Meine Challenge Was man bei Selbstversuchen lernt

08. November 2019, 15:42 Uhr

Seit einem Jahr stellt sich MDR WISSEN-Reporterin Daniela Schmidt für den Podcast "Meine Challenge" alle zwei Wochen einer Herausforderung – immer im Dienste der Wissenschaft. Zum ersten Podcast-Geburtstag blicken wir zurück.

Kann man seine Intelligenz steigern? Helfen Fitnesstracker dabei, sportlicher zu werden? Und wie schafft man es, Angst zu überwinden? Das sind nur ein paar der Fragen, denen Reporterin Daniela Schmidt für den MDR WISSEN-Podcast "Meine Challenge" seit 12 Monaten auf den Grund geht. Zum einjährigen Jubiläum eine kleine Auswahl der wissenschaftlichen Erkenntnisse, die sie bisher gesammelt hat.

Angst ist endlich

Schweiß, Zittern, Schwindel – Angst ist ein Gefühl, das wohl jeder kennt. Dabei ist sie an sich nichts Schlechtes: "Die Angst passt auf uns auf", sagt Angstforscher Borwin Bandelow. "Wenn wir das nicht hätten, würden wir wohl über kurz oder lang durch Unfälle sterben."

Dennoch sind Angst und Panik für die meisten Menschen unangenehm. Die Verhaltenstherapie kennt zwei Ansätze, um Angstpatienten zu helfen: Habituation und Flooding. Bei der Habituation wird der Patient schrittweise an seine Angst herangeführt, es tritt eine Art "Gewöhnungseffekt" ein. Das Flooding ist im Prinzip das Gegenteil, eine Art "Holzhammermethode": Der Patient wird unter therapeutischer Begleitung seiner Angstsituation in extremem Maße ausgesetzt.

Das Prinzip der Reizüberflutung und die Erkenntnis, es trotzdem überlebt zu haben, können helfen, krankhafte Ängste zu kurieren. Wichtig bei all dem: Angst muss ausgehalten werden. Angstpatienten haben oft das Gefühl, dass die Panik ins Unermessliche wächst, und beenden die Angstsituation nach wenigen Minuten. Das ist jedoch kontraproduktiv, sagt Angstforscher Bandelow, denn: Die Ressourcen des Körpers zur "Angstproduktion" sind endlich und irgendwann erschöpft.

"Wenn man es 20 Minuten aushält und die Angst weggeht, dann hat man gewonnen", so Bandelow.

Das Beste aus einem Jahr "Meine Challenge" Das Beste aus einem Jahr "Meine Challenge"

Seit einem Jahr stellt sich MDR WISSEN-Reporterin Daniela Schmidt nun schon alle zwei Wochen einer neuen Herausforderung. Zum Podcast-Jubiläum blickt sie zurück auf ihre spannendsten und eindringlichsten Momente.

