Demo vor der russischen Botschaft in Berlin
Auch Russland hat sich in den vergangenen Jahren immer mehr zu einer Autokratie entwickelt und tritt nun aggressiv im Konflikt mit der Ukraine auf. Bildrechte: IMAGO / Achille Abboud

Studie der Bertelsmann-Stiftung Autokratien nehmen weltweit deutlich zu

16. Oktober 2024, 16:33 Uhr

Der Ukraine-Konflikt zeigt es gerade wieder: Demokratien stehen weltweit unter Druck. Wie eine deutsche Studie herausfand, gibt es global erstmals seit 2004 mehr autokratische als demokratische Staaten. Die Zahl der Autokratien liegt nun bei 70.

Seit 2004 untersuchen Experten der Bertelsmann-Stiftung für ihren sogenannten Transformationsindex (BTI) die Qualität von Demokratie, Marktwirtschaft und Regierungsführung in 137 Entwicklungs- und Transformationsländern. In der aktuellen Ausgabe kommen sie zu einem erschütternden Ergebnis, denn erstmals ist die Zahl der Autokratien mit 70 höher als die der Demokratien (67). Auch bei Wirtschaftsentwicklung und Regierungsleistung war die Entwicklung laut der Studie negativ, was teilweise mit der Corona-Pandemie zusammenhing.

Demokratische Staaten erfolgreicher bei Pandemiebekämpfung

Die Forschenden machen dafür unter anderem die einseitige Konzentration der politischen Eliten auf politische und wirtschaftliche Machtsicherung aus, der jegliche gesellschaftliche Entwicklung untergeordnet wird. "Autoritäre Taktiken anzuwenden, statt Probleme zu lösen, ist in demokratischen Gesellschaften besonders verheerend. Das leichtfertig verspielte Vertrauen kann nur schwer wiederhergestellt werden", sagt die Demokratie-Expertin Sabine Donner von der Bertelsmann-Stiftung. Die Pandemie wirke dazu wie ein extremer Stresstest für viele Regierungen, der Fehlentwicklungen verschärfte. Der schlechte Umgang damit in populistisch geführten Staaten wie etwa Brasilien führte dann noch zu einer nahezu ungehinderten Ausbreitung von Covid-19, was die Probleme zusätzlich vergrößerte. "Demokratierückgang und schlechte Regierungsführung gehen Hand in Hand", sagt Hauke Hartmann von der Bertelsmann-Stiftung dazu.

Aber es gibt auch positive Nachrichten im aktuellen BTI-Bericht. So waren etwa in Armenien, Sri Lanka und Tunesien Regimewechsel von Autokratie zu Demokratie erfolgreich. Dazu zeigte sich, dass Demokratien bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie insgesamt besser abschnitten. Unter den 36 Staaten mit guten Werten hierbei waren nur drei Autokratien. Außerdem war das gesellschaftliche Engagement in mehreren autokratisch regierten Ländern besonders groß, etwa in Belarus, Myanmar und im Sudan. Die größten Impulse für demokratische Innovation und Erneuerung gingen derzeit weitaus seltener von Regierungen als von kritischen Zivilgesellschaften aus, resümieren die Experten.

cdi