Toursiten auf der berühmten Rialtobrücke.
Die Rialtobrücke in Venedig zieht viele Touristen an. Durch die Tagesgebühr sollen es weniger werden. Doch die Frage ist, ob das klappt. Bildrechte: IMAGO/Harald Dostal

Kampf gegen Massentourismus Venedig nimmt ab sofort Eintrittsgeld von Touristen

25. April 2024, 09:11 Uhr

In Venedig wird am Donnerstag erstmals eine Tagesgebühr von fünf Euro für Touristen erhoben. Für das laufende Jahr wurden insgesamt 29 Tage festgesetzt, an denen die Sonderabgabe fällig wird. Frank Schories, Mitbegründer des Zentrums für Nachhaltigen Tourismus, sagte MDR AKTUELL, dass regionale Maßnahmen nicht ausreichten. Auch die Politik müsse tätig werden.

An "Massentourismus", also am Begriff, sei gar nichts gut, sagt Bernd Eisenstein. Der Begriff sei negativ besetzt, so der Direktor des Deutschen Instituts für Tourismusforschung in Heide. "Ich würde mal sagen es gibt durchaus einen guten Tourismus, der auch in großer Anzahl verwirklicht werden kann. Es ist eben immer die Frage, wie man es macht."

Problematisch werde es immer dann, wenn die zeitliche und örtliche Konzentration von Besuchern über die Akzeptanzgrenze der Einheimischen hinausgehe. Aber was kann man dagegen tun?

Touristenzahlen müssen durch lokale Maßnahmen gelenkt werden

"Zunächst mal könnte man einfach einen Marktansatz wählen. Das hat jetzt Venedig zumindest symbolisch gemacht. Wir haben ja eine erhöhte Nachfrage bei einem begrenzten Angebot – begrenztes Hotelangebot vielleicht auch begrenztes Angebot an Kultureinrichtungen – und immer wenn diese Konkurrenz auftritt zwischen der Nachfrage aus dem Tourismus und der Nachfrage, die die Einheimischen schon haben, dann zieht es normalerweise eine Preiserhöhung nach sich", erklärt Eisenstein.

Und damit sinke dann die Nachfrage. Theoretisch. Denn der Markt versage eben auch häufig, sagt Eisenstein. Dann könne man etwa Maßnahmen einführen, die die Besucherströme lenkten oder Zugangsbeschränkungen einführen. Und auch, wenn es in der Branche bereits vereinzelte Lösungsansätze gebe, müssten die wesentlichen Entscheidungen laut Eisenstein vor Ort getroffen werden.

"Wenn wir Marktversagen vorliegen haben, dann ist es eine staatliche Aufgabe der anderen Tourismusorganisationen, Verwaltungseinheiten einzuschreiten und das zu regeln."

Die Politik ist ebenfalls in der Pflicht den Massentourismus zu einzudämmen

Eine Einschätzung, die Frank Schories im Wesentlichen teilt. Er arbeitet für das Institut für Tourismusforschung der Hochschule Harz und ist Mitbegründer des ZENAT, des Zentrums für Nachhaltigen Tourismus. Er sagt: "Grundsätzlich muss man auch mal sagen, dass Massentourismus und Nachhaltigkeit sich nicht grundsätzlich ausschließen."

Er biete die Möglichkeit, die Nachfrage an bestimmten Orten zu konzentrieren. Die Branche werde das aber nicht von sich aus lösen, sagt Schories. "Klassisches Beispiel: Man kann halt in einem Hotel viele Leute unterbringen und es ist gut, wenn dieses Hotel dann nachhaltig ist. Man kann auch Freizeitangebote um dieses Hotel konzipieren von der Tourismusorganisation, die dann für das Gebiet verantwortlich ist. Die muss sich dann Gedanken machen, das ist die Voraussetzung. Wie schaffen wir Strukturen? Wie schaffen wir einen Rahmen, damit die Entwicklung in diesem Zielgebiet nachhaltig ist."

Dass das allerdings nur regional zu bewerkstelligen ist, hält Schories für fraglich. Letztlich sei die Politik gefragt, den Auswüchsen des Massentourismus Grenzen zu setzen – und zwar auf Ebene der EU.

Deutscher Reiseverband betont Wichtigkeit von Vorteilen für Einheimische

Und was sagt die Branche dazu? Auf Anfrage von MDR AKTUELL betont der Deutsche Reiseverband DRV die Bedeutung des Tourismus. Der bringe wirtschaftliches Wachstum und schaffe Arbeitsplätze in den Zielgebieten.

Eines sei aber besonders wichtig: "Es muss für alle, sowohl für die Bevölkerung als auch die Reisenden, ein ausgewogenes Verhältnis erreicht werden. Die Bevölkerung muss hierbei mitgenommen werden – die Vorteile durch Tourismus müssen die Nachteile überwiegen. Vor allem die Destinationen müssen hier steuernd und oder regulierend mitwirken – mit digitaler Besucherlenkung oder Zugangsbeschränkungen."

Und dabei, so der DRV, unterstützten die Reiseveranstalter sie seit geraumer Zeit.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 25. April 2024 | 06:50 Uhr

6 Kommentare

kleinerfrontkaempfer vor 1 Wochen

Wiedermal der MARKT.
Wem sollte man sonst zum Sündenbock machen!?
Inzwischen weiß man ja den Markt gibt es nicht. Der Markt wird gemacht, manipuliert genutzt von.....Menschen.
So auch hier.
Dem Beitragsverfasser ist entgangen der Stadt Venedig geht es "offiziell" um die Regulierung. Abschrecken wird es nicht und die Besucherströme ordnen.
In Wirklichkeit will man GELD verdienen.
Einmal mit dem Eintrittspreis. Spätere Erhöhungen selbstverständlich. Und man erhebt DATEN!
Und Daten sind heute viel Geld wert. Damit ist so richtig die Kasse am klingeln.

MikeS vor 1 Wochen

Wenn man beobachtet, wie sich einige Touristen dort bewegen, dann begrüße ich das. Auch vor allem im Hinblick auf die unzähligen, unseligen Kreuzfahrtdampfer, die dort n.m.M. nichts zu suchen haben ...

dimehl vor 1 Wochen

5 € sind zu wenig, um die gewünschte Steuerungswirkung zu erreichen.
Die Einnahmen können höchstens im Interesse der Einwohner Venedigs eingesetzt werden.
Helfen könnte gegen die Probleme nur eine Kontigentierung, z. Bsp. Festlegung einer bestimmten Zahl Tagestouristen / vorhandener Übernachtungsmöglichkeiten.
Oder eine stark erhöhte Tagesgebühr (50 € aufwärts) / eine starke Verteuerung aller touristischen Leistungen, so das sich ein erheblicher Teil der Touristen den Besuch der Stadt einfach nicht mehr leisten kann.
Tourismus als Massentourismus für Alle funktioniert nicht nur in Venedig nicht.
Es gilt auch hier:
wenn etwas für Alle möglich sein soll, gibt es massive Probleme / ist es nicht realisierbar.

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