Handwerkerrechnung mit dem neuen Mehrwertsteuersatz in Höhe von sechszehn Prozent.
Eine Rechnung vom Handwerker kann schnell mehrere hundert Euro hoch sein. Bildrechte: imago images/U. J. Alexander

Verbraucherschutz Worauf bei Handwerkerrechnungen geachtet werden sollte

12. September 2023, 05:00 Uhr

Wer sich einen Handwerker nach Hause bestellt oder das Auto in die Werkstatt bringt, muss oft tief in die Tasche greifen. Dabei sind sich viele unsicher, ab wann die Kosten zu hoch ausfallen und wie sie in einer solchen Situation am besten reagieren. Claudia Neumerkel ist Rechtsreferentin bei der Verbraucherzentrale Sachsen und beantwortet einige wichtige Fragen, worauf bei Handwerkeraufträgen, Rechnungen und der Abnahme der Arbeit geachtet werden sollte.

Einige Handwerkerrechnungen fallen immer mal wieder höher aus, als zunächst gedacht. Lässt der Gesetzgeber zu viel Spielraum?

Claudia Neumerkel: Die gesetzlichen Regelungen sind nicht ursächlich für Konflikte bei Handwerkeraufträgen. Vielmehr ist einer unzureichenden Kommunikation zwischen Verbraucher und Unternehmer geschuldet, dass es zu Problemen kommt. Und zudem sind die allermeisten Verbraucher blutige Laien in der beauftragten Fachmaterie. Zum Beispiel kennen sich die wenigsten mit Kfz-Reparaturen oder mit Fliesenlegerarbeiten aus. Man begibt sich demnach vollständig in die Hand des Werkunternehmers. Und nicht zu vergessen, kann es immer zu unvorhersehbaren, fachlichen Problemen kommen: Der Untergrund des Bauwerks gestaltet sich schwieriger, als erwartet oder die Wände sind aus einem anderen Material, et cetera. Dann liegt es in der Natur der Sache, dass es zu Konflikten kommen kann, wenn sich die Rechnung erhöht oder der Auftrag bis zur Vollendung deutlich länger andauert.

Reicht es, schriftlich festzuhalten, welche Leistung zu erbringen ist?

Claudia Neumerkel: An den wichtigsten Schritt, die Vertragsgrundlage schriftlich zu vereinbaren, ist in dem Fall gedacht. Schwierig wird es immer dann, wenn lediglich mündliche Absprachen getätigt werden. Daher gilt, den Auftrag so genau wie möglich zu erteilen. Verbindliche Regelungen über den Umfang, den Ausführungstermin sowie die Vergütung geben beiden Vertragsparteien Sicherheit. Bei Absprachen vor Ort sollte am besten dafür gesorgt werden, dass ein eigener Zeuge dabei ist.

Frau mit schwarzem Oberteil
Claudia Neumerkel ist Rechtsreferentin bei der Verbraucherzentrale Sachsen. Bildrechte: Verbraucherzentrale Sachsen e.V.

Wie erfährt man den örtlich üblichen Stundenlohn für einen Handwerker?

Claudia Neumerkel: Hier hilft für den ersten Überblick die Internet-Recherche. Regional übliche Preise kann man womöglich auch bei der Handwerkskammer oder bei Innungen erfragen. Und letztlich lohnt sich der Vergleich, wenn mehrere Kostenvorschläge eingeholt werden

Ab wann beginnt Wucher – auch in Bezug auf Notdienste?

Claudia Neumerkel: Im Zivilrecht wird dann von Wucher gesprochen, wenn Leistung und Gegenleistung auffällig weit auseinander liegen. Das ist meist dann der Fall, wenn der geforderte Preis mindestens doppelt so hoch ist wie der übliche Marktpreis. Der übliche Marktpreis kann zum Beispiel bei Schlüsselnotdiensten regional sehr unterschiedlich sein.

Juristisch gesehen ist aber noch etwas erforderlich: Der Anbieter muss außerdem eine Notsituation ausnutzen. Das könnte zum Beispiel der Fall sein, wenn ein Wespennest dringend entfernt werden muss oder die Wohnungstür am späten Abend ins Schloss gefallen ist. Letztlich lässt sich jedoch nicht pauschal sagen, wann es sich bei einem Angebot um Wucher handelt. Jeder Einzelfall muss juristisch geprüft werden. Erschwerend kommt für Verbraucher hinzu, dass sie das Vorliegen der Voraussetzungen für den Wucher darlegen und auch beweisen müssen. Und genau das ist nicht einfach.

Muss ein Notdienst immer direkt vor Ort bezahlt werden?  

Claudia Neumerkel: Bei Problemen mit Notdiensten oder unseriösen Handlungen, wenn man sich unter Druck gesetzt fühlt oder die Rechnung plötzlich richtig hoch ausfällt, sollte man nicht direkt vor Ort bezahlen. Sofern die Arbeiten jedoch zur Zufriedenheit verrichtet wurden und der Preis dem marktüblichen entspricht, kann und sollte selbstredend gezahlt werden.

