1. Rammsteinkonzert 2024 in Dresden ca. 50.000 Menschen besuchten das erste von 4 Konzerten.
Das erste Rammsteinkonzert haben am Mittwoch etwa 50.000 Menschen besucht. Insgesamt werden knapp 200.000 Fans bei den vier Konzerten der Hardrock-Band erwartet. Bildrechte: IMAGO / Max Gaertner

Open Air Rammstein-Konzert in Dresden - heiße Vorfreude und Kritik

17. Mai 2024, 10:21 Uhr

Dresden ist für fünf Tage Mekka für Rammstein-Fans. Bei ihrem ersten Konzert am Mittwoch heizte die weltberühmte Skandalband um Sänger Till Lindemann ihrem Publikum ordentlich ein. Für manche steht die spektakuläre Show im Vordergrund, andere finden kritische Worte: etwa Fragen der Sicherheit auf dem Konzertgelände.

An der Yenidze hämmert Rammstein aus den Boxen. Mit seiner rauen, harten Stimme bringt Till Lindemann seine Fans schon Stunden vor Konzertbeginn in Rage. So auch Willi Kraußer und Jette Mann aus Südthüringen. "Ich freue mich riesig. Ich höre die Musik schon sehr lange und habe das Konzert von meiner Freundin geschenkt bekommen" sagt Willy Kraußer. Der 25-Jährige lächelt Freundin Jette an.

Sie sei etwas aufgeregt, weil es ihr erstes Rammstein-Konzert ist. "Ich bin ein kleiner Schisser wegen der vielen Menschenmassen, die aufeinander drängen", sagt die 21-Jährige. Aber sie sei gespannt auf das Konzert mit Frontsänger Till Lindemann. Er und seine Band sind für ihre kontroversen Songs und provokanten Musikvideos bekannt. Vergangenes Jahr hatten mehrere Frauen gegen Lindemann, aber auch andere Bandmitglieder, den Vorwurf des sexuellen Missbrauchs erhoben. Wegen fehlender Beweise wurden die Ermittlungen gegen den 61-Jährigen eingestellt.

Zum Konzertauftakt von Rammstein in Dresden haben NDR und Süddeutsche Zeitung den Podcast "Rammstein – Row Zero" veröffentlicht. Darin geht es um die Geschichte junger Frauen, die in das angebliche Sex-Rekrutierungssystem des Weltstars Till Lindemann geraten sein sollen.

Musik genießen, nicht den Sänger beurteilen

Spielen die Vorwürfe wegen sexuellen Missbrauchs gegen Lindemann für Jette Mann eine Rolle? "Ich gehe auf das Konzert, weil ich die Musik mag. Was der Mensch macht, kann ich nicht beurteilen. Es kann viel gesagt werden", sagt sie. Was stimmt, könne sie nicht wissen.

Was der Mensch macht, kann ich nicht beurteilen. Es kann viel gesagt werden.

Jette Mann ist das erste Mal auf einem Rammstein-Konzert

Mehr als 50.000 Gäste und viele Sprachen

Eine dicke Menschentraube zieht sich am Ostragehege in Richtung Konzertgelände. Dabei sind es noch drei Stunden bis Rammstein los dröhnt. Am Ende des Tages werden auf der Festwiese Rinne mehr als 50.000 Hardrock-Begeisterte feiern. Unter den Fans herrscht lockere, entspannte Stimmung. Einige sagen, dass es unter den Rammstein-Fans immer freundschaftlich zugeht. Sie kommen von überall. Man hört tiefstes Sächsisch, Bayrisch oder Pfälzisch, aber auch Spanisch, Ukrainisch oder Französisch. Sie alle erwarten ein heißes Konzert.

Mit zwiespältigem Gefühl aufs Konzert

Auch Mandy und Romy aus Aue. Beide posieren gerade für ein Foto, dass eine Freundin von ihnen macht. Die Parkplatzsuche sei etwas abenteuerlich gewesen, sagt Romy und lacht: "Wir wussten nicht, dass man den Parkplatz früher buchen muss. Wir haben ein bisschen schnappab einen Parkplatz gefunden. Das Auto steht hoffentlich noch, wenn wir ankommen."

