieht die Sache anders aus: "Mit Breuels Entscheidung, nach Rohwedders Tod, schnell zu sanieren, war klar, dass die Ostwirtschaft abgewickelt wird ohne Mitbestimmung der Bürger, dann regierte das Kapital und das Kapital ist nicht sozial."

Ostdeutsche kamen bei der Privatisierung der Kombinate kaum zum Zuge, da sie nicht über das entsprechende Kapital verfügten, ihnen aber auch mit Misstrauen begegnet wurde. Erst mit der Zeit bildeten sich langsam neue industrielle Kerne heraus.