Die Gäste im Fakt-ist-Studio 75 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Fakt ist! MDR Wahl-Arena: Kürzere Wege in der Landwirtschaft für mehr Tierwohl gefordert

16. Mai 2024, 15:14 Uhr

Europawahl-Kandidaten mehrerer Parteien haben sich in der MDR Wahl-Arena für kürzere Produktionswege in der Landwirtschaft ausgesprochen, um Tierleid zu reduzieren. Sie kritisieren die aktuellen EU-Regelungen und fordern angepasste Subventionen, um kleine Betriebe zu unterstützen.

In der FAKT IST! Wahl-Arena in Magdeburg haben sich mehrere Europawahl-Kandidaten für kürzere Produktionswege in der Landwirtschaft ausgesprochen.

Politiker: Kürzere Wege sind der Schlüssel

Andreas Glück
Andreas Glück (FDP): "Tiertransport bedeutet Tierleid." Bildrechte: Andreas Glück

Der FDP-Abgeordnete des Europaparlaments, Andreas Glück, sagte, es brauche die Möglichkeit, dass Tiere lokal geschlachtet und nicht lange Strecken bis zum nächsten Schlachthof transportiert werden: "Tiertransport bedeutet zu einem großen Teil eben dann doch Tierleid." Auf Bundes- und EU-Ebene seien die Regularien zum Schlachten immer härter geworden, um für mehr Tierwohl zu sorgen. Durch die langen Transportwege sei aber das Gegenteil entstanden, so der FDP-Kandidat.

EU-Abgeordnete Marion Walsmann
Auch Marion Walsmann (CDU) wären kurze Wege bei der Schlachtung lieber. Bildrechte: picture alliance/dpa | Michael Reichel

Marion Walsmann, CDU-Europaabgeordnete und Kandidatin aus Thüringen, befürwortet ebenfalls kurze Wege. "Unlängst war es das Problem der Weideschlachtung. Gerade kleinere Viehwirte, die eine kleine Rinderherde haben, sagen, es ist viel stressfreier für die Tiere." Eine Schlachtung mit kurzen Wegen sei möglich, bisher "führe da aber kein Weg rein".

Tiemo Wölken bei einer Plenartagung.
Tiemo Wölken (SPD) warnt vor zu strengen Vorgaben. Bildrechte: IMAGO/Future Image

Auch der SPD-Europaparlamentsabgeordnete Tiemo Wölken, der für das westliche Niedersachsen als Kandidat gesetzt ist, spricht sich gegen zu hohe Vorgaben für die Tierschlachtung aus. In dem Zusammenhang warnt er auch davor, die Standards insbesondere bei der Schweineproduktion auf Bundesebene zu entscheiden. Wenn zum Beispiel in Deutschland die Standards höher sind als im europäischen Ausland, dann könne es passieren, dass die Produktion ins Ausland gehe und die Transporte dann wieder zurückgebracht würden.

Der zukünftige EU-Abgeordnete Niklas Nienaß (Bündnis 90/Die Grünen)
Niklas Nienaß (Grüne) sieht bei den Transportwegen vor allem kleine Betriebe benachteiligt. Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Frank Pfaff

Niklas Nienaß, der Grünen-Europaabgeordnete, erklärte in der Sendung, dass lange Wege gerade für kleine Betriebe eine finanzielle Belastung darstellen würden. Die Anfahrtskosten für einen Tierarzt zur Fleischbeschauung würden bei großen und kleinen Betrieben die gleichen sein. Nur bei den kleinen Betrieben würde sich aufgrund der geringeren Produktionsmenge stärker bemerkbar machen, wenn die Kosten auf die Produkte umgelegt werden.

Nienaß weiter: "Und das ist eben das Problem, dass wir viele Regeln haben, die gut funktionieren, wenn sie ein sehr großer Betrieb sind, aber nicht gut funktionieren oder wesentlich teurer sind, wenn sie ein sehr kleiner Betrieb sind." Er spricht sich dafür aus, dass für kleinere Betriebe andere Regeln gelten müssten und zusätzliche Unterstützungen und Pilotprojekte, wie Fleischbeschauungen per Kamera, notwendig seien.

Änderungen bei der Subventionspolitik gefordert

Auch bei den Subventionen haben mehrere Abgeordnete gefordert, die unterschiedlichen Unternehmensgrößen anders zu berücksichtigen. Niklas Nienaß von den Grünen sprach sich gegen die reine Flächenförderung aus. Seine Begründung: "Weil die [Flächenförderung] stupide guckt: Großer Acker, viel Geld – kleiner Acker, wenig Geld." Dabei werde nicht in den Blick genommen, wo die Arbeitskraft investiert werde, wo der gesellschaftliche Auftrag herkomme.

