#blickzurück: Kalenderblatt der Geschichte Das geschah am 20. September

20. September 2022, 05:00 Uhr

1955: Deutsch-sowjetischer "Freundschaftsvertrag"

Die Regierungen der UdSSR und der DDR unterzeichnen am 20. September den "Ersten Staatsvertrag" zwischen beiden Ländern, der auch deutsch-sowjetischer Freundschaftsvertrag genannt wird. Darin heißt es,

dass die Beziehungen zwischen ihnen auf völliger Gleichberechtigung, gegenseitiger Achtung der Souveränität und der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten beruhen.

aus dem 1. Staatsvertrag zwischen der DDR und der UdSSR vom 20. September 1955

Zudem sollen die wissenschaftliche, kulturelle und wirtschaftliche Kooperation zwischen beiden Staaten gestärkt werden. Ziel des Vertrages sei außerdem eine friedliche Wiedervereinigung Deutschlands.

Die UdSSR erkennt zwar die volle Souveränität der DDR an. Diese bleibt in der Realität jedoch weiterhin eingeschränkt. So bleiben laut Vertrag weiterhin Sowjettruppen in der DDR stationiert. Politischen und wirtschaftlichen Weisungen aus Moskau hat die DDR-Führung auch weiterhin zu folgen.

1956: Einmillionster Flüchtling erreicht Notaufnahmelager Marienfelde

Vor dem Berliner Abgeordnetenhaus gibt dessen Präsident Willy Brandt bekannt, dass am 20. September 1956 der einmillionste Flüchtling aus der DDR im Notaufnahmelager Marienfelde in Berlin-Tempelhof eingetroffen sei und politisches Asyl ersucht habe.

Marienfelde, das auch "Nadelöhr der Freiheit" genannt wird, war am 14. April 1953 eröffnet worden. 1,53 Millionen DDR-Bürger bekommen dort zwischen 1953 und 1990 erste Hilfestellungen für ein neues Leben im Westen. Doch das Lager ist mehr als nur eine Anlaufstelle für Ausreisende. Während des Kalten Krieges wird es mehr und mehr zum Symbol für den Systemkonflikt zwischen Bundesrepublik und DDR.

1959: Erste Folge von "Herzklopfen kostenlos"

Talente aus dem Volk entdecken und mit deren Auftritten die Werktätigen erfreuen: Das ist die Mission von "Herzklopfen kostenlos". 1958 wird die Show von Heinz Quermann erfunden und ist zunächst eine Bühnenveranstaltung. Am 20. September 1959 läuft die erste Folge im DDR-Fernsehen. Bis 1974 wird die Show im Fernsehen übertragen.

Im Westfernsehen gibt es bereits seit 1953 eine ähnliche Sendung: Peter Frankenfelds "Wer will, der kann – Die große Talentprobe für jedermann", von der sich Quermann inspirieren lässt.

Eigentlich hatte Quermann mit seiner neuen Sendung nur ein paar neue Gesichter für das Fernsehpublikum entdecken wollen. Doch die Parade der jungen Talente wird populärer als alle anderen Unterhaltungssendungen der DDR und bekommt schnell einen der begehrten Sendeplätze am Samstagabend.

Fast alle, die in den 1970er- und 1980er-Jahren zur Prominenz der DDR-Unterhaltung gehören sollen, sind von Quermann entdeckt worden: Frank Schöbel, Chris Doerk, Monika Hauff und Klaus-Dieter Henkler, Regina Thoss, Monika Herz, Roland Neudert, Wolfgang Ziegler, Michael Hansen oder Dagmar Frederic. Auch Veronika Fischer hat ihren ersten Fernsehauftritt in "Herzklopfen kostenlos". Und selbst Punklady Nina Hagen preist im Jahr 2000 den Talentvater Heinz Quermann als ihren "Entdecker".

1974, Musikerin Nina Hagen
Auch Musikerin Nina Hagen wurde in der DDR-Show "Herzklopfen kostenlos" entdeckt. Bildrechte: IMAGO / Gueffroy

1961: Zwangsräumungen an der Mauer beginnen

Am 20. September 1961 beginnen in Ost-Berlin die Räumungen verschiedener Häuser entlang der Mauer. Menschen sollen aus diesen Gebäuden nicht mehr in den Westen flüchten können. Rund 250 Familien müssen daher mit einem Mal ihre Wohnungen verlassen.

