Preisdruck Deutsche Solarbranche ruft wegen Dumping der Konkurrenz um Hilfe
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24. September 2023, 05:00 Uhr
Die Solarbranche in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen steht wegen Billigimporten aus China unter Druck. Helfen könnte ein länger geplantes Förderprogramm der Bundesregierung.
- Wegen Dumping-Preisen chinesischer Produzenten haben heimische Solarhersteller die Produktion heruntergefahren.
- Das Bundeswirtschaftsministerium will die Solarbranche mittelfristig fördern, zu kurzfristigen Hilfen laufen Abstimmungen mit der EU.
- Die mögliche Wiedereinführung von Anti-Dumping-Zöllen polarisiert.
Hersteller in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben ihre Forderung nach schneller Unterstützung erneuert. Der Vertriebschef von Heckert Solar, Uwe Krautwurst, sagte MDR AKTUELL: "Wir brauchen nun eine schnelle Unterstützung durch die Politik". Die Lage sei eigentlich gut gewesen, doch nun werde der Markt mit Solarmodulen aus China geflutet, die unter Produktionskosten verkauft würden. "Wir haben die Produktion schon runtergefahren. Was wir deshalb brauchen, ist eine langfristige Förderung für heimische Produkte", sagte Krautwurst. "Nur so werden wir hier eine starke Solarindustrie behalten."
Das Chemnitzer Unternehmen Heckert Solar hatte ebenso wie weitere Solarunternehmen aus der EU – beispielsweise Meyer Burger mit Standorten unter anderem in Sachsen-Anhalt und Sachsen – vergangene Woche einen Brandbrief wegen der "unhaltbar niedrigen Preise" chinesischer Photovoltaik-Module an die Europäische Union geschickt. Am selben Tag ging auch ein Brandbrief vom Verband Solarpower Europa bei der EU-Spitze ein – mit gleichem Tenor. Schon in den Tagen zuvor war beispielsweise der Freistaat Sachsen aktiv geworden und hatte Hilfen gefordert, der MDR berichtete.
Solarausbau boomt, Firmen trotzdem unter Druck
Es ist paradox: Überall in Deutschland wird die Solarenergie massiv ausgebaut. Und auch der Solarbranche in Deutschland ging es nach Jahren des Niedergangs wieder besser. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien weckte Hoffnungen, dass auch die Branche wieder kräftig wachsen kann. Doch in den vergangenen Monaten trat das Gegenteil ein, nun ist die Solarbranche erneut bedroht. Zwar senken die billigen Preise für Solarmodule aus China auch die Kosten für den Aufbau von Solaranlagen, gleichzeitig könnte Deutschland aber bald ohne eigene Solarindustrie dastehen.
Gelder aus einem Förderprogramm von Bundesregierung und EU könnten den Unternehmen helfen. Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) hatte schon im Juni mit den Vorbereitungen für ein mittelfristiges Förderprogramm für die Solarbranche begonnen. Dafür wurde "in einem ersten Schritt ein Interessenbekundungsverfahren für großvolumige Investitionsvorhaben der Solarindustrie gestartet – mit dem Ziel, in Deutschland erhebliche Produktionskapazitäten in der Solarindustrie auf- oder auszubauen", wie eine Ministeriumssprecherin dem MDR mitteilte. Es gehe um eine "gezielte temporäre finanzielle Unterstützung".
Hilfen von Bund und EU dauern noch
Einreichen konnten die Unternehmen ihre Unterlagen bis Mitte August. Beworben hat sich nach MDR-Informationen neben Meyer Burger und Heckert Solar auch Solarwatt aus Dresden. Insgesamt seien Gelder von mehr als einer Milliarde Euro verfügbar, heißt es vom BMWK. Doch bis das Geld bei den Unternehmen ankommt, wird es noch dauern. Laut Ministerium werden die eingereichten Unterlagen gerade gesichtet. "Voraussichtlich im November erfolgt dann die Aufforderung an die Unternehmen, formell einen Antrag zu stellen." Erst danach wird dann das Genehmigungsverfahren bei der EU eingeleitet. Ob es bis dahin andere Hilfen gibt, ist unklar, laut Wirtschaftsministerium gibt es aktuell Gespräche "innerhalb des BMWK sowie mit der europäischen Kommission". Mehr wird nicht gesagt.
Bei der EU ist das Thema zumindest angekommen. "Wir müssen in der Tat feststellen, dass viele der eigentlich für Amerika vorgesehenen Module jetzt auf den europäischen Markt kommen und zwar zu unsäglichen Bedingungen. Und das bedroht in Teilen auch unsere europäische Solarindustrie", sagte dem MDR Markus Pieper, Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament und deren Mittelstandssprecher. Er spricht von einem Verstoß gegen jegliches Wettbewerbsrecht. "Insofern muss es in der allernächsten Zeit auch Antidumping-Zölle auf chinesische Solarmodule geben." Bei Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sei das Problem schon zur Chefsache gemacht worden, derzeit werde mit Hochdruck an einer Lösung gearbeitet.
