Die Geschäftsführerin des Stadtbads Halle steht in der Frauenhalle des historischen Stadtbades.
Das historische Stadtbad wurde 1913 bis 1915 nach Plänen des Stadtbaurats Wilhelm Jost gebaut und im Jahre 1916 eröffnet. Bildrechte: MDR / Cornelia Müller

27 Millionen Euro Ein Schmuckkästchen für Halle – das sind die Pläne zur Stadtbadsanierung

16. Februar 2024, 17:30 Uhr

Das historische Stadtbad in der Innenstadt von Halle ist das einzige erhaltene Jugendstilbad in Sachsen-Anhalt. Die 2019 kalkulierten und vom Bund bewilligten Fördermittel reichen wegen der Teuerungen bei Baukosten nicht für die Gesamtsanierung des Bades aus.

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Generationen von Hallensern haben hier das Schwimmen gelernt. Am 16. Februar 1916 wurde das Bad im Herzen von Halle eröffnet. Damals schwammen Männlein und Weiblein getrennt, die Herren im rechteckigen Becken, die Damen in der Frauenhalle in einem runden Becken.

Heute ist das Stadtbad in Halle ein europäisches Kulturdenkmal – mit seiner Architektur steht es auf einer Stufe mit den berühmtesten Bädern seiner Zeit, dem Stadtbad in Dessau zum Beispiel, dem Leipziger Stadtbad oder dem Dianabad in Wien. Zwar ist es noch immer als Schwimmbad in Benutzung, doch der Zahn der Zeit nagt an dem Haus. Deswegen werden umfangreiche Sanierungen vorbereitet. Die Schönheitskur ist jedoch ein Millionenunterfangen.

Sanierungen seit 2010:

  • Frauenhalle: Sanierung der Kuppeldecke sowie von Teilen der Lüftung, einschließlich Tambourfenster: 380.000 Euro
  • Fassadensanierung: Männerhalle/ Frauenhalle / Turm / sowie Teile der Fenster und verschiedene Dachbereiche: 1,1 Mio Euro (vollständig mit Fördermitteln)
  • DIN-gerechte Umstellung der Badewassertechnik in der Frauenhalle: 334.000 EUR
  • Ertüchtigung elektrischer Anlagen: 740.000 Euro

Hinter den Kulissen laufen bereits die Vorbereitungen zu dem Mammutprojekt in der Saalestadt. Der Bauantrag ist bei der Stadt Halle eingereicht, die Baugenehmigung wird für den Sommer erwartet. Läuft alles nach Plan, sollen die ersten Bauarbeiten Ende des Jahres beginnen. Dann wird das Stadtbad voraussichtlich drei Jahre lang für den Schwimmbetrieb geschlossen bleiben, prognostiziert Annette Waldenburger, Geschäftsführerin der Bäder GmbH. Vereine, Schulschwimmunterricht und Einzelgäste müssen dann auf die anderen Schwimmhallen in der Stadt ausweichen. Im dritten Quartal 2027 sollen die Arbeiten abgeschlossen sein.

Sanierungspläne mit Abstrichen

In die Sanierung des Stadtbades sollen insgesamt 27,2 Millionen Euro fließen. Kosten in diesem Rahmen wurden im Jahr 2019 kalkuliert, vom Bund und Land wurden Fördermittel bewilligt. Die Gelder reichen aber wegen der Teuerungen bei Baukosten inzwischen nicht mehr für die Gesamtsanierung des Bades aus. Zwischenzeitlich beliefen sich die Schätzungen dafür auf über 40 Millionen Euro. Manches musste also bei Planern, im Gestaltungsbeirat und im Förderverein neu gedacht werden. Pläne wurden geändert, einige Vorhaben gestrichen. Jetzt steht fest, was saniert werden kann und wo nicht alle Träume aufgehen.

