Reportage Frust oder Lust auf dem Land?

17. Juli 2023, 10:46 Uhr

Was ist schön daran, wenn es nach Mist riecht und morgens um fünf der Traktor schon fährt? Für die einen scheint es das Paradies zu sein – andere empfinden das Leben auf dem Land als Belastung. Da gibt es den Traum harmonischer Dorfgemeinschaften, dem glückverheißenden Zusammensein der Generationen. Und da gibt es die abgehängten, strukturschwachen Gebiete. Nah dran erzählt Geschichten vom Land.

Einsam? – Partnersuche auf dem Land

Eigentlich ist sie der "ländliche Typ". Sie finde es schön, im Grünen zu sein, sagt Anika. Sie lebt in einem Dorf bei Köthen in Sachsen-Anhalt. Sie steht mitten im Leben, hat ein gutes Einkommen und ist Hausbesitzerin. Aber ihr fehlt ein Mann.Die 46jährige sucht seit vielen Jahren, doch sie wohnt auf dem Land und die Möglichkeiten, einen pozentiellen Partner zu treffen, sind begrenzt. Zumal, wenn man nach einer Person sucht, die auch Christ ist und nach einer ehrlichen Liebe, erklärt sie. Die Einsamkeit belastet Anika. Um ihrem Glück auf die Sprünge zu helfen und meldete sie sich bei der kostenlosen Singlebörse "himmlisch plaudern" an. Mittlerweile sucht Anika nur noch online. 

Eine Frau streichelt ein Schaf
Idyllisches Landleben? Nicht nur. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Ich habe mich bei dieser Plattform angemeldet, weil es mir wichtig war, einen christlichen Partner zu finden. Der Glauben spielt für mich eine große Rolle.

Anika

Abgehängt? – Eine Meininger Initiative hilft Menschen auf dem Land

Eine Ortschaft zwischen bewaldeten Hügeln
Leben im Grünen, aber abgehängt? Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Schwarza in Thüringen liegt idyllisch zwischen den Bächen Lichtenau und Schönau am Südhang des Thüringer Waldes. Meiningen ist nicht weit, Suhl auch nicht. Wer mobil ist, fährt in die Städte oder Gewerbegebiete zum Einkaufen. Wer das nicht mehr kann, muss damit leben, dass es in Schwarza weder Laden noch Post oder Bank gibt. Oder dass der nächste Arzt 30 Kilometer weit weg ist.

Damit hilfsbedürftige Menschen nicht völlig abgeschnitten sind, gründeten Bürger im benachbarten Meiningen eine Nachbarschaftshilfe. Waltraud Maschuk und ihr Mann Siegfried Öser engagieren sich in dem Verein seit drei Jahren. Sie übernehmen Besorgungen, reparieren alte Fahrräder oder Mähen den Rasen. Und oft hören die Ehrenamtlichen auch einfach nur zu. Manchmal braucht es nur ein offenes Ohr, um seinem Nachbarn zu helfen. Darin sieht auch der evangelische Pfarrer Dirk Lehner seine zentrale Aufgabe: Hausbesuche. Seelsorge dort leisten, wo sie benötigt wird.

Ausgestorben? – Wenn die Kinder in die Stadt ziehen

Ein älterer Mann auf einem Fußballplatz
Wolfgang Koch hofft, das eines seiner beiden Kinder nach Edersleben zurückkehrt. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Den Stammbaum seiner Familie kann Wolfgang Koch bis ins 16. Jahrhundert lückenlos zurückverfolgen. Seine Vorfahren lebten, so wie er auch, in Edersleben in Sachsen-Anhalt. Seine Ahnen haben sich mit ihrer Heimat verbunden gefühlt und für den Ort engagiert. Vorbilder für Wolfgang Koch.  Auch er war viele Jahre Bürgermeister. Doch nun scheint der Zweig seiner Familie mit ihm und seiner Frau in Edersleben auszusterben. Aus Mangel an Perspektiven mussten seine Tochter und sein Sohn und die Koffer packen, in der Ferne ihr Glück suchen. Kein Einzelfall. Viele Orte auf dem Land kämpfen gegen die Abwanderung der Jungen. Wolfgang Koch jedoch hat die Hoffnung nicht aufgegeben – wird eines seiner Kinder zurück kommen?

Willkommen? – Wenn Städter aufs Land ziehen

Menschen sitzen in einem Garten
... und eröffnete ein Open-Air-Flammkuchen-Restaurant in Klein Priebus. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Auf dem Land ist das Wohnen oft noch günstig. Ruhe und Landschaft locken gestresste Städter. Also weg aus den überfüllten Metropolen, raus aufs Land? Die, die kommen, wollen nicht nur die Annehmlichkeiten genießen. Sie bringen auch etwas mit. Ideen, Engagement und Hoffnung für Orte und Regionen, in denen es kaum noch jüngere Leute gibt. Da sind zum Beispiel Sybille und Alex Tesch. Viele Jahre jetten Sie um die Welt. Alex arbeitete bei einem großen Konzern in München, Seattle und Neu Dehli. In Kalifornien hat er sich zum Koch ausbilden lassen und in der Lausitz lebt er jetzt seinen Traum: In einem kleinen Ort mit gerade mal 80 Einwohnern eröffnete er ein Open-Air-Restaurant. Doch wie lebt es sich im äußersten Zipfel Sachsens? Und was sagen die Einheimischen zu den Zugezogenen?

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Nah dran | 06. Juni 2019 | 22:35 Uhr