Der Innenraum der Kloster Kirche Sankt Wigbert
Täglich um 6:20 und 9:20 Uhr gibt es bei MDR THÜRINGEN - Das Radio "Augenblick mal", das Wort zum Tag. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Wort zum Tag Augenblick mal

16. Mai 2024, 05:00 Uhr

Täglich 6:20 und 9:20 Uhr hören Sie bei MDR THÜRINGEN - Das Radio das Wort zum Tag. In dieser Woche spricht es Cornelia Biesecke aus Eisenach von der evangelischen Kirche.

Donnerstag, 16.Mai: Wo sollen wir hin?

Herr, höre meine Stimme!" (Psalm 130,2) - "Wo sollen wir hin? Wir haben keinen sicheren Ort mehr", so fragen verzweifelte Menschen. Sie fragen es in Rafah, sie fragen es in Charkiw. Und überall, wo Krieg herrscht.

Cornelia Biesecke 2 min
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MDR THÜRINGEN - Das Radio Do 16.05.2024 06:20Uhr 01:46 min

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Die sogenannte  Zivilbevölkerung. Das Wort klingt irgendwie so nach grauer Masse. Aber Zivilbevölkerung, das sind die, die oft am schlimmsten leiden, die zwischen die Fronten und unter die Räder geraten. Die dem Kriegsgeschehen hilflos ausgeliefert sind.

Wo sollen wir hin?

Jeder einzelne Mensch hat ein Leben, hat eine Geschichte. Wenn ich die Bilder im Fernsehen sehe, sehe ich vor allem Gesichter. Ich sehe die alte Frau in einer blauen Strickjacke in einem Dorf bei Charkiw, die ein kleines Bündel mit ihren Habseligkeiten festhält. Angst und Nicht-Verstehen in ihren Augen. Ich sehe einen Vater in Rafah, der auf seine drei Kinder weist, die auf dem staubigen Boden sitzen. "Wir haben doch schon alles verloren", sagt er müde.

Wo sollen wir hin?

"Herr, höre meine Stimme! Lass deine Ohren merken auf die Stimme meines Flehens!" So betet ein verzweifelter Mensch in der Bibel, im Buch der Psalmen.

Auch ich bete: "Gott, höre  auf die Stimmen der Verzweifelten und sende Hilfe!" Und die, die verantwortlich sind, nehme ich auch ins Gebet! Bete für sie dringend um Einsicht und Menschlichkeit.

Cornelia Biesecke aus Eisenach, ev. Kirche

Mittwoch, 15. Mai: Wahl-Kampf

Jule mischt sich ein. In der Schulzeit war sie gerne Klassensprecherin. Schon immer will sie was bewegen. So war es für sie klar, sich später auch in der Politik einzumischen. Kommunalpolitik - dafür brennt ihr Herz. Für ihre Stadt Ideen haben, nahe bei den Menschen sein. Mit ihnen und für sie reden und diskutieren. Das ist Jules Ding. Deswegen hat sie sich jetzt wieder zur Wahl aufstellen lassen.

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MDR THÜRINGEN - Das Radio Mi 15.05.2024 06:20Uhr 01:51 min

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Doch Jule ist wütend. Sie denkt an die vielen Stunden, die sie in Ausschüssen und Gremien sitzt. Alles ehrenamtlich und nach Feierabend. Das hat Jule auch nie hinterfragt. Das gehört für sie dazu.

Was für sie nicht dazugehört, das sind verunglimpfte oder zerrissene Wahlplakate, Beschimpfungen, Pöbeleien. Tätliche Angriffe gegen Kollegen, auch in anderen Fraktionen, die hat sie nicht erlebt. Noch nicht. Aber es beschäftigt sie. Unter Wahl-Kampf versteht sie was anderes. Respektvollen Umgang, unterschiedliche Ansichten aushalten.

Jule überlegt. "Mache ich weiter? Gehe ich wieder los, gehe ich auf den Markt, zu unserem Info-Stand?"  Jules Wut wandelt sich in Entschlossenheit. "Ich verkrieche mich nicht. Ich zeige Gesicht."  Jule holt sich Unterstützung. Freunde. Die gehen mit, bleiben in ihrer Nähe. Das stärkt ihr den Rücken. Ein bitterer Beigeschmack bleibt dennoch. Doch Jule bleibt entschlossen und sagt: "Ich erwarte nur, was ich auch gebe. Respekt. Das verdient jeder Mensch."

Ich habe allergrößten Respekt vor Jule und vor allen, die sich für  das Gute einsetzen -  sagt Cornelia Biesecke aus Eisenach, ev. Kirche

Dienstag, 14. Mai: Vogelzwitschern und Glauben

Herr Schumann lebt im Heim. Manchmal kann er nicht gut schlafen. Das Alter macht sich bemerkbar. Er hat oft Schmerzen. "Da kann eine Nacht schon mal endlos scheinen", erzählt er, als ich ihn im Heim besuche.

"Aber wenn die ersten Vögel anfangen zu singen, dann wird es besser", sagt er. "Dann weiß ich, dass die Nacht bald vorüber ist und dann falte ich meine Hände und danke dem Herrgott für diesen neuen Tag."

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MDR THÜRINGEN - Das Radio Sa 11.05.2024 06:20Uhr 01:30 min

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Mich berührt, was Herr Schumann erzählt. "Wenn die Vögel wach werden, dann wacht auch die Hoffnung wieder auf", sagt er. Fast poetisch klingen seine Worte. Ich kann das gut nachempfinden. Auch ich höre das morgendliche Vogelzwitschern gern und finde, dass es was Hoffnungsvolles hat.