Nur knapp einen Monat zuvor, in der Nacht vom 17. auf den 18. August, wird mit dem Bau der Berliner Mauer begonnen. Der Grund: Mehr als 2,5 Millionen Menschen waren zwischen 1949 und 1961 aus der DDR in die Bundesrepublik geflohen. Der DDR droht der wirtschaftliche Zusammenbruch. Die DDR-Regierung unter Walter Ulbricht ließ daher schon am 26. Mai 1952 die innerdeutsche Grenze zur Bundesrepublik und am 13. August 1961 die Berliner Sektoren- und Umlandgrenze sperren, um die Fluchtbewegung zu stoppen und den Weg in den Westen abzuriegeln.

1972: Willy Brandt stellt Vertrauensfrage

Als erster bundesdeutscher Kanzler stellt Willy Brandt am 20. September 1972 im Bundestag die Vertrauensfrage. Denn das politische Klima im Bundestag ist festgefahren: Aufgrund von Brandts umstrittener Ostpolitik hatten mehrere Abgeordnete die regierende Fraktion von SPD und FDP verlassen und zur oppositionellen CDU/CSU gewechselt. Im April 1972 war ein Misstrauensvotum des Oppositionsführers Rainer Barzel gegen Brandt gescheitert.

Zwei Tage später findet die Abstimmung statt. Brandt verliert das Vertrauen des Parlaments: 248 Abgeordnete stimmen gegen den Kanzler, nur 233 sprechen ihm das Vertrauen aus. Das hat Neuwahlen zur Folge, auf die Brandt jedoch gesetzt hatte.

Die Neuwahlen werden ein Erfolg für Brandt: 45,8 Prozent erzielt seine SPD, die FDP 8,4 Prozent. Am 14. Dezember 1972 wählt der Bundestag ihn erneut zum Kanzler.

Brandt bleibt in diesem Amt bis 1974. Seine Amtszeit ist geprägt von einer neuen Ostpolitik, die eine Annäherung an die DDR vorsieht. Für seinen Einsatz zur Entspannungspolitk erhält er 1971 den Friedensnobelpreis.

2001: Karl Eduard von Schnitzler gestorben

Am 20. September 2001 stirbt Karl Eduard von Schnitzler. In der DDR nannte man ihn im Volksmund nur "Sudel-Ede". Der Grund: Schnitzlers Sendung "Der schwarze Kanal", in der er von 1960 bis 1989 gegen die "menschenverachtende" Bundesrepublik polemisierte.

Fast 30 Jahre lang moderiert der gebürtige Berliner verbissen wie scharfzüngig dieses Fernsehformat, stellt Woche für Woche die vermeintlichen oder auch tatsächlichen Fehler der Bundesrepublik an den Pranger. Er hält bis zum Ende der DDR an seinem Kurs fest, obwohl sich die politischen Umstände in Zeiten von Annäherung der beiden deutschen Staaten und UNO-Mitgliedschaft der DDR langsam ändern. Das hat zur Folge, dass seit spätestens Mitte der 1970er-Jahre die Zuschauerzahlen stetig sinken.

2017: Mindestlohn gilt ohne Ausnahme

Der Mindestlohn gilt – auch bei Nacht-, Wochenend- und Feiertagszuschlägen. Das bestätigt das Bundearbeitsgericht in Erfurt am 20. September 2017 und stärkt damit die Rechte von Arbeitnehmern.

Eine Schichtarbeiterin aus Bautzen hatte geklagt, nachdem ihr Nachtzuschlag sich nicht nach dem Mindestlohn richtete. Das Bundesarbeitsgericht gab ihr recht und bestätigte, dass Arbeitgeber Zuschläge auf Grundlage des Mindestlohns berechnen müssen.

Zuvor hatten Gerichte entschieden, dass auch für Bereitschaftszeiten Mindestlohn gezahlt werden muss. Tariflich vereinbartes Urlaubsgeld darf ebenfalls nicht auf den Mindestlohn angerechnet werden. Den Mindestlohn umgehen Arbeitgeber dennoch häufig, etwa, indem sie Selbstständige beauftragen oder manche Praktikanten nicht bezahlen.

Am 23. Februar 2022 beschließt das Bundeskabinett eine erneute Erhöhung des Mindestlohns. Dieser beträgt ab 1. Oktober 12 Euro pro Stunde.

Vor dem Bundesarbeitsgericht in Erfurt
Bestätigt 2017 den Mindestlohn: Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt Bildrechte: imago images/epd