Feuerwehrleute mit Auto auf einer Wiese mit Rauche
Feuerwehrleuten wird immer öfter mit Gewalt begegnet - obwohl sie oft ihre Freizeit nutzen, um den Schutz Anderer zu üben. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Ehrenamt Gewalt gegen Feuerwehrleute sorgt für Frust

18. Mai 2024, 20:38 Uhr

Nicht nur in Thüringen sind die meisten Feuerwehrleute ehrenamtlich unterwegs. Und auch im Freistaat müssen sie sich immer öfter gegen Beleidigungen und Beschimpfungen zur Wehr setzen. Das hat inzwischen fatale Folgen.

Es ist genau 18 Uhr, als in der Feuerwehrleitstelle in Gera ein Alarm ausgelöst wird. In Auma brennt eine Scheune. Eine Person wird vermisst. Zum Glück nur eine Übung, doch das wissen die Kameraden in Auma nicht. Alle verfügbaren Feuerwehrleute fahren zum Gerätehaus und bereiten sich auf ihren Einsatz vor. Jetzt geht es um Minuten, und jeder Handgriff muss sitzen. Dann fahren die beiden Löschfahrzeuge hinter dem Einsatzleitfahrzeug durch die engen Aumaer Straßen. Zum Glück ist die Scheune nicht weit entfernt. Gerade mal zehn Minuten nach dem Alarm treffen die Kameraden ein und machen sich ein Bild von der Lage. Alle sind gut aufeinander eingespielt.

Keine Selbstverständlichkeit, sagt Wehrführer Steve Vavrik. Denn auch in Auma haben sie mit Nachwuchsproblemen zu kämpfen. Zum einen fehle bei vielen jungen Leuten das Interesse für das Ehrenamt. Außerdem sorgt immer mehr Gewalt gegen Feuerwehrleute dafür, dass viele ihre Freizeit lieber anders verbringen. "Wir sind halt die Deppen, die kommen, wenn sie gebraucht werden", sagt Steve Vavrik. "Wir werden an Einsatzstellen sehr oft beleidigt und beschimpft." Etwa, wenn die Kameraden eine Straße sperren, weil nach einem Unfall erst mal Öl und andere Flüssigkeiten gebunden und weggefegt werden müssen. Das Verständnis für eine längere Wartezeit ist bei vielen Verkehrsteilnehmern nicht vorhanden.

Fast 50 Prozent der Feuerwehrleute erleben Gewalt

Eine Befragung der Gesetzlichen Unfallversicherung brachte erschreckende Ergebnisse. Von 6.500 Teilnehmern hatte fast die Hälfte in den letzten beiden Jahren Gewalt erlebt. Dabei nannten mehr als 90 Prozent Beschimpfungen und Beleidigungen. Ein Drittel wurde mit Fahrzeugen bedroht, über zehn Prozent mit Feuerwerkskörpern beworfen. Dabei spielten bei der Mehrzahl der Fälle Alkohol oder Drogen keine Rolle, sagen die Betroffenen. Fast 80 Prozent der Fälle spielten sich bei Einsätzen im Straßenverkehr ab.

Feurwehrleute unterwegs im Feuerwehrauto
Das Einsatzfahrzeug ist voll besetzt - doch insgesamt fehlen auch bei der Feuerwehr Auma der Nachwuchs. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Laut Landesfeuerwehrverband werden die Täter in den wenigsten Fällen bestraft. Die Verfahren dauern zu lange und wenn es zur Verurteilung kommt, fallen die Strafen zu gering aus und schrecken deshalb nicht ab, heißt es aus Erfurt. Möglicherweise werden deshalb auch immer weniger Fälle angezeigt. Auch in Auma besprechen die Kameraden solche Erlebnisse eher intern nach dem Einsatz. Dafür gibt es immer öfter Schadenersatzklagen gegen die Retter, etwa wenn beim Löschen Türen zu Bruch gehen. Dabei haften in solchen Fällen eigentlich die Kommunen für ihre Ehrenamtlichen, die viel Freizeit in die Arbeit bei der Feuerwehr stecken.

Wunsch nach Anerkennung der Tätigkeit wächst

Nicht nur bei den Einsätzen müssen sie ran. In Auma gibt es außerdem alle zwei Wochen eine Schulung in vierteljährlich die Einsatzübungen. Dabei trainieren die Kameraden zum Beispiel die Arbeit unter schwerer Atemschutztechnik, so wie heute beim Scheunenbrand. Gemeinsam mit Feuerwehrleuten aus Wiebelsdorf und Staitz rücken sie in die Scheune vor und suchen die vermisste Person. Im Ernstfall müssten sie sich im dichten Rauch zurechtfinden.

Aber auch heute lassen sie beim Einsatz höchste Vorsicht walten. "Mit Schläuchen und Atemschutz", sagt Denny Lauterlein von der Feuerwehr Staitz. "Wir müssen auf Eigensicherung achten und kriechend vorangehen." Eine kräftezehrende Angelegenheit, die regelmäßiges Training erfordert. Zum Glück haben viele Arbeitgeber Verständnis für ihre Ehrenamtlichen. "Anders als die Menschen, die den Feuerwehrleuten das Leben schwermachen", sagt Steve Vavrik. Er wünscht sich einfach, dass sie in Zukunft wieder ein bisschen mehr Anerkennung bekommen.

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MDR (adr/ost)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | THÜRINGEN JOURNAL | 18. Mai 2024 | 19:00 Uhr

42 Kommentare

Lavendel vor 1 Wochen

Und woran machen sie das bitte fest?
Alles was von ihnen bei fast jedem Artikel hier im MDR kommt ist Meckerei am Staat. Das wird man ja wohl noch sagen dürfen wenn so etwas bei einem Menschen permanent auffällig ist.

Feuerwehren waren in unserem Land mit Ausnahme von großen Städten schon immer ehrenamtlich organisiert. Auf vielen Dörfern eine Ehrensache und der größte Verein der das Dorf zusammen hält.
Wenn es den Nachbarn erwischt dann packt man bei uns mit an und wartet nicht auf den Löschdienstleister oder meckert auf unser Land, weil man in seiner ungerichtetetn Wut die Regierung selbst für Küchenbrände verantwortlich macht.

Lavendel vor 1 Wochen

Hürden sind dazu da überwunden zu werden.
Ich bin mir sicher man kriegt das auch rechtskonform hin, auch wenn dann einer ein langes Gesicht zieht, wenn er plötzlich mit dem E-Bike oder Bus zur Arbeit fahren muss.

Freies Moria vor 1 Wochen

@Anuk: Ich lenke nicht ab, sondern teile in Großstadt und ländliche Erfahrungen ein.
Ich kritisiere auch den Staat nicht, in keinster Weise. Ich kritisiere Leute, die komplexe Vorschriften erlassen.
Dazu gibt es gerade in Thüringen das Gegenbeispiel Dieter Althaus, der als MP mehr als 30% der Vorschriften komplett abschaffen ließ.
Es geht also in diesem Staat auch viel besser, wenn es nur jemand machen würde.

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