Eine Bronzestatue der römischen Göttin Justitia mit Waage und Richtschwert in der Hand
Justitia gilt als Symbol der Gerechtigkeit. Bildrechte: picture alliance / dpa | Arne Dedert

Urteile der Woche Hartz-IV-Empfänger haben Anspruch auf Trinkgeld aus Nebenjob

20. August 2022, 05:00 Uhr

Fast täglich werden im Gerichtssaal wichtige Urteile gesprochen, die Einfluss auf unser Leben haben können. MDR AKTUELL präsentiert Ihnen die drei interessantesten dieser Woche in Kurzform.


Hartz-IV-Aufstocker dürfen Trinkgeld in gewissem Rahmen behalten

Bundessozialgericht (Az.: B 7/14 AS 75/20 R)

Monika Mooshammer hat zurzeit keinen festen Job. Um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, erhält sie neben geringem Arbeitslosengeld I auch ergänzendes Hartz IV. Außerdem arbeitet Frau Mooshammer nebenbei gelegentlich in einem Wirtshaus. Dort bekommt sie einen geringen Lohn und etwa 25 Euro Trinkgeld im Monat. Das Jobcenter kürzt ihr deshalb das Arbeitslosengeld II mit der Begründung, Trinkgeld stehe im engen Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit und werde regelmäßig gezahlt. Das sei rechtswidrig, meint Frau Mooshammer.

Am Bundessozialgericht ergeht folgendes Urteil: "Bei Trinkgeldern handelt es sich um eine Zuwendung und nicht um reguläres Erwerbseinkommen, da diese freiwillig gezahlt werden. Die gesetzlichen Bestimmungen sehen vor, dass geringe Zuwendungen nicht beim Arbeitslosengeld II berücksichtigt werden müssen. Hartz-IV-Aufstocker dürfen Trinkgelder aus ihrer Beschäftigung behalten, wenn diese monatlich nicht höher sind als zehn Prozent des Regelbedarfs."

Da das Trinkgeld von 25 Euro diesen Satz nicht übersteigt, darf es Frau Mooshammer ohne Abzüge behalten.


Geringe Körpergröße ist keine Krankheit

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (L 16 KR 183/21)

Kathleen Kleinert leidet unter ihrer Körpergröße. Die junge Frau ist 1,47 m groß und das beeinträchtigt sie unter anderem in ihrer Berufswahl. Eigentlich möchte sie Pilotin werden. Eine Bewerbung für die Ausbildung wurde aber bereits abgelehnt, da der Beruf eine Körpergröße zwischen 1,65 m und 1,98 m voraussetzt. Frau Kleinert sieht nur einen Ausweg – eine Beinverlängerung. Die Kosten dafür beantragt sie bei ihrer Krankenkasse. Diese will aber nicht zahlen und begründet das damit, dass es sich hierbei nicht um eine Krankheit handelt.

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen bestätigt das: "Bei einer Frau ist selbst eine Größe von 1,47 Meter nicht als regelwidriger Körperzustand und damit nicht als Krankheit im Rechtssinne zu bewerten. Alltagsschwierigkeiten kann durch Hilfsmittel begegnet werden, und psychische Beeinträchtigungen sind allein mit therapeutischen Mitteln zu behandeln. Auch die Ablehnung für bestimmte Berufe kann keine Leistungspflicht der Kasse auslösen."

Die Kasse muss in dem Fall also nicht für eine Beinverlängerung zahlen.


Kein Unfallschutz bei firmeninternem Fußballturnier

Bundessozialgericht (Az: B 2 U 8/20 R)

Toralf Torbecke ist begeisterter Hobby-Fußballer. Entsprechend freut er sich, als seine Firma interessierte Mitarbeiter zu einem Fußballturnier einlädt. Bezahlt wird die Veranstaltung aus dem Budget des "betrieblichen Gesundheitsmanagements". Am Ende machen knapp 70 der 1.600 Beschäftigten mit – auch Herr Torbecke. In einem der Spiele stößt er mit einem Gegenspieler zusammen und bricht sich den Schienbeinkopf im rechten Bein. Weil es sich ja um eine betriebliche Veranstaltung handelt, meldet der Angestellte das Ganze als Arbeitsunfall.

Doch die Berufsgenossenschaft Holz und Metall erkennt das nicht an. Zu Recht, meint das Bundessozialgericht: "Auch wenn das betriebliche Gesundheitsmanagement das jährliche Turnier finanziell unterstützt hat, ist es kein Betriebssport gewesen. Eine unfallversicherte Gemeinschaftsveranstaltung muss allen Betriebsangehörigen beziehungsweise allen Angehörigen einer abgrenzbaren Abteilung offenstehen. Das ist hier nicht klar der Fall gewesen."

*Alle Namen wurden von der Redaktion geändert.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 20. August 2022 | 08:24 Uhr

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