Zwei Personen im Hochseilgarten.
Die actionreichste Challenge war zweifellos "Ich überwinde meine Höhenangst!". Daniela muss sich im Kletterpark am Markkleeberger See in zehn Metern Höhe über schwingende Holzelemente hangeln. Parkleiter Christoph Mehnert leistet dabei wahre Überzeugungsarbeit. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Zwei Personen im Hochseilgarten.
Die actionreichste Challenge war zweifellos "Ich überwinde meine Höhenangst!". Daniela muss sich im Kletterpark am Markkleeberger See in zehn Metern Höhe über schwingende Holzelemente hangeln. Parkleiter Christoph Mehnert leistet dabei wahre Überzeugungsarbeit. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Zwei Personen im Hochseilgarten.
Schlotternde Knie, dicke Schweißperlen auf der Stirn und laute Angstschreie gibt's bei dieser Herausforderung mehr als genug. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Porträtfoto der MDR Reporterin Daniela Schmidt.
Daniela Schmidt arbeitet seit vielen Jahren als Reporterin und Moderatorin beim MDR. Seit einem Jahr stellt sie sich nun schon für den Wissenschafts-Podcast "Meine Challenge" alle zwei Wochen einer neuen Herausforderung. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Eine Frau zeigt auf sich.
Bereits die erste Podcast-Folge ist ein ziemliches Brett: Anlässlich des 80. Jahrestags der Novemberpogrome 1938 stellt sich Daniela der überaus heiklen Frage: Wie hätte ich mich damals verhalten, wie viel Nazi steckt in mir? Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Eine Frau steht auf einer Anhöhe.
Beim Besuch der KZ-Gedenkstätte Buchenwald erlebt Daniela einen eindringlichen Aha-Moment: "Es steckt in jedem Menschen potenziell ein Nazi und potenziell genau das Gegenteil", sagt Historiker Volkhard Knigge. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Podcastreporterin Daniel Schmidt hat die Augen verbunden während ihr eine Forscherin eine Geruchsprobe unter die Nase hält.
In einigen Challenges hat Daniela versucht, sich in bestimmten Dingen zu verbessern: ihr Gesangstalent, ihren Schlaf oder wie hier ihren Geruchssinn. Augen zu und durch! Bildrechte: MDR/Max Heeke
Zwei Frauen sitzen auf einer Parkbank.
"Wenn wir so weitermachen, geht es irgendwann ums nackte Überleben", schlägt Umweltaktivistin Sophia Salzberger Alarm. Mit selbstgestalteten Handplakaten wappnen sich die beiden für Fridays For Future - die Klimawandel-Probleme lösen sich schließlich nicht von selbst.   Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Ein Smartphone
Daniela ist wahrlich keine Sport-Fanatikerin. Ob es Fitness-Armbänder und Apps wirklichen schaffen, sie zu mehr Sport zu motivieren? Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Eine Frau schaut auf ihre Armbanduhr.
Danielas Challenge: Mit Self-Tracking den Hintern hochkriegen! Eine Woche lang lässt sie sich von einer Fitness-Armbanduhr den Takt vorgeben. Puh, anstrengend ist das! Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Eine Frau steht auf einer Bühne vor Publikum.
Daniela hat Witz und Charme, keine Frage. Aber kann sie auch als Stand-Up-Comedian überzeugen? Nach einer Woche Intensiv-Humor-Training wagt sie sich auf die Bühne im Leipziger Kupfersaal, um ihr Comedy-Stück vor Publikum vorzutragen. So aufgeregt war sie bislang noch nie! Bildrechte: Andi Weiland/Realsatire
Zwei Frauen stehen im Landtag.
Lautstarke Netz-Debatten und populistische Bewegungen überall auf der Welt bringen Daniela zur kühnen Challenge-Idee "Ich rette die Demokratie!". Tipps für ihre Rettungsaktion bekommt sie beim Besuch der Landtagsabgeordneten Anja Klotzbücher. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Eine Frau hat auf einer Gabel eine Heuschrecke.
Zehn Milliarden Menschen wollen 2050 satt werden, doch schon jetzt hungern Millionen. Daniela will wissen, wie sich ihr Essverhalten auf den Welthunger auswirkt und probiert dafür auch außergewöhnliche Alternativen, wie knusprig gebratene Heuschrecken. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Zwei Frauen sitzen auf einem Sofa.
Zu Beginn des neuen Schuljahres wird deutlich: Der Lehrermangel an Deutschlands Schulen wird immer akuter. Doch was tun dagegen? Daniela lässt sich zur Seiteneinsteigerin auf Probe ausbilden … Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Eine Frau in einer Schulklasse.
… und steht zum Challenge-Finale vor einer neunten Klasse, um sie in Biologie zu unterrichten. Dabei war Biologie früher nicht unbedingt Danielas Lieblingsfach. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Ein Mann steht vor einer bunten Hauswand.
Auch eine Challenge-Reporterin muss mal verschnaufen! Währenddessen geht Team-Kollege Max Heeke der Frage nach, ob eine bessere Landwirtschaft möglich wäre, wenn er selbst mit anpackt, statt nur im Supermarkt zu kaufen? Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Ein Mann hat einen Kürbis in der Hand.
Unter der Devise "Ich baue mein Essen selbst an!" ist Reporter Max auf dem Hof der Gemüsekooperative Rote Beete am Rand von Leipzig im Einsatz, um nach vielen Stunden Feldarbeit sein eigenes, biologisch angebautes Gemüse zu ernten. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Alle (16) Bilder anzeigen

Schlaf lässt sich aufteilen

Sechs bis neun Stunden Schlaf werden je nach Quelle für erwachsene Menschen empfohlen. Manchmal klappt das aber nicht: Stress, Termine und Unruhe können einem den Schlaf rauben. Die gute Nachricht: Die erforderliche Menge an Schlaf muss nicht gezwungenermaßen am Stück stattfinden.

"Die Schlafmedizin kannte früher nur den Kernschlaf, nur der Nachtschlaf zählte", erklärt Schlafcoach Christine Lenz. "Heute hingegen sagt man: Der gesamte Schlaf der letzten 24 Stunden zählt. Alles, was Sie an fragmentiertem Schlaf und Power Naps machen, addieren wir."