Ein Mann schaut in die Kamera.
René Aust (AfD) spricht sich für individuellere Subventionsmöglichkeiten aus. Bildrechte: Henning Brunckhorst

AfD-Kandidat René Aust ist dafür, das Fördersystem auf eine nationale Ebene zu bringen: "Wir haben in ganz Europa unterschiedliche Voraussetzungen für Agrarwirtschaft: Unterschiedliche klimatische Bedingungen, unterschiedliche Bodenstrukturen." Weil die so unterschiedlich seien, sei es falsch, über ganz Europa ein einheitliches Netz an Förderungsvorschriften und Regularien zu ziehen.

Linken-Politikerin Ines Schwerdtner sieht das Problem vor allem in Kapitaleignern, die große Landwirtschaftsflächen kaufen, diese nicht bewirtschaften, aber trotzdem die Förderung bekommen würden: "Ich würde das verbieten."

Andreas Glück von der FDP befürwortet das sogenannte Performance-Modell. Landwirtinnen und Landwirte sollen aus seiner Sicht ihre Bemühungen für biologische Vielfalt und Klimaschutz vergütet bekommen: "Das funktioniert aber nicht, wenn das rein nur nach einer Flächenprämie gemacht wird."

CDU-Kandidatin Walsmann hält hingegen an der Prämie fest. Diese Direktzahlungen seien gekoppelt mit ökologischen und sozialen Standards. In den aktuellen Förderungen würden auch kleinere Betriebe berücksichtigt.


Im Zusammenhang mit der FAKT IST! Wahl-Arena in Magdeburg ist zudem eine exactly-Reportage "Erschöpft und frustriert - Bauern am Limit?" entstanden.

Eine junge Frau hält ein Mobiltelefon in die Kamera. 29 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

MDR (Anja Höhne, Marvin Kalies, Johanna Daher, André Plaul)

Mehr zum Thema

Dieses Thema im Programm: Fakt ist! - Wahl-Arena | 15. Mai 2024 | 20:45 Uhr

30 Kommentare

Anita L. vor 2 Wochen

Geht auch mit dem Fahrrad oder auf der nächsten Wanderung; was aber spricht denn dagegen, dass die Erzeuger ihre Produkte in die Stadt bringen und diese zum Beispiel im Supermarkt ins Sortiment aufgenommen werden (unser Edeka hat in der Fleischtheke die Produkte aus regionaler Erzeugung gekennzeichnet) oder auf Wochenmärkten oder Ähnlichem verkauft werden?

Thorbjoert vor 2 Wochen

Vielen Dank lieber MDR für eine hervorragende Sendung, in der so viel unterschiedliche Aspekte beleuchtet wurden. Auch dass den betroffenen Bauern wichtiger Platz in der Sendung gegeben wurde, hat mir gefallen. Tatsächlich hat sich die Sendung bereits praktisch positiv ausgewirkt, die "nationalen Korrekturen" der EU-Fördermittelanträge wurden umgehend in Gang gesetzt und Bauern erhalten,nachdem sie in einem extrem komplexen Antrag ein oder mehrere Kreuzchen falsch gesetzt hatten, die ihnen zustehenden Fördermittel nach erstattet. Die Sendung hat also direkte Auswirkungen, wo vorher Anliegen der Bauern ignoriert wurden. Dank auch an Frau Schwerdtner, dass dieses wichtige Thema angesprochen würde, dass mehr und mehr Flächen in Hände von nicht Landwirtschaft betreibenden Besitzern fallen. Dies sollte zukünftig unbedingt unterbunden werden. Einziger Kritikpunkt ist das fehlen einer wesentlichen Partei, welche prognostisch aktuell im Wahlkampf hervorragende Chancen besitzt: Wo war das BSW?

Altlehrer vor 2 Wochen

Ich stelle mir vor, wie sich Millionen von Großstädtern jede Woche in ihre Familienkutschen hieven, zig Kilometer aufs Land fahren und die Hofläden regionaler Erzeuger nach Lebensmitteln abklappern. Gut für die Umwelt und Freizeit? Und die Pendler auf dem flachen Land haben mit hohen Energie- und Wohnkosten zu kämpfen. Da reichts nur für ein Steak von Penny oder Aldi.

Mehr aus Sachsen-Anhalt

 historische Postkarte von Bitterfeld: Kinder spielen in Rohren 5 min
Bildrechte: IMAGO / Arkivi