Wann kann ein Handwerker einen höheren Preis verlangen? Muss er das angekündigt haben?

Claudia Neumerkel: Stellt sich heraus, dass die veranschlagten Kosten wesentlich höher werden, weil zum Beispiel andere, nicht vorhersehbare Zwischenschritte für eine Fertigstellung zwingend hinzukommen, muss der Handwerker dies dem Auftraggeber unverzüglich mitteilen. Die Grenze liegt bei einer Steigerung von mehr als 15 bis 20 Prozent gegenüber den veranschlagten Kosten. Auftraggeber können den Werkvertrag dann zwar deswegen kündigen, müssen jedoch vereinbarte, bereits erbrachte Teilleistungen bezahlen. Wer dies vermeiden möchte, sollte einen Festpreis vereinbaren. Dieser darf dann nicht überschritten werden.

Wer sichergehen will, sollte einen Festpreis vereinbaren. Dieser darf dann nicht überschritten werden.

Claudia Neumerkel, Rechtsreferentin Verbraucherzentrale Sachsen

Oft zeigt sich erst nach Arbeitsbeginn, dass weitere, umfangreichere Arbeiten nötig sein werden, als bei Erstellung des Kostenvoranschlags oder Ermittlung des Festpreises angenommen. Wird die Durchführung dieser zusätzlichen Arbeiten vereinbart, stellt dies eine Auftragsänderung dar. Das führt zu Kosten, die über den Kostenvoranschlag beziehungsweise Festpreis hinausgehen.

Der Handwerker kündigt an, dass die Kosten höher ausfallen, weil sich die Arbeiten schwieriger gestalten. Was kann man tun?

Claudia Neumerkel: Dann sollte der Auftraggeber kündigen, sofern sich eine günstigere Variante für die Beendigung des Werkes nicht finden lässt oder keine Einigung darüber erfolgen kann. Der Auftraggeber hat dann die Möglichkeit, einen günstigeren anderen Anbieter zu finden.

Können Aufftraggeber, die ein Abnahmeprotokoll unterzeichnet haben, tatsächlich nur noch bei sogenannten verdeckten Schäden eine Nachbesserung oder einen Preisnachlass verlangen?

Claudia Neumerkel: Das mit den versteckten Mängeln ist nicht ganz richtig. Denn ein Mangel ist ein Mangel. Nur kippt die Beweislast, dass ein Mangel vorliegt, nach der Abnahme auf den Besteller – also den Verbraucher. Und einen solchen Beweis zu erbringen, ist oftmals nicht einfach und nur mithilfe von Sachverständigen zu führen.

In einer Autowerkstatt liegen Rad und Stoßdämpfer ausgebaut auf dem Boden.
Auch bei Autoreperaturen – wie dem Einbauen von neuen Stoßdämpfern – kommt es auf die genaue Absprache zwischen Kunde und Handwerker an. Bildrechte: IMAGO / CTK Photo

Denn die Mangelhaftigkeit hängt in erster Linie von den Vereinbarungen und den gemeinsamen Vorstellungen der Parteien bei Vertragsschluss ab. Im Reparatur- und Wartungsbereich bezieht sich die Beschaffenheitsvereinbarung regelmäßig auf die Eignung und Verwendbarkeit des Werkes, auf seine Qualität oder technische Beschaffenheit. Zum Beispiel kann jemand vereinbaren, dass neue, geeignete Stoßdämpfer eingebaut werden. Er kann aber auch vereinbaren, dass neue Stoßdämpfer einer bestimmten Firma eingebaut werden sollen. Stellt sich im letzten Beispiel heraus, dass nicht diese, sondern andere Stoßdämpfer verwendet wurden, ist das Werk mangelhaft. Stellt sich im ersten Beispiel heraus, dass die Stoßdämpfer nicht ordnungsgemäß eingebaut wurden und nicht gebrauchstüchtig sind, liegt ebenfalls ein Mangel vor. Auch wenn gebrauchte, noch gebrauchstüchtige Stoßdämpfer eingebaut wurden, ist das Werk mangelhaft. Die Fallgestaltungen können so vielfältig sein, aber das obere Beispiel zeigt, dass es umso wichtiger ist, schriftliche Vereinbarungen bei Auftragsvergabe zu machen.

Die Fallgestaltungen können vielfältig sein, umso wichtiger ist es, schriftliche Vereinbarungen bei Auftragsvergabe zu machen.