Wichtig dabei: Den Wecker richtig stellen! Heißt: Den Ablauf der natürlichen Schlafzyklen beachten. "So ein Zyklus dauert 90 Minuten", erklärt Lenz. "Deshalb fühlen wir uns nach einem 40-Minuten-Nickerchen manchmal so neben der Kappe: Weil der Körper dann aus der Tiefschlaf-Phase gerissen wird. Das ist, als würden Sie einen Reboot-Prozess stören. Wenn es ein Schläfchen sein muss, dann sollte das im Idealfall 90 Minuten lang sein – oder eben 180 Minuten, 270 Minuten."

Ihre Tricks zum besseren Einschlafen: Lichtquellen ausschalten, Tagebuch schreiben und warme Füße, etwa durch ein Fußbad oder dicke Socken.

DNA-Tests verraten nur wenig über die eigene Herkunft

In den USA und auch hierzulande boomen sogenannte "Gentests to go": Mit einem Wattestäbchen macht man einen Abstrich seiner Mundschleimhaut und kann durch ein Unternehmen bestimmen lassen, welche genetische Herkunft man in sich trägt. Für viele Menschen ein spannendes Unterfangen: "Das Verlockende daran ist, Plausibilitätserklärungen für sich selbst zu finden", erklärt die Jenaer Medizin-Ethikerin Tina Rudoplh. "Plausibilität meint eine bestimmte Erklärung, damit das Konzept, das ich von mir habe, nachvollziehbarer wird. Da kann dann so etwas herauskommen wie: Aha, jetzt weiß ich, warum ich spanisches Essen mag."

Doch viele Menschen, die einen solchen DNA-Test machen, sitzen einem Trugschluss auf, sagt der Wiener Molekularbiologe Martin Moder: "Man kann durch so einen Test nicht sehen, wo die eigene DNA in der Vergangenheit spazieren gegangen ist. Man kann nur schauen, wo bestimmte Varianten wie häufig vorkommen und entsprechend zuordnen, welchen Regionen mein heutiges Genom entspricht. Klar, wir kommen ja auch alle aus Afrika. Warum zeigen solche Tests also nicht für uns alle Afrika an? Weil nicht direkt die Abstammung gemessen wird, sondern lediglich, wo welche Gen-Regionen heutzutage mit welcher Wahrscheinlichkeit vorkommen."

Intelligenz lässt sich kaum steigern

Klassische Musik, Yoga, Computerspiele: Das Internet ist voll mit Tipps, die angeblich dazu führen sollen, den eigenen IQ zu steigern. Größtenteils sind diese Tipps aber Quatsch, sagt der Leipziger Psychologie-Professor Stefan Schmukle: "Die Effekte sind minimal. Wirkungsvoll ist hingegen nur, sich auf die Intelligenztests, die es gibt, vorzubereiten, also die Aufgaben zu üben."

Das liege daran, dass ein großer Teil unserer Intelligenz angeboren sei, sagt Schmuckle. Um bei einem IQ-Test ein paar Punkte mehr abzustauben, helfe es daher nur, sich mit den Inhalten solcher Tests vertraut zu machen und so eine gewisse Routine in den dort gestellten Aufgaben zu bekommen – was im Grunde dann keine Steigerung der Intelligenz bedeutet, sondern eine Art "Gewöhnungseffekt", um das Testverfahren besser zu meistern. Ohnehin ist unter Wissenschaftlern umstritten, wie aussagekräftig klassische Intelligenztests sind.

Musikgeschmack kann man lernen

Studien zeigen: Etwa ab dem 30. Lebensjahr verändert sich der Musikgeschmack eines Menschen nur noch geringfügig. "Tatsächlich sind die Teenagerjahre und die frühen Zwanziger die Zeit, in der wir am meisten Zeit haben und Musik für die Suche nach uns selbst benutzen", erklärt die Direktorin des Max-Planck-Instituts für empirische Ästhetik, Melanie Wald-Fuhrmann. Doch das heißt nicht, dass es unmöglich ist, sich auch danach noch in neuen Musik-Genres heimisch zu fühlen. Denn: Welche Musik wir mögen und welche nicht, ist durch erlernte Muster bedingt.

"Musikgeschmack entsteht, wie viele andere Dinge, vor allem in der Kindheit, Jugend und der frühen Erwachsenenzeit. Das sind Prozesse, über die wir hineinwachsen in die Kultur, in die wir gehören oder zu der wir gehören wollen. Darunter liegt ein psychologischer Prozess, den man als implizites oder statistisches Lernen bezeichnet", ergänzt Taren Ackermann vom MPI für empirische Ästhetik. Und dieser Lerneffekt lässt sich bewusst wiederholen. Eine große Rolle dabei spielt der sogenannte Mere-Exposure-Effekt: Je öfter man Musik eines bestimmten Genres hört, desto besser findet man sie, weil man beginnt, Strukturen wiederzuerkennen und zu verstehen – und dies wiederum ist mit positiven Emotionen verbunden.