Zwei Frauen schauen in die Kamera.
Mandy (links) und Romy aus Aue sind wegen der spektakulären Bühnenshow zum Rammstein-Konzert nach Dresden gekommen. Bildrechte: MDR/Philipp Brendel

Die drei Freundinnen seien schon lange Rammstein-Fans, erzählt Romy. "Die Bühnenshow ist unheimlich spektakulär, was man auf anderen Konzerten so nicht bekommt. Das bleibt lange im Gedächtnis", sagt die 26-Jährige. Die Musik gefalle zwar nicht jedem, die Texte seien aber mutig. "Rammstein spricht Verschiedenes auf eine unheimliche, brutale Weise an", erklärt Romy.

Rammstein spricht Verschiedenes auf eine unheimliche, brutale Weise an.

Romy findet die Texte von Rammstein mutig

Gehen sie und ihre Freundinnen mit einem zwiespältigen Gefühl wegen der Missbrauchsvorwürfe aus dem vergangenem Jahr auf das Konzert? Romy nickt kurz nachdenklich. Ihr ist anzumerken, dass das Thema ihr unangenehm ist. Dann sagt sie: "Ja! Wir haben das Thema auf der Hinfahrt diskutiert, möchten dazu aber eigentlich gar nichts sagen." Da die Band nur bedingt zu den Vorwürfen Stellung bezogen habe, wolle sie sich kein Urteil erlauben. "Haben wir das Recht, uns als Otto-Normalbürger auf eine Seite zu stellen?".

Feiern steht im Vordergrund

Viele Menschen stauen sich mittlerweile vor den Einlasszelten zum Konzertgelände. Es geht relativ zügig voran. Ein Mann schiebt einen anderen im Rollstuhl. "Rammstein habe ich schon in meiner Kindheit mit meinem großen Bruder und Vater gehört", erzählt Paul Vogt. Die Musik und Texte haben für ihn etwas Poetisches, sagt der 23-Jährige. "Ich versuche mir nichts daraus zu machen, was rund um die Musik passiert. Mich interessiert nicht, was Till Lindemann privat macht."

Ein Mann im Rollstuhl und ein anderer Mann lachen in die Kamera.
Paul Vogt (links) und Niklas Kothe freuen sich auf eine geniale Show. Alles andere sei Nebensache. Bildrechte: MDR/Philipp Brendel

Niklas Kothe nickt. Die Band sei etwa durch ihre Musikvideos für Skandale bekannt, sagt der 23-Jährige. "Rammstein versucht zu schocken und Skandale zu machen. Es ist eine Form von Kunst, um Aufruhr zu produzieren", sagt Kothe. Für den Rock- und Metalfan gehe es heute um was ganz anderes: "Die Stimmung ist mega. Rammstein steht für geniale Shows. Darauf freue ich mich."

Blutige Hommage an Rammstein-Song

Ähnlich sieht das auch Linda Kunat. Die Görlitzerin trägt zusammen mit ihrem Mann Maik und Freundin Verena einen Rammstein-Skandal am eigenen Leib. Ihre Fleischer-Outfits mit blutroten Farbflecken habe ihre Mutter aus einem Bettlaken und einer Tischdecke genäht und soll eine Hommage an den Rammstein-Song "Mein Teil" sein. "Ich finde das Lied so geil. Till Lindemann hatte auch so eine Schürze an, die wollte ich auch haben. Das ist Eins zu Eins Lindemann - nur in Billigvariante" sagt die 36-Jährige und lacht. Sie sei bereits auf sechs Konzerten gewesen.

Zwei Frauen und ein Mann mit Schürzen mit roter Farbe. schauen in die Kamera.
Verena Betzing, Linda Kunat und Maik Schneider (v.l.n.r.) mit ihrer Hommage an den Rammstein-Song "Mein Teil". Frontsänger Till Lindemann tritt auf Konzerten in einem ähnlichen Outfit auf. Bildrechte: MDR/Philipp Brendel

Nun stehen alle vier Rammstein-Konzerte in Dresden für die Drei im Fleischer-Outfit auf dem Programm. Jedes Konzert sei anders, erinnert sich Kunat: "Vergangenes Jahr in Berlin gab es einen epischen Moment, als es regnete und der Song 'Engel' kam." Frontsänger Lindemann verteidigt sie. Sei etwas an den Vorwürfen dran gewesen, wäre auch mehr dazu herausgekommen. "Man muss das Leben nicht ernst nehmen, sondern einfach provokativ sein. Ich nehme das nicht an, was er singt, finde es aber trotzdem cool und feiere es." Dann bricht das Fleischer-Trio zur Konzertwiese auf. Nur noch wenige Minuten bis zum Konzert.

