Balaton Ungarn-Urlaub zu DDR-Zeiten

27. März 2020, 20:02 Uhr

Walter Friedrich aus Leipzig beschreibt zwei Varianten eines Ungarn-Urlaubs: einmal als Selbstsversorger mit Tauschware im Auto und einmal "all inclusive" mit den Westverwandten.

Ungarn war in 80er-Jahren unter den - uns DDR-Bürgern zur Wahl stehenden - Urlaubsmöglichkeiten so etwas wie das Gelobte Land. Es hatte mehr als einen Hauch von Westen, sowohl vom verlockenden Warenangebot her, als auch vom internationalen Flair mit Touristen aus vielen Ländern. Das große Problem eines Ungarnurlaubs bestand aber darin, dass man nur sehr wenig Geld umtauschen konnte. Auch ein Schwarzumtausch kam nicht in Frage, weil kein Ungar unser Geld haben wollte, dafür umso mehr an DM interessiert war. Deshalb gab es eigentlich nur zwei Möglichkeiten:

Variante 1: Selbstversorger

Man packte sich den Kofferraum voll mit Konserven, Kartoffeln, Bier, Wein und anderen Dingen des täglichen Bedarfs, dazu vielleicht noch Haushaltwäsche, die man hoffte, zu Geld machen zu können. In Budapest oder am Balaton galt es dann, um Restaurants einen großen Bogen zu machen, damit man am Pullovermarkt zuschlagen oder eine Schallplatte oder ein, zwei Matchboxautos für die Kinder kaufen konnte.

In Sachen Verpflegung war man dann im wesentlichen Selbstversorger mit Kartoffeln schälen, Büchsen aufwärmen usw. und genoss das schöne Wetter und das Strandleben. Auch Ausflüge in Nachbarorte und Ausflugsziele( Badacsony, Heviz, Kesztely, römische Ausgrabungsstätten) konnten wir uns noch leisten. Auf die Art machten wir immerhin dreimal Urlaub und waren trotz aller Einschränkungen hochzufrieden.

Variante 2: Urlaub mit der Westverwandtschaft

Man hatte Westgeld schwarz geschmuggelt (sehr riskant, außerdem musste man ja erst mal an Westgeld herankommen). Einmal gehörten wir zu den Privilegierten mit Westverwandtschaft. Wir trafen uns mit meinem Bruder aus Nürnberg und seiner Familie zum gemeinsamen Urlaub am Badaczony. Mein Bruder war immer an familiären Kontakten interessiert, kam aber gar nicht gern in die DDR mit all ihren Schikanen für die Westbesucher, besonders bei der Ein- und Ausreise.

Er hatte ein geräumiges Ferienhaus mit großer Terrasse gemietet, in dem wir alle Platz hatten. Wir konnten im Gartenlokal "Fischergarten" essen und Wein trinken, wurden mit Zigeunerweisen und Csardas bespielt und kamen uns vor wie im Paradies. Ansonsten verlief der Urlaub natürlich ähnlich wie bei Variante 1, der Balaton war genauso flach und warm, auch das Wetter war ähnlich.