Finanzierung der Stadtbadsanierung

Bund: 13,4 Mio Euro Land:  6 Mio Euro Stadt Halle: 3 Mio Euro Eigenmittel Bäder GmbH: 4,4 Mio Euro

Der Fokus liegt nun erst einmal auf den beiden Schwimmhallen. Die sollen denkmalschutzgerecht saniert werden und so funktional werden, damit das Baden und Schwimmen hier für 25 Jahre garantiert werden kann. Das sei auch eine Bedingung der Fördermittelgeber, so Annette Waldenburger.

Wichtig sei eine "Fahrgestellsanierung". Im ehemaligen Kohlenkeller muss die Decke statisch saniert werden, komplett neue Badewassertechnik wird im Stadtbad eingebaut, im Untergeschoss soll ein barrierefreier Zugang entstehen. Mit einem Fahrstuhl können dann gehbehinderte Menschen in die Männerhalle gelangen. Bislang führt nur eine Treppe am Haupteingang in das Bad.

108. Geburtstag Hereinspaziert ins historische Stadtbad Halle

Am 16. Februar 1916 ist die Badeanstalt im Herzen von Halle eröffnet.

Außenansicht: Historisches Stadtbad in Halle (Saale)
Das historische Stadtbad in der Innenstadt von Halle ist das einzige erhaltene Jugendstilbad in Sachsen-Anhalt. Bildrechte: picture alliance / dpa | Hendrik Schmidt
Außenansicht: Historisches Stadtbad in Halle (Saale)
Das historische Stadtbad in der Innenstadt von Halle ist das einzige erhaltene Jugendstilbad in Sachsen-Anhalt. Bildrechte: picture alliance / dpa | Hendrik Schmidt
Mitarbeiter eines Filmteams bei Dreharbeiten im Stadtbad Halle (Saale).
Hier wird bis heute geschwommen oder aber auch mal ein Film gedreht, wie 2009 für einen ARD-Fernsehfilm mit Schauspieler Fritz Wepper und Stephanie Stumph. Bildrechte: picture-alliance/ ZB | Jan Woitas
Umkleiden im Stadtbad Halle
Generationen von Hallensern haben hier das Schwimmen gelernt. Bildrechte: IMAGO / VIADATA
Duschen im Stadtbad Halle
Vor 108 Jahren ist es 1916 nach Plänen von Stadtbaurat Wilhelm Jost eröffnet worden. Aber der Zahn der Zeit nagt an dem Haus. Bildrechte: IMAGO / VIADATA
Blick in die eindrucksvolle Frauenhalle des Stadtbades in Halle/Saale (Sachsen-Anhalt)
Das Bad soll mit mehr als 27 Mio Euro saniert werden. Bildrechte: picture alliance / dpa | Hendrik Schmidt
Figuren in Badeszenerie zieren die Säulen in der Frauenhalle des Stadtbades in Halle/Saale (Sachsen-Anhalt)
Damals schwammen Männer und Frauen getrennt, die Herren im rechteckigen Becken, die Damen in der Frauenhalle in einem runden Becken. Bildrechte: picture alliance / dpa | Hendrik Schmidt
Die Geschäftsführerin des Stadtbads Halle steht in der Frauenhalle des historischen Stadtbades.
Annette Waldenburger von der Bäder GmbH sagt, der Fokus der Sanierung liegt auf den beiden Schwimmhallen. Voraussichtlich um die Weihnachtsferien wird das Stadtbad dann drei Jahre lang für den Schwimmbetrieb geschlossen bleiben. Bildrechte: MDR / Cornelia Müller
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Großprojekt Männerschwimmhalle

Die avisierte Bauzeit von drei Jahren kommt auch durch aufwändige Arbeiten in der Männerhalle zustande. Hier soll nach historischem Vorbild wieder ein Tonnengewölbe unter dem Dach eingezogen werden. Das Tonnengewölbe stand erst auf der Streichliste. Durch vom Stadtrat freigegebene Gelder von 500.000 Euro kann es wieder entstehen. Gewölbt, wie in einer Kathedrale, gab dem Raum einst eine monumentale Anmutung.

