Beamte des Zoll betreten bei einer Razzia ein Bürogebäude.
Nach einer Studie ist in Deutschland jedes dritte Unternehmen mit Wirtschaftskriminalität konfrontiert. Bildrechte: picture alliance/dpa | Boris Roessler

Studie des IW Jedes dritte deutsche Unternehmen von Wirtschaftskriminalität betroffen

02. April 2024, 15:50 Uhr

Betrug, Korruption, verbotene Preisabsprachen, Steuerhinterziehung oder Schwarzarbeit: Mit Wirtschaftskriminalität ist im vergangenen Jahr etwa ein Drittel der Unternehmen in Deutschland konfrontiert gewesen.

In Deutschland sind im vergangenen Jahr 34 Prozent aller Unternehmen mit Fällen von Wirtschaftskriminalität konfrontiert gewesen – also mehr als jedes dritte Unternehmen. Das sei die höchste Quote seit 2014, heißt es in einer Studie des Kölner Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Zuerst hatte die "Rheinische Post" darüber berichtet. Der Großteil der Vergehen konnte der Studie zufolge aufgeklärt werden, das IW geht aber von einer erheblichen Dunkelziffer aus.

Zusammenfassend ist der Wirtschaftskriminelle in Deutschland zumeist männlich, Ende 30 bis Mitte 40, weiß, meist deutscher Herkunft und weist ein hohes Bildungsniveau in Kombination mit einer mehrjährigen Berufserfahrung in einer Führungsposition auf.

Aus der IW-Studie "Wirtschaftskriminalität: Entwicklungen, Täterprofile und Präventivmaßnahmen"

Schaden in Milliardenhöhe

Das IW stützt sich auf eine repräsentative Umfrage, bei der im vergangenen Jahr 1.001 deutsche Unternehmen befragt wurden. Daten aus der Polizeikriminalstatistik des Bundeskriminalamts (BKA) aus dem Jahr 2022 untermauern laut IW den Befund. Die Zahl der Wirtschaftsdelikte stieg demnach 2022 im dritten Jahr in Folge. Das sei "alarmierend", erklärte das Institut. Die Summe der Fälle habe sich auf 73.114 belaufen; in den vergangenen fünf Jahren habe die durchschnittliche Anzahl bei 52.916 Fällen gelegen. 

Auch das Schadenspotenzial ist laut IW "nicht zu unterschätzen". Der durch Wirtschaftskriminalität verursachte monetäre Schaden betrug 2022 insgesamt 2,083 Milliarden Euro. Dieser Wert sei zuletzt aber rückläufig gewesen. Besonders betroffen seien Unternehmen, die in der Technologie-, Medien- und Telekommunikationsbranche tätig sind.

Der "typische deutsche Wirtschaftskriminelle"

Die Studienautoren werteten auch verfügbare Daten über die Täterprofile aus. Vor allem seien es Personen in höheren Managementpositionen die wirtschaftskriminelle Handlungen ausüben. "Zusammenfassend ist der Wirtschaftskriminelle in Deutschland zumeist männlich, Ende 30 bis Mitte 40, weiß, meist deutscher Herkunft und weist ein hohes Bildungsniveau in Kombination mit einer mehrjährigen Berufserfahrung in einer Führungsposition auf", erklärten die Autoren. Der typische deutsche Wirtschaftskriminelle sei "auf persönlicher Ebene tendenziell neurotisch, extrovertiert sowie offen für neue Erfahrungen, wenig gewissenhaft und sozial unverträglich".

Aufklärungsquote ist hoch

Eine große Mehrheit von 91,8 Prozent der bekannten Fälle konnte 2022 aufgeklärt werden. Auch 2021 war die Quote mit fast 89 Prozent bereits hoch gewesen. "Wirtschaftskriminelle Tatverdächtige können oftmals durch die Anzeigenden benannt werden, weshalb eine derartige Aufklärungsquote erzielt werden kann", zitieren die IW-Forschenden aus der Statistik des BKA. Trotzdem müsse von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen werden. 

Weltweit noch mehr Wirtschaftsbetrug

International ist die Zahl der von Wirtschaftskriminalität betroffenen Unternehmen laut IW nochmals höher als in Deutschland. Einer Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PWC zufolge sahen sich weltweit 46 Prozent der Firmen damit konfrontiert. Unternehmensbefragungen, die das Dunkelfeld mit einbeziehen, zeigen dem IW zufolge, dass Korruption, Kartelle und Schwarzarbeit jährliche Umsatzeinbußen von durchschnittlich jeweils 4,7 bis 7,1 Prozent verursachen. 

Kriminelle beeinträchtigten nicht nur die Wirtschaft selbst, sondern auch das Vertrauen in Unternehmen und die Integrität der Wirtschaft, erklärte das IW. Firmen müssten deshalb präventive Maßnahmen verfolgen, wie die Einführung eines Wertemanagementsystems und die Schaffung von Compliance-Anlaufstellen. Zudem müsse an Verhaltenskodizes erinnert und Vorbildverhalten gezielt eingesetzt werden. 

AFP(yvo)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 02. April 2024 | 10:00 Uhr

Mehr aus Wirtschaft

Leunawerke in der Dämmerung
Die IG Bergbau, Chemie, Energie fordert für die Beschäftigten in der Chemieindustrie, wie hier in den Leuna-Werken, unter anderem sieben Prozent mehr Lohn. Bildrechte: imago images/Sylvio Dittrich

Mehr aus Deutschland