Putzeimer und Putzmittel.
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Illegal in Deutschland Ukrainische Putzfrau: "Ich bin unsichtbar"

04. Januar 2016, 18:04 Uhr

Seit 16 Jahren putzt Valentina für deutsche Privathaushalte, in Kneipen und Restauants. Sie arbeitet illegal in Deutschland. Ein Leben ohne Absicherung.

"Muss, muss, muss", sagt Valentina in gebrochenem Deutsch und streicht energisch mit ihren Händen über den Biergartentisch. Eine kleine blondgefärbte Frau, 51 Jahre alt, die wir Valentina nennen, weil sie ihren richtigen Namen nicht nennen will. Valentina ist Ukrainerin. In ihrer Heimat, 1500 Kilometer entfernt, war sie Kindergärtnerin, in Deutschland ist sie Putzfrau. Wir treffen sie in ihrer Mittagspause. "Gerade ich fertig Restaurante und eine privat und Nachmittag wieder privat." Sie putzt für Lehrer, für Ärzte und Professoren - Leute aus der Mitte der Gesellschaft. Außerdem in Restaurants, Kneipen, Cafés. Sie arbeitet schwarz und lebt mit einem Touristenvisum in Deutschland. Sie ist ein von ungezählten Jobnomadinnnen, die in Deutschland arbeitet. "Ich unsichtbar", sagt sie.

Leben auf Risiko

Frau im roten Pullover, Gesicht nicht gezeigt, die Hände verschränkt über einem Schlüsselbund
Valentina will nicht gezeigt werden. Bildrechte: Heute im Osten

Was passiert, wenn Du krank wirst? - "Ich suche mir Arzt, zahle bar." - Was passiert, wenn Du von einer Leiter fällst?  - "Nix passieren, nicht von sprechen." Einmal ist es doch etwas passiert. Valentina zeigt drei Narben an ihrem Handgelenk, briefmarkenlange Schnitte. "Passiert bei Tellerspülen in Restaurantküche." Der Chef schickte sie weg, weil er Probleme mit der Polizei befürchtete. "Danach nix zahlen, kein Geld gekriegt, für ganze Monat Arbeit, Job auch futsch." Doch wie hätte sie ihr Geld einfordern können? Valentina hat keinerlei Rechte, sie ist nicht versichert und ist ihren Arbeitgebern ausgeliefert. Sie hat ständig Angst, von der Polizei erwischt zu werden, wie damals bei der Durchsuchung eines Restaurants, in dem sie gerade arbeitete." Sie kam für 14 Tage in Abschiebehaft. Valentina schämt sich: "Ich - Gefängnis!"

Zurück in der Ukraine fleht die Mutter sie an: "'Bleib' hier, es geht auch so." Die Kartoffeln, Gurken und das Gemüse, das sie selbst anbauen, würden doch reichen. Es reicht aber nicht für die große Familie mit Kindern und Enkelkindern: Die Mutter hat nur eine karge Rente, Valentinas Mann, ein ehemaliger Kraftfahrer, ist seit Jahren arbeitslos und trinkt.

Eigene Herrin

In Deutschland ist Valentina ihr eigener Chef, arbeitet zehn Stunden am Tag, von Montag bis Sonntag, hier zwei Stunden, da vier, zu allen Tag- und Nachtzeiten. Arbeitgeber, Arbeitszeiten hat sie im Kopf, Schlüssel zu Restaurants und ihr erarbeitetes Geld in der kleinen Handtasche. Wie kommst du an deine Jobs? - "Ich Chef fragen in Restaurante, brauchst du Putze, brauchst du zauber? Oder fragen Frauen in Buchhandlung in Abteilung dicke Bücher." Denn wer Geld für gebundene Bücher hat, so glaubt Valentina, hat auch Geld für eine Putzfrau.

"Muss, muss, muss"

Valentina findet ein Leben als Jobnomadin in der Fremde besser als arbeitslos zu Hause zu sein. Seit einem halben Jahr hat sei sogar eine kleine Wohnung. Eine Bekannte hat sie ihr angemietet. Die Miete gibt ihr Valentina jeden Monat in bar. "Hier in Deutscheland, ich will leben, will putzen, will meine Ruhe." Wenn die Gastronomen am morgen ihre Lokale aufschließen, ist alles sauber und Valentina ist längst weitergeeilt zum nächsten Auftraggeber.  "Muss, muss, muss", wiederholt Valentina. "Ist besser als daheim. Hier ich arbeite, dann ich Ruhe." Eine nervenaufreibende, trügerische Ruhe ...