Zu DDR-Zeiten, in den 70er Jahren, wurde das Tonnengewölbe abgebrochen und durch eine Flachdecke ersetzt. Für die Bauarbeiten für das neue Giebeldach mit Tonnengewölbe muss das Innere der Halle komplett eingerüstet werden. Während der Bauarbeiten an Decke und Dach sind keine anderen Arbeiten in der Halle möglich. Auch die verschwundenen Rundbogenfenster kehren in das Bad zurück. Dusch- und Sanitärbereich werden saniert, ein barrierefreies WC wird neu entstehen.

Verschiedene Farbschichten die im Laufe der Jahrzehnte im Stadtbad an den Wänden waren
Verschiedene Farbschichten die im Laufe der Jahrzehnte im Stadtbad an den Wänden waren. Bildrechte: MDR/Cornelia Müller

Eine weitere große Aufgabe ist das Betonbecken in der rechteckigen Männerhalle. Rutschfest und leicht zu reinigen müssen die neuen Materialien um das Becken sein. Eine neue Lüftungsanlage wird eingebaut, die auch die Wärmeversorgung abdeckt.

So viele Gäste besuchen das Stadtbad im Jahr durchschnittlich:

 Gesamtbesucher pro Jahr im Durchschnitt 106.000

  • davon Besucher im Schulschwimmen: 35.000 (aus 26 Schulen der Stadt Halle)
  • davon Besucher im Vereinsschwimmen: 43.000
  • davon öffentliche Badegäste: 28.000

Quelle: Stadtwerke Halle GmbH

Nach Kompromissen gesucht

Durch die Teuerungen müssen manche Vorhaben bei der Stadtbadsanierung nun zurückgestellt oder abgespeckt werden. Dazu gehören die sogenannten Volksduschen und Wannenbäder. Hier konnten Hallenser sich im vergangenen Jahrhundert für kleine Taler duschen und reinigen. "Die schaffen wir nicht in diesem Paket zu sanieren und auch die historische Sauna nicht. Da werden wir nur Maßnahmen zum Denkmalschutz vornehmen. Und ansonsten wird erst mal alles so bleiben, wie es ist.", so Annette Waldenburger. Saniert werden soll im ersten Untergeschoss eine Fläche, die später vermietet werden kann, zum Beispiel an einen Sportverein.

In einem Teil der ehemaligen irisch-römischen Sauna sollen die Personal- und Aufenthaltsräume für die Mitarbeitenden entstehen. Das dafür ein Teil des Funktionsbereichs Sauna umgebaut werden soll, kritisiert der Förderverein "Zukunft Stadtbad". Er spricht sich für den Erhalt der Räume als Gesamtbereich aus.

Benefizkonzert zum 108. Stadtbad-Geburtstag

Seit Jahren engagiert sich der Förderverein "Zukunft Stadtbad" für den Erhalt des architektonischen Kleinods. Auch das irisch-römische Bad in dem Gebäude sei ein Highlight, heißt es vom Verein. Damit es vielleicht nicht für immer im Dornröschenschlaf bleiben muss, organisiert der Förderverein ein Benefizkonzert. Am Sonnabend, den 17. Februar, wird nun unter anderem die hallesche Band "Viertelpoet" in der illuminierten Frauenschwimmhalle aufspielen. Frank Schlüter von der Band hat eine Hymne für das Stadtbad geschrieben, auf die Melodie von Leonard Cohens "Hallelujah". Das Konzert beginnt 19Uhr.

"Es wird schön.", meint Kathleen Hirschnitz vom Förderverein und freut sich auf die Geburtstagsfeier. Das Benefizkonzert ist für die Unterstützung der Sanierung der historischen Malereien in der Sauna gedacht. Die halleschen Stadtbad-Fans könnten sich so als Sauna-Retter engagieren.

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MDR (Cornelia Müller, Hanna Kerwin)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 16. Februar 2024 | 12:40 Uhr

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