TU Chemnitz Fast Fashion: 30 Kilo Klamotten pro Jahr sind zu viel
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10. März 2020, 15:07 Uhr
Bis zu 24 Kollektionen entwerfen große Modelabels jährlich. Produziert wird immer schneller und immer billiger. Diese sogenannte Fast Fashion belastet die Umwelt und hat meistens, das sagt schon der Name "schnelle Mode", ein kurzes Leben. An der Professur Textile Technologien an der Universität Chemnitz wird an der Nachhaltigkeit und Langlebigkeit von Textilien geforscht, um dem Fast Fashion-Trend etwas entgegenzusetzen.
T-Shirts für fünf Euro, Jeans für zehn. In vielen Geschäften werden Kleidungsstücke für extrem wenig Geld angeboten. Bei diesen niedrigen Preisen ist klar, dass die Qualität nicht besonders gut sein kann. Der Bekleidungsmarkt ist vom Neukaufen und schnellem Entsorgen geprägt. Ein billiges T-Shirt mit Loch zu reparieren, lohnt sich nicht, lieber wird ein Neues gekauft. Dieses Konsumverhalten schadet der Umwelt und ist alles andere als nachhaltig.
Gleichzeitig muss man aber auch sagen: In der Textilbranche hat sich in den letzten Jahren - auch durch den Druck z.B. von Umweltorganisationen - einiges zum Positiven gewandelt. Es werden weniger Chemikalien beim Färben der Kleidung eingesetzt und die Bekleidungsmarken sind transparenter geworden. Große Modeketten wie beispielsweise H&M oder Zara bringen schon lange Kollektionen auf den Markt, die recycelte Materialien nutzen und geben auf ihren Websiten Informationen über den Herstellungsprozess der Kleidung preis.
Nachhaltig oder bloß Greenwashing?
Professor Holger Cebulla ist Leiter der Professur für Textile Technologien an der Universität Chemnitz. Für ihn ist das Umdenken der Unternehmen zumindest schon mal ein Anfang. Aber er warnt auch davor, sich von dem Trend des Greenwashing blenden zu lassen. Nur weil 20 Prozent eines Kleidungsstücks vermeintlich recycelt sind, sei es noch lange nicht nachhaltig. Holger Cebulla betont, dass wir Verbraucher bewusster und vor allem viel weniger Kleidung kaufen müssten, um dem Fast Fashion Trend etwas entgegenzusetzen.
Jeder von uns kauft im Schnitt 30 Kilo Kleidung im Jahr. Schwellenländer wie Indien oder Brasilien sind im Moment bei 7 Kilo, aber sie wollen die gleichen Standards und eifern unserem Konsum nach. Das Ganze kann so nicht weiter gehen.
Die Professur für Textile Technologien an der TU Chemnitz arbeitet mit Firmen aus der Textilbranche zusammen, um Fasern mit längerer Haltbarkeit zu entwickeln. Professor Cebulla‘s Team experimentiert mit Garnen, die aus einer Mischung aus Natur- und Chemiefasern bestehen.
Naturfasern, wie zum Beispiel Wolle sind nicht so robust wie Chemiefasern aus beispielsweise Polyester. Wir untersuchen, was die beste Kombination ist, damit das Garn und später die daraus hergestellte Kleidung auch möglichst lange hält.
Mit einem Test kann Dominic Berndt überprüfen, wie lange die Stoffproben aus dem hergestellten Garn halten. Bei dem sogenannten Martin Dale Test werden zwei Stoffstücke gegeneinander gerieben, um die Abnutzung von Kleidungsstücken zu simulieren.
Das nachhaltige Super-Textil wird wohl ein Traum bleiben
Dominic Berndt betont, dass es das lange haltbare und nachhaltige Super-Textil wahrscheinlich nie geben wird. Beim Baumwollanbau wird sehr viel Wasser verbraucht, Polyester wird aus Erdöl hergestellt, es ist aber günstig und lange haltbar, Hanf braucht zwar wenig Wasser und könnte in Deutschland angebaut werden, dafür ist die Verarbeitung sehr aufwendig. Für Dominic Berndt ist das Recycling von Kleidung der wichtigste Ansatzpunkt. Dazu müsste aber erst noch an innovativen Recycling-Prozessen für Textilien geforscht werden.
Bisher wird noch viel zu wenig recycelt. Wir bräuchten Anlagen, die die Farbe von Textilien erkennen, oder ob ein Textil beschichtet ist. Im Moment wird Bekleidung wie in einem Reißwolf zerrissen und zum Beispiel Putzlappen daraus gemacht, aber nur selten neue Kleidung.
Trotz allem gibt es aber auch kleine Lichtblicke in der Modeindustrie. Mittlerweile gibt es viele kleine Labels, die regional produzierte und nachhaltige Kleidung verkaufen und auf den Fast Fashion-Trend mit Slow Fashion reagieren. Slow Fashion steht als Gegenbewegung zu Fast Fashion für einen bewussteren Umgang mit Mode. Auf coole Kleidung, die im Trend liegt, muss man so auch gar nicht verzichten, auf einige Dinge sollte man beim Kleidungskauf trotzdem achten:
Vier Tipps, um nachhaltiger zu shoppen
1. Bewusster und weniger einkaufen: Vor dem Kauf überlegen, ob man das Kleidungsstück wirklich haben möchte. Impulskäufe landen häufig ungetragen im Altkleidercontainer.
2. In zeitlose Klassiker investieren: Statt immer neue Kleidung zu kaufen, ist es hilfreich sein Geld in qualitativ hochwertige Kleidungsstücke und zeitlose Klassiker zu investieren. Keine außergewöhnlichen Muster, sondern zum Beispiel ein gut sitzender, einfarbiger Blazer, der gut zu kombinieren ist.
3. Second Hand kaufen: In Secondhandläden finden sich oft Kleidungsstücke der letzten oder sogar der aktuellen Kollektionen großer Modemarken, zum ganz kleinen Preis und fast neu.
4. Auf Siegel achten: Es gibt viele Siegel, die Hinweise darauf geben, wie fair und nachhaltig bestimmte Kleidungsstücke sind, zum Beispiel der Blaue Engel, Fair Wear Foundation (FWF), Fairtrade-Siegel oder GOTS (Global Organic Textile Standard). Eine ausführliche Übersicht gibt es auf der Seite siegelklarheit.de vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ).
Zahlen, Fakten, Links
Knapp 78 Milliarden Euro haben die Bundesbürger 2018 für Bekleidung ausgegeben.
Pro Haushalt waren das im Schnitt 122 Euro monatlich. Nach Haushaltsgrößen aufgeschlüsselt sind es: 67 Euro bei Singlehaushalten, 132 Euro bei zwei Personen, bei Dreipersonen-Haushalten 183 Euro, bei vier 222 Euro und bei fünf Personen 242 Euro.
Quelle: Statistisches Bundesamt
Das Umweltbundesamt geht von rund 26 Kilogramm Bekleidung pro Kopf und Jahr aus, die wir in Deutschland einkaufen, weltweit von acht Kilogramm. Auf der Seite des Amtes finden sie noch mehr Tipps zum Thema nachhaltiger Einkauf bei Textilien.