Telekommunikation Streit um Finanzierung des Breitband-Ausbaus: Kommunen mit dem Rücken zur Wand

16. Januar 2023, 19:13 Uhr

Im Weimarer Land sind Kommunen in Aufruhr: Das Land hat ihnen mitgeteilt, Fördermittel für den Breitband-Ausbau nicht mehr Jahr für Jahr zu zahlen, sondern erst 2025/2026. Gebaut wird aber jetzt - und die Bauleute wollen auch jetzt bezahlt werden. Nun lenkt das Land offenbar ein.

Zwei Tage vor Weihnachten ging der Brief bei den betroffenen Kommunen im Weimarer Land ein. Der Inhalt - ernüchternd. Ja, der Breitband-Ausbau werde weiter gefördert. Doch die Auszahlung des versprochenen Geldes verzögert sich. Statt wie ursprünglich in vorangegangenen Fördermittelbescheiden vereinbart, fließt das Geld nicht Jahr für Jahr, sondern erst in den Jahren 2025 und 2026. Das wäre alles nicht so schlimm, wenn es um kleine Summen ginge.

Blankenhain zum Beispiel trifft es besonders hart. 2,2 Millionen Euro Fördermittel bekommt die Stadt vom Land jedoch erst in drei Jahren. Ausgegeben wird das Geld aber bereits jetzt. Denn jetzt wird gebaut. Die Bagger rollen, die beteiligten Firmen wollen zu Recht ihre Leistungen bezahlt haben.

Kreisverband lädt zum Krisengespräch

"Für uns Verwaltungsgemeinschaften und Gemeinden heißt das, wir müssen in Vorkasse gehen", sagt Fred Menge (CDU), Vorsitzender des Kreisverbandes des Gemeinde- und Städtebundes im Weimarer Land und gleichzeitig Chef der Kranichfelder VG. Menge hat zum Krisengespräch geladen. Etliche Bürgermeister sind der Einladung gefolgt. Die einen müssen mit 1,2 Millionen Euro, andere mit 2,2 Millionen Euro und wieder andere "nur" mit 100.000 Euro Vorkasse rechnen.

Unabhängig von der Summe stellt das alle vor Probleme. "Andere Investitionen wie Kitas oder Straßen wären in den kommenden Jahren nicht drin", sagt Thomas Heß (CDU), Bürgermeister der Gemeinde Am Ettersberg. "Wir müssten die Umlage unserer Mitgliedsgemeinden erhöhen. Nicht eine von ihnen wäre dann in der Lage, in diesem Jahr einen Haushalt zu bilden", schätzt Fred Menge ein.

"Ich bin einfach nur sprachlos", so Blankenhains Bürgermeister Jens Kramer (CDU). "Ich habe nicht viele Möglichkeiten. Ein Baustopp kommt für mich nicht in Frage. Viele Anlieger haben ihre Telefonverträge bereits gekündigt, in der Annahme, ab 2023 Breitband zu haben."

Kommunen holen sich rechtliche Bewertung

Es ist nicht ungewöhnlich, in Vorkasse zu gehen, wenn es um Fördermittel des Landes geht. "Doch in der Höhe und über so eine lange Zeit hat es tatsächlich eine andere Dimension, die die Kommunen vor erhebliche Probleme stellt", sagt Thomas Hauboldt von der Kommunalaufsicht des Weimarer Landes.

Auch ihn haben die Bürgermeister zum Krisengespräch dazu geholt. Mit seinem Fachwissen soll er Rat geben und einschätzen, was nun am besten zu tun ist. Er könne den Kommunen nur raten, sich eine rechtliche Bewertung einzuholen, so Hauboldt. Und das machen sie auch.

Noch am Beratungstisch greift Thomas Heß zum Telefon und macht einen Termin mit seinem Anwalt aus. Auf eine Klage wollen sie es eigentlich nicht ankommen lassen. Darauf hat niemand wirklich Lust, zumal die Zeit drängt. Eine Frist wäre am 23. Januar schon vorbei. Zudem stünde eine Klage auf wackligen Füßen. Es gibt keinen Rechtsanspruch auf Fördermittel, wenn die Töpfe leer sind.

Wenig Vertrauen ins Wirtschaftsministerium

Das Vertrauen zum Ministerium ist gestört, sind sich alle Bürgermeister am Beratungstisch einig. Sie fordern ein Gespräch mit dem Minister. Wolfgang Tiefensee (SPD) hat Wind vom Aufruhr bekommen. Kaum war das Krisengespräch der Bürgermeister beendet, lud er im Ministerium seine Leute zur Beratung ein. Im Fachbereich wurden die Köpfe zusammengesteckt.

"Es gab Diskrepanzen", heißt es aus Erfurt, "zwischen Projektionen und Planungen." Den Geldgebern war nicht klar, wie weit die Kommunen schon mit dem Breitband-Ausbau vorangekommen sind. "Betroffen", sagt ein Sprecher, "sind nur wenige Gemeinden." Und für die werde sicher eine Lösung gefunden.

"Selbstverständlich wird das Land die Finanzierung der entsprechenden Vorhaben je nach Projektfortschritt zeitnah sicherstellen", heißt es am Montagabend aus dem Wirtschaftsministerium. Diese Nachricht dürften die Bürgermeister sehr gerne hören. Schriftlich haben sie dieses Versprechen aber noch nicht.

MDR (jn)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Regionalnachrichten | 16. Januar 2023 | 19:30 Uhr

5 Kommentare

camper21 am 17.01.2023

Ach,war das nicht herrlich, als nach der Wende die Milliarden nur so flossen von West nach Ost und jeder Bürgermeister eine Kleinstadt konnte sich ein Denkmal bauen. Wir Thüringer sind Spassbad Weltmeister, keiner hat pro Kopf soviele Spassbäder wie wir. Was kostet die Welt? Wurde jahrelang gedacht.

Wurzelsepp am 17.01.2023

Das kommt raus, da die Straßenausbaubeiträge abgeschafft wurden. Jetzt fehlt das Geld. Das Land soll zahlen, die Anwohner haben den Vorteil und nehmen die Wertsteigerung mit. So kommt es, dass der Altenburger Handwerkter dem Ettersberger oder Blankenhainer Professor die Verkabelung indirekt zahlen. Und sind seither die Straßen in den Kommunen besser geworden. Es wird weniger hergerichtet denn je. Die meisten Ortstraßen sind noch im DDR-Zustand. Irgendwann brechen die Rohrleitungen zusammen oder der Schmutz aus den undichten Rohren versichert im Grundwasser. Das Problem ist viel umfänglicher und auch hausgemacht!

Thueringer Original am 16.01.2023

"Jens Kramer sagt: Viele haben ihre Telefonverträge bereits gekündigt." Ja und? Zum einen kann man eine Kündigung zurück nehmen. Zudem verlängern sich bestehende Verträge nach der Vertragslaufzeit lediglich um 1 Monat, nicht um 12 Moante automaitsch, so dass man flexibel kündigen kann, wenn man den neuen Anbieter gefunden hat. Verstehe das Problem von Herrn Kramer mit den gekündigten Verträgen nicht. Aber jeder sammelt halt das Argument, das er er findet. Nur das Argument von Herrn Kramer basiert auf peinlicher Unkenntnis der Rechtslage.

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