Ein Junge sitzt auf einem Bett und zockt
Computer an, Hirn aus? Eine aktuelle Studie mit 2.200 Kindern fand heraus, das "Viel-Spieler" eine höheres kognitives Leistungsvermögen haben. Bildrechte: imago images / Cavan Images

Studie mit 2.200 Kindern Forscher korrigieren: Videospiele können kognitive Leistungsfähigkeit nur minimal steigern

03. Mai 2024, 09:24 Uhr

Videospiele machen dumm, nervös und aggressiv? Nun ja – welche Wirkung Computerspiele auf unser Gehirn haben, wird nun schon beinahe so lange diskutiert, wie es die Spiele überhaupt gibt. Eine Studie, die Kindern eine teilweise höhere kognitive Leistungsfähigkeit attestierte, ist jetzt korrigiert worden.

Videospiele steigern die kognitive Leistungsfähigkeit - dieses Ergebnis einer US-Studie sorgte vor eineinhalb Jahren für Aufmerksamkeit. Forscher haben die Aussagen jetzt korrigiert. Nach der Bereinigung mit soziodemographischen Daten sei die kognitive Leistungsfähigkeit der Videospieler zwar immer noch höher gewesen, allerdings sehr geringfügig, erklärten die Forscherinnen und Forscher in einer Korrektur ihrer Veröffentlichung. "Die Ergebnisse wurden dahingehend präzisiert, (...) dass die Unterschiede in den Reaktionszeiten zwischen den beiden Gruppen sehr gering waren", hieß es dort.

Kinder in "Viel-Spieler" und "Nicht-Spieler" eingeteilt

Das Autorenteam der ursprünglich im Journal "Jama Network Open" erschienenen Studie, führte im Jahr 2019 einige Tests durch, die Auskunft über die kognitive Leistungsfähigkeit und den Blutsauerstoffspiegel im Gehirn gaben – und zwar an insgesamt 2.217 Kindern mit einem Durchschnittsalter von knapp zehn Jahren. Die Kinder ließen sich in "Viel-Spieler" und "Nicht-Spieler" einteilen. Erstere gaben an, mindestens 21 Stunden pro Woche mit Videogames zu verbringen, letztere spielten keine Videospiele.

Kontrast im MRT zeigt Sauerstoffgehalt

Im Zuge der Studie wollten die Forschenden herausfinden, ob und wie sich die Gehirne von "Viel-Spielern" und "Nicht-Spielern" unterschieden: Das ermittelten sie mithilfe des sogenannten BOLD-Kontrasts. Dieser Kontrast (engl. blood oxygenation dependent) beschreibt, dass sich das MRT-Bild eines Gehirns abhängig vom Sauerstoffgehalt der roten Blutkörperchen verändert. Weil dieser Sauerstoffgehalt steigt, wenn unser Gehirn aktiver ist, erlaubt er Rückschlüsse über die kognitive Aktivität. Die Gehirne der "Viel-Spieler" schienen der Studie zufolge aktiver zu sein, als die Gehirne derjenigen, die keine Videospiele spielten.

Wissenschaftler relativieren Aussage

Das Forscherteam hält an der Grundaussage fest, räumt aber verschiedene Fehler ein. "Unsere wichtigsten Schlussfolgerungen haben sich nicht geändert. Videospieler wiesen eine höhere Aufmerksamkeit und eine schnellere Reaktionsfähigkeit auf", hieß es. Allerdings seien verschiedene Fehler unterlaufen, welche das Ergebnis relativieren.

Neben den sehr geringen Unterschieden bei der kognitiven Leistungsfähigkeit und bei den Reaktionszeiten (Millisekunden), sei die Studie beispielsweise fälschlicherweise als Fall-Kontroll-Studie ausgewiesen worden, es handle sich aber um eine Querschnittsstudie. Zudem habe es teilweise ungenaue Angaben gegeben und soziodemographische Daten seien nicht mit in die Berechnungen integriert gewesen.

Videospieler mit signifikant höherem Risiko für Depressionen

Einen großen Fehler räumten die Wissenschaftler bei der Bewertung der physischen Gesundheit ein. "Ursprünglich gaben wir an, dass sich die psychische Gesundheit zwischen Videospielern und Nicht-Spielern nicht groß unterscheidet. Nach der Korrektur der Mehrfachtests waren die Werte für Aufmerksamkeitsprobleme, Depressionen sowie Aufmerksamkeitsdefizit- unbd Hyperaktivitätsstörungen bei den Videospielern jedoch signifikant höher als bei den Nichtspielern", erklärten die Forschenden.

Gleichzeitig hätten die Nicht-Spieler bei der Sortieraufgabe des Nationalen Gesundheitsamts für Kinder- und Jugendliche bessere als die Videospieler abgeschnitten.

Unabhängige Wissenschaftler begleiteten Korrektur

Den Wissenschaftlern zufolge seien alle fraglichen Analysen unter Beteiligung von zwei Forschenden wiederholt worden, die an der Verfassung der ursprünglichen Analysen nicht mitgewirkt hatten.

Links/Studien

Korrigierte Studie:
Chaarani B, Ortigara J, Yuan D, Loso H, Potter A, Garavan HP. Notice of Retraction and Replacement. Chaarani B, et al. Association of Video Gaming With Cognitive Performance Among Children. JAMA Network Open. 2022;5(10):e2235721. JAMA Netw Open. 2023;6(4):e236895. doi:10.1001/jamanetworkopen.2023.6895

tomi/iz