Politische Kehrtwenden Reaktionen auf Maetzigs "Selbstkritik" 1966

04. Januar 2016, 18:30 Uhr

Wie haben Zeitgenossen 1966 auf Maetzigs "Selbstkritik" zu seinem Film "Das Kaninchen bin ich" reagiert. Lesen Sie hier Reaktionen von der Schriftstellerin Brigitte Reimann oder Drehbuchautor Wolfgang Kohlhaase.

Schauspielerin Angelika Waller

Maria Morzeck (Angelika Waller) und ihr Geliebter Paul Deister (Alfred Müller)
Bildrechte: rbb/MDR/Progress

"Während der Dreharbeiten hatte ich das Gefühl: Der Maetzig, der will was! Und dann so was! Das war für mich sehr enttäuschend", erinnert sich die Schauspielerin Angelika Waller, Hauptdarstellerin im Film "Das Kaninchen bin ich", an Maetzigs "Selbstkritik". "Aber das trage ich ihm heute nicht mehr nach. Ich weiß nicht, wie ich gehandelt hätte in seiner Situation. Aber damals dachte ich: Das ist ein Schwein!"

Schauspieler Armin Mueller-Stahl

"Ich hatte den Brief damals nicht gelesen, ich hatte nur davon gehört. Solche Selbstkritiken waren damals hin und wieder eine Antwort kreativer Leute. Die wollten ja die Türe nicht zugeschlagen haben", sagt der Schauspieler Armin Mueller-Stahl, der in Maetzigs Filmen "Preludio 11" (1964) und "Januskopf" (1972) mitwirkte. "Ich glaube, Maetzig hatte auch ein großes Bedürfnis nach Harmonie. Außerdem steckte ja in vielen Köpfen der Wunsch, dass die DDR der bessere Staat sei. Und nun muss ich durch die Qualen, die dieser junge Staat hat, da muss ich mit durchgehen."

Drehbuchautor Wolfgang Kohlhaase

Der Drehbuchautor Wolfgang Kohlhaase, dessen Spielfilmprojekt "Berlin um die Ecke" auf dem 11. Plenum der SED 1965 ebenfalls verboten wurde, kann der "Selbstkritik" Maetzigs immerhin noch ein Gutes abgewinnen: "In einem gewissen Sinn hat Maetzig durch diese Stellungnahme dazu beigetragen, dass das Gespräch nicht völlig abbrach zwischen den Filmemachern und den Filmverwaltern und Filmverbietern."

Regisseur Egon Günther

Der Schriftsteller und Regisseur Egon Günther, dessen Märchenkomödie "Wenn du groß bist, lieber Adam" auf dem 11. Plenum der SED kritisiert und schließlich auch verboten wurde, war betroffen, als er Maetzigs "Selbstkritik" im "Neuen Deutschland" las. Umso mehr, weil er von Maetzigs Film "Das Kaninchen bin ich" begeistert war. "Ich sah die Stimmung in diesem Film und ich dachte, das ist das, was Maetzig ist, sein kann und sein will. Dass er zu sich selbst gekommen ist."

Schriftstellerin Brigitte Reimann

Die damals 32-jährige Schriftstellerin Brigitte Reimann, die mit ihrem Schreiben zum Aufbau des Sozialismus beitragen wollte, aber zunehmend an der Wirklichkeit im Arbeiter-und-Bauern-Staat verzweifelte, schrieb am 12. Dezember 1965 in ihr Tagebuch: "Etwas, was mich besonders getroffen hat: 'Das Kaninchen' ist von den Produzenten zurückgezogen worden, freiwillig, versteht sich, und aus Einsicht. Armer Maetzig."