"Der Glaube ist ein Vogel, der singt, auch wenn die Nacht noch dunkel ist." Diese Worte sind nicht von Herrn Schumann, sondern vom Dichter Tagore. Aber sie beschreiben genau das, was Herr Schumann empfindet und was ich dick unterstreichen kann.

Auch die längste Nacht, der tiefste Schmerz, die größte Trauer können sich wandeln. In zaghaftes Morgenlicht. In neue Hoffnung. Das geht nicht mit einem Ruck, das geschieht langsam. Aber es geschieht. Das glaube ich fest.

Einen guten Tag wünscht Cornelia Biesecke aus Eisenach, ev. Kirche

Montag 13. Mai: Wenn Linus lacht

In diesem Jahr habe ich eine besondere Konfirmandengruppe. Junge Leute aus dem Förderzentrum mit einer geistigen und körperlichen Beeinträchtigung.

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In leichter Sprache und mit Bildern erzähle ich ihnen Geschichten aus der Bibel, singe viel oder lerne mit ihnen das Vaterunser. Es ist ein munteres Völkchen. Die Beeinträchtigungen tun dem Spaß keinen Abbruch. Allen voran Linus. Er sitzt im Rollstuhl und kann sich nur schwer sprachlich verständigen. Aber er hat strahlende Augen und ein unglaublich herzhaftes Lachen. Das steckt an. Meistens lachen die anderen mit.

Vor ein paar Wochen haben wir eine Konfirmandenfahrt nach Dresden gemacht und dabei auch die Frauenkirche besucht. Linus hat schnell rausbekommen, wie toll sein lautes Lachen in der hohen Kirche hallt.

Ich war ein bisschen unruhig, ob die anderen Besucher diese Lautstärke tolerieren, hab immer mal die Hand auf seine Schulter gelegt, um ihn zu bremsen. Zwecklos. Aber als ich mich umschaue, sehe ich in lächelnde Gesichter. Klar, ein paar gucken auch komisch. Doch als Linus vor Freude zu klatschen beginnt, machen einige Leute sogar mit.

Als ich seiner Mutter davon erzähle, blinzelt sie Tränen weg. "Ach, das tut gut! Linus ist so ein wunderbarer Mensch. Aber viele sehen nur seine Behinderungen! Dabei ist unser Sohn doch so ein Geschenk." Linus - das bist du. Für mich und viele andere.

Einen guten Tag wünscht aus Eisenach Cornelia Biesecke, ev. Kirche.

Sonntag 12. Mai: Muttertag

Ein blinkendes Herz erscheint auf meinem Smartphone, dazu ein Küsschen-Smiley. Mein erwachsener Sohn hat sie mir geschickt. Zum Muttertag.

Dabei habe ich damit gar nicht viel am Hut. Auf Blumen oder Pralinen an einem bestimmten Tag im Jahr lege ich keinen gesteigerten Wert. Allerdings hat der Muttertag eine durchaus interessante Geschichte.

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Die Amerikanerin Anna Jarvis wollte ihre verstorbene Mutter ehren. Die hatte sich viele Jahre für Mütter eingesetzt, hatte in ihrer Kirchengemeinde Gesundheits- und Hygienekurse gehalten, um die hohe Kindersterblichkeit zu senken. Schon lange hatte sie für einen besonderen Tag der Mütter gekämpft. Nun forderte ihre Tochter einen solchen Tag und wollte gleichzeitig auf Probleme von Frauen aufmerksam machen. Ihre Idee erfüllte sich 1914. Der amerikanische Präsident erklärte den zweiten Mai-Sonntag zum landesweiten Muttertag. In den Zwanzigerjahren kam er dann auch nach Europa.

Allerdings ärgerte sich Anna Jarvis schon bald über die Kommerzialisierung dieses Tages und die Reduzierung auf Blumen und Pralinen.

Da wären wir doch schon mal einer Meinung. Und trotzdem rührt mich das blinkende Herzchen auf meinem Smartphone. Mehr brauche ich nicht. Ich weiß, was mein Sohn mir damit sagen will. Bin ja seine Mutter. Und schicke ein Küsschen zurück.

Allen, die es mögen, wünsche ich einen schönen Muttertag und einen gesegneten Sonntag.

Cornelia Biesecke aus Eisenach, evangelische Kirche

Cornelia Biesecke - 1965 geboren
- aufgewachsen in Staßfurt
- nach dem Abitur Ausbildung als Krankenschwester
- Studium der evangelischen Theologie in Jena
- Vikariat in Unterpörlitz bei Ilmenau
- ein Jahr Zusatzvikariat bei der Thüringer Kirchenzeitung "Glaube und Heimat"
- ein halbes Jahr Aufenthalt in den USA, Schwerpunkt: kirchliche Arbeit in sozialen Brennpunkten
- arbeitet derzeit als Gemeindepfarrerin und Klinik-Seelsorgerin in Eisenach
- verheiratet, ein Sohn, eine Tochter
- Hobbys: raus ins Grüne, Krimis lesen, neue Kochrezepte kreieren, die die Familie probieren muss

MDR THÜRINGEN

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Der Sonntagmorgen | 16. Mai 2024 | 06:20 Uhr