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MRT-Untersuchung eines Kindes am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig. Bildrechte: Alexander Schmidt/punctum

PsychologieEmpathie: Ab vier Jahren können sich Kinder in andere hineinversetzen

17. Februar 2024, 04:59 Uhr

Leipziger Forscher zeigen mittels Magnetresonanztomografie (MRT), dass Kinder ab dem vierten Lebensjahr die Fähigkeit zur Empathie entwickeln. Die Entwicklung hängt mit spezifischen Hirnverbindungen zusammen.

Menschen können sich in andere Menschen hineinversetzen. Das ermöglicht erst das komplexe Zusammenspiel zwischen Individuen in Gruppen und Gesellschaften. Doch ab entwickeln Kinder diese Fähigkeit zur Empathie? Das wollten Charlotte Grosse Wiesmann und ihr Team am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig wissen. Ihre Erkenntnis: Die Fähigkeit zur Empathie entwickelt sich bei Kindern ab etwa vier Jahren.

Empathie: Erst Vierjährige verstehen, dass andere Menschen anders denken als sie

Empathie – häufig wird auch der Begriff Einfühlungsvermögen verwendet – ist entscheidend für gelungene soziale Beziehungen. Sie dient als Antrieb, anderen zu helfen und sich moralisch zu verhalten, ermöglicht es, Konflikte zu vermeiden oder zu lösen. Wie die Leipziger Forscher und Forscherinnen mithilfe von Untersuchungen im MRT zeigen können, hängt die Fähigkeit zur Empathie mit der Hirnstruktur zusammen.

Experimente mit Kindern im MRTUm die Daten für die Studien zu gewinnen, müssen die Kinder im MRT untersucht werden. Wer selbst einmal eine Untersuchung in einer der großen, lauten Röhren mitgemacht hat, weiß, dass das durchaus unangenehm sein kann. Wie aber bereitet man Kinder darauf vor? Grosse Wiesmann und ihr Team haben sich dafür ein paar Tricks zunutze gemacht.
Zum einen können die Kinder in einem Spiel-MRT-Gerät schon vor der eigentlichen Untersuchung mit einer Puppe üben oder sich auch selbst in das Gerät legen. Außerdem können die Kinder im Max-Planck-Institut mit einer Videobrille und Kopfhörern Filme anschauen, während sie untersucht werden. Die Probandin Lina zum Beispiel hat, während sie Bob der Baumeister geschaut hat, nichts von dem Lärm um sie herum mitbekommen.

Kinder gehen bis zum vierten Lebensjahr davon aus, dass andere Kinder genau die gleichen Gedanken haben wie sie selbst, sagt die Forscherin Charlotte Grosse Wiesmann. Erst danach seien sie in der Lage, sich in die Perspektive von anderen hineinversetzen zu können.Dies hänge zusammen mit der Entwicklung von einer bestimmten Hirnverbindung zwischen hinteren Regionen im Gehirn und vorderen Regionen. "Sobald die Kommunikation durch diese Nervenfaserverbindungen zwischen den beiden Regionen möglich ist, dann entwickelt sich diese Fähigkeit bei den Kindern, sich in die Perspektive von anderen hineinzuversetzen", erklärt die Wissenschaftlerin.

Welchen Einfluss hat die Umwelt auf die Entwicklung der Hirnstruktur?

Die Forschenden konzentrierten sich außerdem auf die frühkindliche Entwicklung des Gehirns und deren Auswirkungen auf die Sprachentwicklung und soziale Fähigkeiten. Der Fokus liegt vor allem darauf, wie Kinder in den ersten Jahren Worte verstehen können, aber auch wie sie selbst Wörter kombinieren. Zudem wird untersucht, wie soziale Interaktionen und insbesondere Bücher lesen sich auf die frühe Sprachentwicklung auswirken und damit auch auf die Hirnstruktur.

Die Untersuchung des Gehirns in den ersten Lebensjahren ermöglicht es Grosse Wiesmann und ihrem Team außerdem, die Bedeutung von Umwelteinflüssen auf die Hirnentwicklung zu untersuchen, vorwiegend in Bezug auf die Neuroplastizität des Gehirns in dieser entscheidenden Phase. Diese Erkenntnisse in der aktuellen Forschung seien ein wichtiger Meilenstein, so Grosse Wiesmann.

NeuroplastizitätBei der Erforschung des Gehirns stellen Wissenschaftler immer wieder erstaunt fest, wie flexibel unser zentrales Nervensystem ist. Bei einem Schlaganfallpatienten kann zum Beispiel der Bereich ausfallen, der bisher die Sprache gesteuert hat. Der Patient kann diese Fähigkeit aber mit anderen Bereichen seines Gehirns neu lernen. Dieses Phänomen nennt man auch neuronale Plastizität oder häufig auch Neuroplastizität.

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