Till Lindemann von Rammstein während eines Auftritts in Rom
Rammstein spielte am Samstag das erste von drei Berlin-Konzerten im Olympiastadion. Bildrechte: Getty Images

Nach Missbrauchs-Vorwürfen Fans und Proteste: So lief das erste Rammstein-Konzert in Berlin

18. August 2023, 18:26 Uhr

Nach den schweren Vorwürfen mehrerer Frauen gegen Rammstein-Sänger Till Lindemann spielte die Band am Samstag (15.07.23) ihr erstes von drei Konzerten in Berlin - vor 60.000 Fans. Alle Konzerte sind ausverkauft. Für Rammstein ist es ein Heimspiel. Die sechs Bandmitglieder leben in Berlin, lernten sich hier vor fast 30 Jahren kennen.

Vorab braute sich etwas zusammen in der Hauptstadt, denn nicht nur positiv gestimmte Fans wurden erwartet. Vor dem Stadion trafen Konzertgänger auf Demonstranten, die ein Verbot der Konzerte fordern.

Menschen protestieren in der Nähe des Berliner Olympiastadions gegen ein geplantes Rammstein-Konzert.
Hunderte Menschen protestierten gestern vor dem Olympiastadion. Bildrechte: Getty Images

So lief das erste Berlin-Konzert von Rammstein

Ab 14:30 Uhr war eine Demonstration angekündigt, die bis 20 Uhr vom Theodor-Heuss-Platz zum Olympiastadion ziehen sollte. Die Berliner Polizei sah sich gut vorbereitet. Demos und Großveranstaltungen sind in der Hauptstadt keine Seltenheit. Der Konzertveranstalter wurde im Vorfeld beraten und sensibilisiert.

Letztlich protestierten laut Polizei rund 300 Menschen vor dem Olympiastadion. Die Proteste liefen friedlich ab.

Dem Konzert selbst merkte man die Unruhen später nicht an: Flammenwerfer, leuchtende Anzüge, hämmernde Bässe - Rammstein lieferten wie gewohnt ihre Show ab. Allerdings wieder ohne den Song "Pussy" und ohne Penis-Kanone. Das Lied ist eigentlich immer Bestandteil der Show, Till Lindemann reitet dabei eine phallusähnliche Schaumkanone und bespritzt die jubelnde Menge.

Rammstein-Frontman Till Lindemann bedient ein riesieges Phallus Symbol.
Auf die Penis-Kanone verzichtet die Band auch in Berlin. Bildrechte: picture alliance / dpa | Carsten Rehder

Dafür spielte Gitarrist Richard Kruspe seinen "Deutschland"-Remix. Angeblich - so die Vorwürfe - soll sich Till Lindemann früher während des Songs unterhalb der Bühne mit Frauen getroffen haben. Die Berliner Staatsanwaltschaft ermittelt seit Bekanntwerden der Vorwürfe im Juni, ob es im Zuge der Konzerte zu strafbaren Handlungen gekommen ist. Bisher ohne Ergebnis.

Viele Fans zeigten während des Konzerts ihre Solidarität mit Rammstein und hielten mitgebrachte Schilder in die Luft: "Wir stehen hinter euch" oder "Wir halten zusammen, wir halten euch die Treue".

Rammstein-Konzert in Berlin ohne Aftershowparty

Laut Berlins Innensenatorin Iris Spranger soll es nach den Berlin-Konzerten keine Aftershowpartys geben. "In Berlin wird es in den Liegenschaften, die ich verantworte, keine Aftershowpartys der Band Rammstein geben. Es gilt die Ermittlungen abzuwarten, aber die Vorwürfe wiegen so schwer, dass Schutz und Sicherheit der Frauen hier absoluten Vorrang haben."

Verbot der weiteren Rammstein-Konzerte?

Aktuell gibt es zwei Petitionen gegen die Konzerte von Rammstein: die Initiativen "Keine Bühne für Rammstein" und "Kein Rammstein in Berlin". Zu einem Verbot wird es allerdings nicht kommen, Kultursenator Joe Chialo (CDU) sieht keine rechtliche Grundlage für eine Absage der geplanten Konzerte. "Die Forderung ist emotional verständlich, rechtlich gibt es keinen Hebel."

Der Deutschen Presseagentur sagte der ehemalige Musikmanager Joe Chialo: "Ich stehe immer auf der Seite der Opfer, ganz klar, und nehme die Vorwürfe dieser Frauen sehr ernst." Auf der anderen Seite gelte die Unschuldsvermutung. "Ich habe das Gefühl, dass gerade die Geschwindigkeit der Ereignisse alles zu einer besonderen Herausforderung macht." Der Politiker warnt vor übereilten Forderungen. "Ich bin sehr vorsichtig, aus diesem Spin immer gleich Handlungsanleitungen abzuleiten." Selbst wird er den Konzerten fernbleiben.

Till Lindemann geht gegen gegen Petition vor

Mehr als 70.000 Unterstützer hat die Petition "Keine Bühne für Rammstein" mittlerweile auf der Petitionsplattform Campact gesammelt. Initiiert hat die Petition die feministische Aktivistin Britta Häfemeier.

Dem NDR sagte sie, dass sie die Indizien gegen Till Lindemann für erdrückend halte und den Frauen glaube. "Nachdem sich immer mehr Frauen getraut haben und öffentlich erzählt haben, was ihnen rund um die Rammstein-Konzerte passiert ist, da wurde ziemlich schnell klar: Das Ganze hat einfach ein krasses System. […] Ich finde nicht, dass dieses Konzert unter diesen Umständen in Berlin stattfinden darf."

Till Lindemann bestreitet die Vorwürfe und geht gegen bestimmte Formulierungen in der Petition vor. Seine Anwälte fordern in einer Unterlassungserklärung die Plattform Campact auf, bestimmte Formulierungen nicht weiter zu verwenden. Die Abmahung liegt der Redaktion vor. Demnach habe es keinen Missbrauch gegeben, etwaige sexuelle Handlungen seien im Einverständnis beider Parteien erfolgt.

Till Lindemann geht gegen Petition vor
Till Lindemanns Anwälte haben eine Unterlassungserklärung an die Petitionsplattform geschickt. Bildrechte: IMAGO / ITAR-TASS

Quellen


BRISANT
dpa
NDR

(Dieser Artikel wurde erstmals am 15.07.2023 veröffentlicht)

Dieses Thema im Programm: Das Erste | BRISANT | 16. Juli 2023 | 17:15 Uhr

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