Wissenschaft Die Geschichte der Weltuntergangsuhr

von Ole Steffen

12. April 2017, 11:21 Uhr

Seit 1947 stellen US-amerikanische Wissenschaftler die sogenannte Weltuntergangsuhr. Mit ihr veranschaulichen die Forscher die existenziellen Gefahren, wie Atomkrieg oder Klimawandel, derer sich die Menschheit selbst ausliefert – eine symbolische Weltuntergangsuhr, die hoffentlich immer falsch geht.

Die Entwicklung zur symbolischen Weltuntergangsuhr beginnt bereits 1942. Die USA erklären Japan nach dem Angriff auf Pearl Harbour den Krieg und sind seit Anfang Januar '42 in der Anti-Hitler-Koalition. Im sogenannten Manhattan Project arbeiten US-Wissenschaftler an einer zerstörerischen Bombe. Drei Jahre später werden einigen Wissenschaftlern des Projekts mit dem Abwurf der Atombomben auf Nagasaki und Hiroshima die möglichen Konsequenzen ihrer Forschung bewusst. Mehr als 200.000 Menschen sterben – entweder am atomaren Schlag oder an den Strahlenkrankheiten, die teils bis heute nachwirken. Nach Ende des Krieges gründen die Forscher die Zeitschrift "The Bulletin of the Atomic Scientists" (BAS).

Weltuntergang um Mitternacht

Erstaunlicherweise liegt die erste Uhrzeit im Jahr 1947 nicht an der aktuellen politischen Lage des Jahres 1947. Martyl Langsdorf, künstlerisch zuständig für das Design, empfand die Uhrzeit "7 vor 12" als schlichtweg gut aussehend. Ihr Mann, Alexander Langsdorf jr., war ebenfalls Forscher im Manhattan Project.

Um Mitternacht ginge also nach der von Langsdorf kreierten Symbolik die Welt unter. Seit 1947 haben die Verantwortlichen bisher 23 Mal diese symbolische Weltuntergangsuhr nachgestellt. Die Entscheidung über eine Veränderung auf dem Ziffernblatt trifft der Aufsichtsrat der Zeitschrift. Unterstützt wird er von einem mit Nobelpreisträgern gespickten Sponsorenrat. 

Minuten-Gewinn durch Fall der Berliner Mauer

Schaut man sich die Begründungen der vergangenen Jahrzehnte an, so wird deutlich, dass fast immer langfristige Prozesse als Gründe für eine Justierung in die eine oder andere Richtung dienen: Verträge, Abkommen, politische Entscheidungen. Dabei ist es auch möglich, dass die Uhr einige Jahre danach unverändert still steht.

Am weitesten vom Untergang entfernt war die Welt laut BAS im Jahr 1991. Der Grund dafür: die Ratifizierung der sogenannten START-Verträge (Strategic Arms Reduction Treaty, also Vertrag zur Verringerung strategischer Waffen), mit denen die USA und Russland die atomare Abrüstung verfolgt haben. 17 Minuten vor 12 war es damals. In den zwei Jahren zuvor hatte die Welt mit dem Fall der Berliner Mauer und der Wiedervereinigung Deutschlands bereits ein paar Minuten auf der Uhr gut machen können.

Atomare Aufrüstung und Klimawandel

Mittlerweile ist für die Forscher nicht mehr nur die Entwicklung in Bezug auf atomare Aufrüstung relevant, sondern auch jene in Bezug auf den Klimawandel. 2017 stellen die Forscher die Uhr auf zweieinhalb Minuten vor 12. Diese letzte Entscheidung von Anfang Januar ist insofern erstaunlich, als dass die Uhr erstmalig nur um eine halbe Minute justiert wurde. Zudem war die Begründung dafür weniger an eine langfristige Entwicklung, sondern mehr an eine Person gebunden. Diese Person ist der 45. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika: Donald Trump.

Der neue US-Präsident fordert die Vormachtstellung der USA in Bezug auf atomare Waffen neu ein und streitet wissenschaftlichen Konsens zum Klimawandel ab. Das reicht den Verantwortlichen der BAS, um die Uhr 2017 auf einen Stand zu stellen, wie es ihn 1953 das letzte Mal gegeben hat.