Eigene Solarindustrie für Deutschland?
Doch soll Deutschland überhaupt an einer eigenen Solarindustrie festhalten – oder einfach auf Module und Zellen aus China zu sehr niedrigen Preisen zurückgreifen? Für Ralph Gottschalg, Leiter des Fraunhofer-Centers für Silizium-Photovoltaik in Halle, ist die Sache klar: "Wir haben im letzten Winter gesehen, welche Auswirkungen politische Ereignisse auf unsere Versorgungssicherheit haben können, wenn wir uns auf ein einzelnes Land limitieren. Diese Fehler sollten wir in der Solartechnik mit China nicht wiederholen. Wir brauchen eine heimische Produktion um die Energiewende zu ermöglichen", sagte Gottschalg dem MDR. Es gebe zu viele Risiken bei Lieferketten und potentielle politische Probleme mit China.
Das sieht übrigens auch der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament Pieper ähnlich. Er verweist darauf, dass dann Industrien kaputt gemacht würden, "die hier im Vertrauen auf die Zukunft auch investiert haben. Und im Vertrauen auf die Zukunft heißt ja, dass wir einen Großteil unserer Energiesouveränität tatsächlich in Europa auch herstellen möchten." Würde sich Europa jetzt von chinesischen Modulen abhängig machen, dann sei weder dem Klimaschutz gedient, noch europäischer Wettbewerbsfähigkeit und auch nicht den Arbeitsplätzen in Europa. Zwar sei es gut, wenn Solarmodule billig seien, aber: "Irgendwo ist da die Grenze, da muss Europa sich wehren."
Experte lehnt Zölle auf Solarprodukte ab
Die von Pieper geforderten Anti-Dumping-Zölle auf chinesische Solarprodukte wie schon in den Jahren 2013 bis 2018 lehnt Gottschalg indes ab. Er sagte dem MDR, erneute EU-Strafzölle auf chinesische Solarprodukte oder ein Subventionswettlauf in der Produktion würden genauso kontraproduktiv sein wie beim letzten Versuch, heimische Produktion in den Jahren 2013 bis 2018 zu retten. "Damals stiegen die Kosten von PV-Strom, der Markt für PV (Photovoltaik, d. Red.) brach zusammen, große Teile der existierenden Produktion gingen verloren und Systeminstallationen waren stark rückläufig." Mit Strafzöllen würden derzeitig angekündigte Investitionen nicht stattfinden, die Lebensgrundlage existierender Hersteller vernichtet und Ausbauziele und somit die Energiewende würden nicht erreicht, so Gottschalg.
"Eine heimische Produktion wird es nicht geben, wenn es keinen Markt für die erzeugten Komponenten gibt, welche aufgrund höherer Produktionskosten etwas höherpreisig sein werden." Laut Gottschalg müsse Deutschland einen Markt für heimische Produktion schaffen durch beispielsweise eine steuerliche Bevorzugung des Endproduktes, also dem erzeugten Strom, wenn ein hoher Anteil heimischer Produkte verbaut wurde.
Solarbranche Thema bei Treffen im Harz
Wie wichtig für die Politik die Probleme der Solarbranche tatsächlich sind, könnte sich kommende Woche zeigen. Dann treffen sich die Energieminister der Länder und Wirtschaftsminister Robert Habeck zur Energieministerkonferenz in Wernigerode. Wie der MDR erfuhr, wollen sich die Politiker bei ihrem Treffen auch zur Solarbranche austauschen.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL FERNSEHEN | 24. September 2023 | 06:00 Uhr
ElBuffo am 26.09.2023
Genau so ist es. Die deutschen Unternehmer dieser Branche haben eklatant darin versagt für sich chinesische Arbeitsbedingungen und Umweltstandards zu erreichen.
ElBuffo am 26.09.2023
Naja, dass müssten dann solche Zuwanderer sein, die z.B. für chinesische Bedingungen arbeiten würden. Also ungefähr 10h am Tag und Samstag ist ebenfalls ein Arbeistag. Im Vertrag stehen trotzdem nur 40h, weshalb auch nur die bezahlt werden.
DER Beobachter am 25.09.2023
Hm. Auch durch die EU profitiert D als Exportnation Nr.3 nach China und USA mit Wsrenexport im Wert von etwa 1 Bil. jährlich. Dagegen sind unsere EU-zahlungen peanuts...