Claudia Neumerkel, Rechtsreferentin Verbraucherzentrale Sachsen

Es ist daher wichtig zu wissen, dass eine Abnahme rechtlich gesehen bedeutet, dass die Leistung als grundsätzlich vertragsgemäß akzeptiert wird. Demnach sollten Verbraucher das fertige Werk ausgiebig prüfen. Wenn das Ergebnis nicht zufriedenstellt, darf die Abnahme wegen wesentlicher Mängel verweigert werden. Kleine Abweichungen müssen allerdings hingenommen werden. Nach der Abnahme hat der Handwerker Anspruch auf seinen Lohn.

Mängel muss ein Handwerker im Rahmen der gesetzlichen Gewährleistung beseitigen. Dazu sollte dieser schriftlich und unter Fristsetzung von ein bis zwei Wochen aufgefordert werden. Mängel sollten am besten schriftlich und auch per Foto dokumentiert werden. Bis zur Mangelbeseitigung darf ein Teil des fälligen Rechnungsbetrags zurückbehalten werden, so urteilte zum Beispiel das Landgericht Krefeld (Urt. v. 30.12.2016 – 5 O 313/13). Es handelt sich dabei um etwa das Doppelte dessen, was die Mängelbehebung voraussichtlich kostet. Gewährleistungsansprüche können grundsätzlich ab der Abnahme bei Reparaturarbeiten oder der Herstellung neuer Sachen zwei Jahre lang geltend gemacht werden. Bei mangelhaften Arbeiten am Bauwerk beträgt die Verjährungsfrist fünf Jahre.

Kunden, die einen Handwerker rufen, fehlt es oft an Fachkenntnis. Wie oft, schätzen Sie, werden "verdeckte Mängel" bemerkt?

Claudia Neumerkel: Das lässt sich nicht so beantworten, wie Sie eventuell wünschen. Dass aber Unternehmer schlampige oder fehlerhafte Arbeiten verrichtet haben, zeigt sich relativ häufig, so unsere Schätzung anhand der Beratungszahlen. Nur ist es nicht in jedem Fall einfach zu beweisen. Und es kann natürlich auch andere Ursachen für Schadensbilder geben, welche den Unternehmer aus der Gewährleistungshaftung ziehen.

Werden nach abgeschlossener Arbeit Mängel entdeckt, kann ein Teil der veranschlagten Kosten einbehalten werden. In welcher Höhe ist das möglich?

Claudia Neumerkel: Hier hilft für den ersten Überblick die Internet-Recherche. Derartige Kostenrahmen können womöglich auch bei der Handwerkskammer oder bei Innungen erfragt werden. Und letztlich lohnt sich der Vergleich, wenn mehrere Kostenvorschläge für die die notwendige Mangelbehebung bei anderen Firmen eingeholt werden.

Angenommen die einbehaltene Summe übersteigt durch die – von Ihnen oben erwähnte – Doppelung die ursprünglich ausgemachten Kosten. Wie ist dann die Situation?

Claudia Neumerkel: Die Dopplung darf einbehalten werden, weil dies zum einen gewissen Druck auf den Unternehmer ausüben soll, die Arbeit mangelfrei zu beenden und zum anderen, weil nicht in jedem Fall ganz klar ist, was diese spezifischen Arbeiten kosten werden.

Wenn die Arbeit mangelfrei fertig gestellt wurde und der Verbraucher plötzlich eine höhere Rechnung erhält, gilt grundsätzlich das oben Gesagte zu Kostenerhöhungen, denn bis zur Abnahme ist der Vertrag nicht erfüllt. Beispiel: Falsche Stoßdämpfer wurden eingebaut, was vor Abnahme auffällt, dann trägt der Unternehmer alle Kosten, auch die für den fehlerhaften Einbau und den Ausbau und die Bestellung der falschen Stoßdämpfer, denn dann wurde der Vertrag nicht erfüllt.

Kosten für Nachbesserungen im Rahmen der Gewährleistung trägt ebenfalls der Unternehmer. Beispiel: Falsche Stoßdämpfer eingebaut, fällt erst nach Abnahme – eventuell erst nach sechs Wochen – auf, dann trägt der Unternehmer auch alle Kosten, hier der Gewährleistung, und eventuell sogar Kosten für Mangelfolgeschäden.

Dürfen Handwerker die Kosten erhöhen, wenn die Arbeiten länger dauern als geplant?

Claudia Neumerkel: Wenn Handwerker einen verbindlich fest vereinbarten Fertigstellungstermin nicht einhalten können, geraten sie in Verzug. Schwieriger wird die Lage, wenn keine Termine zur Fertigstellung vereinbart wurden. Verbraucher sollten daher den Fortschritt der Arbeiten regelmäßig im Auge behalten und bei Verzögerungen eine Frist setzen. Auch hier sind ein bis zwei Wochen im Regelfall angemessen. Ärger kann sich erspart werden, wenn für solche Fälle mit dem Handwerksbetrieb eine schriftliche Vertragsstrafe vereinbart wurde, die bei Terminüberschreitung fällig wird.

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MDR (jvo)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Umschau | 12. September 2023 | 20:15 Uhr

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