Von Robotron zum "Silicon Saxony" Stimmen zum Transformationsprozess

12. Juni 2018, 10:18 Uhr

Nach der Wende zerfiel Robotron sofort in über 20 Einzelfirmen. Rechner des Kombinates wurden verschrottet. Aber das Know-how der Ex-Mitarbeiter blieb wertvoll und beeinflusste die Wirtschaftsentwicklung Ost positiv.

Friedrich Wokurka, Generaldirektor des VEB Kombinat Robotron

1989 sagte der Generaldirektor des VEB Kombinat Robotron, Friedrich Wokurka, dass Robotron in naher Zukunft durchaus "eine Fertigungsstätte in der BRD eröffnen" könnte. Denn warum, fragte Wokurka, "sollen bundesdeutsche Firmen nicht von unserem Know-how profitieren"?

Fritz R. Müller, Geschäftsführer des Marktforschungsunternehmens Diebold

"Robotron macht alles selbst, auch das, was andere besser und vor allem billiger können", meinte Fritz R. Müller, Geschäftsführer des Marktforschungsunternehmens Diebold und guter Kenner des VEB Kombinats Robotron, 1989.

Curt Gerhard Merkel, Robotron-Chefkonstrukteur

"Im RGW standen wir technologisch vorn", schätzte der langjährige Robotron-Chefkonstrukteur Curt Gerhard Merkel ein. "Aber mit dem Kerngeschäft von Robotron, der elektronischen Rechentechnik, hatten wir keine Exportchancen im Westen. Wer hätte schon Computer gekauft, die jeweils eine Generation zurück waren?" (Zitat aus: Heiko Weckbrodt, Robotron: DDR-Computerriese im Spagat)  

Hartmut Fetzer, ehemaliger Treuhandmanager

"Robotron ist nach der Wende sofort in über 20 Einzelfirmen zerplatzt. Der Vertrieb hat sich sofort aus dem Staub gemacht. Da gab es jetzt Drucker von dieser Firma und Festplatten von jener Firma", erinnert sich der ehemalige Treuhandmanager Hartmut Fetzer. Das schwerwiegendste Problem lag Fetzer zufolge aber in dem Umstand, dass trotz durchaus vorhandenen Know-how es "einfach keine konkurrenzfähigen Produkte" gab.

Heinrich von Pierer, Manager

1993 entschied sich die Siemens AG, in Dresden ein Hochtechnologie-Zentrum zu errichten. "Das Dresdner Werk wird an der Speerspitze der Entwicklung stehen", sagte der damalige Vorstandschef Heinrich von Pierer. "Wir wollen mit dem Projekt die Mikroelektronik in Deutschland bis weit über die Jahrtausendwende absichern." Pierer erklärte auch, dass den Ausschlag für den Standort Dresden auch die hervorragend ausgebildeten Mitarbeiter des einstigen VEB Kombinat Robotron gegeben hätten.

Kurt Biedenkopf, Politiker

Rund 1,7 Milliarden Euro ließ sich der Freistaat die Ansiedlung von Firmen wie "AMD" oder "Siemens/Infineon" beziehungsweise "Qimonda" im sogenannten "Silicon Saxony" im Laufe der Jahre kosten. Die Investitionen werden sich rechnen, davon war man felsenfest überzeugt. "Wo Tauben sind, werden Tauben hinkommen", sagte Sachsens damaliger Ministerpräsident Kurt Biedenkopf unentwegt.

Jens Drews, Manager der US-Firma "AMD"

"Zwar profitiere man von der vorausschauenden Weisheit der Staats- und Parteiführung der DDR", kalauerte der Manager der US-Firma "Advanced Micro Devices" (AMD) Jens Drews Anfang 2000 über den "Standort Dresden" als einstiges Entwicklungszentrum für Mikroelektronik in der DDR, doch "ohne die Subventionen wäre unser Unternehmen nicht hier!"

Rolf Gräßler, ehemaliger Chefinformatiker bei Robotron

Rolf Gräßler, langjähriger Chefinformatiker bei Robotron, hatte 1971 hatte er in seiner  Doktorarbeit die theoretische Grundlage für "Sachgebietsorientierte Programmiersysteme" geliefert. Mit diesen "SOPS" ließen sich betriebliche Abläufe wie Materialwirtschaft, Absatz oder Kostenrechnungen standardisiert durchführen. In der Bundesrepublik begann SAP 1972 mit der Entwicklung dieser "SOPS". 2007 behauptete Gräßler, SAP hätte bei seinen Arbeiten auf seine Dissertation zurückgegriffen. SAP wies die Behauptungen Gräßlers umgehend "auf das Schärfste zurück".

In der Tat mag es absurd erscheinen, dass Robotron die Blaupause für die Erfolgsstory von SAP geliefert haben soll. Die "Forschungsstelle für gesamtdeutsche wirtschaftliche und soziale Fragen", bescheinigte 1990 in einer Studie für die Bundesregierung: Die DDR habe "mit den SOPS in den siebziger Jahren im europäischen Maßstab Pionierarbeit geleistet". (Aus: welt online, 08.10.2009)