Dem Konzert vom Zaun aus hören

Die Musik hämmert laut. Till Lindemanns Stimme ist verzerrt, die Rammstein-Klassiker "Engel", "Sonne" und "Du hast" sind aber noch deutlich bis an die Sportplätze am Ostragehege zu hören. Hier haben es sich einige Fans auf Picknickdecken gemütlich gemacht. Die Bühne ist mehrere hundert Meter entfernt, näher kommt man wegen der Absperrungen nicht.

Einige Frauen und Männer sitzen auf einem Hang.
Das Konzertgelände zu den Rammstein-Konzerten ist weiträumig abgesperrt. Einige haben trotzdem dem ersten Konzert vom Zaun aus gelauscht. Bildrechte: MDR/Philipp Brendel

Immer wieder schlagen Flammen zwischen den Bäumen am Elberadweg in die Höhe. Dann knallt wieder Feuerwerk laut auf. Manche von den Zuhörern haben keine der begehrten Konzertkarten mehr bekommen, andere genießen einfach die ferne Musikkulisse wie Martha, Jette, Chiara, Sam und Lilli. Die Freundesgruppe feiert zusammen ihren Abi-Abschluss.

Ein junger Mann schaut ernst in die Kamera.
Sam hat sich bewusst dagegen entschieden, zu einem der Rammstein-Konzerte in Dresden zu gehen. Er will die Band nicht mehr finanziell unterstützen. Bildrechte: MDR/Philipp Brendel

Ich wollte die Band nicht mehr finanziell unterstützen.

Sam Rammstein-Fan aus Dresden

Sam wäre gerne wieder zum Konzert gegangen. "Aber ich habe mich bewusst wegen der Vorwürfe wegen sexuellem Missbrauch dagegen entschieden", sagt der Abiturient. Für den eingefleischten Rammstein-Fan sei das eine schwere Entscheidung gewesen. Er sei zuvor auf einigen Rammstein-Konzerten gewesen. "Ich wollte die Band aber nicht mehr finanziell unterstützen", sagt Sam.

Kritik von einigen Fans: Nur zwei Ausgänge für Konzertbesucher

Wie auch immer die Fans zu diesem Thema stehen, nach dem ersten Konzert in Dresden sind sich sehr viele einig: das war wieder eine spektakuläre Show. Dennoch meldeten sich einige Fans nach dem Konzert bei MDR SACHSEN, die sich kritisch darüber äußerten, dass es nur zwei Ausgänge gab. Es habe bis zu einer Stunde gedauert, von dem Gelände zu kommen.

1. Rammsteinkonzert 2024 in Dresden ca. 50.000 Menschen besuchten das erste von 4 Konzerten. 3 min
Bildrechte: IMAGO / Max Gaertner

Einige äußerten sich besorgt aufgrund der Massen, die über die Ausgänge drängten. So schrieb Johannes aus Dresden an MDR SACHSEN: "Der schmale Ausgang hat bei mir unweigerlich Assoziationen an die Loveparade 2010 geweckt. Auf der einen Seite Bauzäune, auf der anderen Seite die eingezäunten Trainingsgelände des Ostrageheges - bei einer Massenpanik wäre es ganz übel ausgegangen. Ich war froh, als ich endlich raus war."

Viele Menschen gehen nach einem Konzert zur Straßenbahn.
Wegen des Andrangs waren einige Straßenbahnen am Mittwochabend überfüllt. Bildrechte: MDR/Philipp Brendel

Auf Anfrage von MDR SACHSEN teilen der Veranstalter und die Stadt Dresden mit, dass das Sicherheitskonzept für das Konzertgelände auf seine Eignung geprüft wurde. Aktuell würde das Konzept überarbeitet: "Das Konzept wird derzeit optimiert und in einer Sicherheitsberatung mit den involvierten Ämtern und Behörden besprochen."

Viele Menschen laufen nach einem Konzert über eine Straße.
Am Ende des ersten Rammstein-Konzerts in Dresden am Mittwoch laufen Tausende Fans über das Ostragehege in die Innenstadt, um zu Bahnhöfen und Hotels zu kommen. Bildrechte: MDR/Philipp Brendel

MDR (phb/kbe)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 15. Mai 2024 | 19:00 Uhr

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