Touristen auf einem Boot beim Wale beobachten.
Ein Lebenstraum für viele: Einmal im Leben Wale sehen! Bildrechte: imago images / Action Pictures

Whale Watching Benzin-Motorboote stören Wale beim Ruhen und Stillen

11. November 2021, 17:00 Uhr

Einmal im Leben einen echten Wal beobachten: Für viele Menschen ist das ein Lebenstraum. Deshalb sind sogenannte Whale Watching-Touren auch extrem beliebt bei Touristen. Das ist auch auf der Kanaren-Insel Teneriffa nicht anders. Doch die vielen neugierigen Menschen stören die Tiere in ihrem natürlichen Lebensraum. Wie kann Walbeobachtung also möglichst schonend ablaufen? Kanarische Forschende raten jetzt: Steigen Sie unbedingt in ein Boot mit möglichst leisem Elektromotor!

Kurzflossen-Grindwale sind faszinierende Tiere: Sie stammen aus der Familie der Delfine, haben einen rundlichen Schädel, eine dunkelgraue bis schwarze Färbung und werden bis zu fünf Meter lang. Einen bedeutenden Bestand dieser Tiere gibt es in den Gewässern vor der Südküste Teneriffas. Und die Grindwale leben dort gar nicht so weit entfernt von der Küste. Ideale Bedingungen also für Touristenboote, sich auf einer Walbeobachtungstour auf die Suche nach ihnen zu machen.

Lärm beeinflusst Walverhalten

Doch die Walbeobachtungsboote dringen natürlich in den Lebensraum der Tiere ein. Welchen Einfluss das auf sie hat, haben bereits zahlreiche Studien untersucht. Deshalb gibt es Regeln, die die Whale Watching-Boote einhalten müssen. Sie müssen unter anderem einen Mindestabstand von 60 Metern einhalten, dürfen sich den Tieren nur von der Seite nähern und der Motor muss abgestellt werden.

Touristen auf einem Boot beim Wale beobachten.
Boote mit Benzinmotoren und zu wenig Abstand stören die Wale vor Teneriffa erheblich. Bildrechte: imago/blickwinkel

Studien haben nämlich auch gezeigt, dass der von Walbeobachtungsschiffen erzeugte Lärm das Verhalten von Walen beeinflussen kann, schreibt ein Forschungsteam der Universität von La Laguna. Doch wie sich der Lärmpegel auf das Verhalten der Wale auswirkt war bisher unklar. Es sei deshalb auch nicht geregelt, wie laut Walbeobachtungsschiffe sein dürfen, schreiben sie in ihrer Publikation im Fachmagazin Scientific Reports.

Mütter stillen ihre Kälber nicht mehr

Das Forschungsteam um Biologin Patricia Arranz von der Universität in La Laguna hat das Verhalten der Kurzflossen-Grindelwale vor der Küste Teneriffas mit Drohnen beobachtet, um herauszufinden, wie die Tiere auf den Motorenlärm reagieren. Dabei haben sie sich auf Paare von Müttern und Kälbern konzentriert: 13 Paare haben sie ohne ein Schiff in der Nähe beobachtet und 23 während welche in der Nähe waren sowohl lautere Whale Watching-Boote mit Benzinmotor und welche mit leiserem Elektromotor. All diese Schiffe haben die Regeln für die Walbeobachtung vor Teneriffa eingehalten, so das Forschungsteam.

Unterwasserfoto vor Teneriffa, Kanarische Inseln, von einer Kurzflossen-Grindwal-Mutter, die ihr Kalb stillt.
Eine Kurzflossen-Grindwal-Mutter stillt ihr Kalb in den Gewässern vor Teneriffa. Bildrechte: Francis Perez

Und trotzdem: Die lauten Schiffsmotoren beeinflussten das Verhalten der Tiere erheblich. Mütter, die in der Nähe eines Boots mit Benzinmotor waren, haben dem Forschungsteam zufolge durchschnittlich 29 Prozent weniger Zeit damit verbracht, sich auszuruhen, und ganze 81 Prozent weniger Zeit damit, ihre Kälber zu stillen. Sie schussfolgern daraus, dass das Benzinmotoren-Geräusch die Tiere erheblich beim Ruhen und Stillen stört. Bei Wal-Paaren dagegen, die sich dem Schiff mit dem leiseren Elektromotor näherten, wurde keine signifikante Verringerung der Ruhe- oder Stillzeit beobachtet. Sie verhielten sich genauso wie die Tiere, bei denen kein Schiff in der Nähe war. Das Forschungsteam vermutet, dass weniger Ruhezeiten und weniger langes Stillen der Kälber den Energieverbrauch der Mütter erhöhen und die Energieaufnahme der Kälber senken könnte. Und das wiederum könnte negative Auswirkungen auf das Überleben der Kälber haben.

Lärmbegrenzung für Whale Watching-Touren

Drohnenbild einer Gruppe Kurzflossen-Grindwale, die sich vor der Küste Teneriffas ausruhen.
Eine Gruppe Kurzflossen-Grindwale ruht vor der Küste Teneriffas. Bildrechte: Patricia Arranz, University of La Laguna

Das kanarische Forchungsteam bilanziert, dass laute Benzinmotoren einen größeren Einfluss auf das Verhalten der Wale vor Teneriffa haben. Das könne selbst dann der Fall sein, wenn die Schiffe sich an die Regeln für die Walbeobachtung halten. Deshalb müssten die angepasst werden, regt das Team an: Der Lärm könne etwa durch maximale Motorlärmpegel in den Walbeobachtungs-Richtlinien minimiert werden zumindest auf ein Level, dass Mütter und Kälber in geringerem Ausmaß stört. Und dann können natürlich auch die Touristen selbst etwas tun, wenn ihnen die Wale am Herzen liegen: Einfach eine Tour mit einem möglichst leisen Schiff mit Elektromotor wählen damit die Erfüllung des Lebenstraums kein Stress für die Meeressäuger wird.

(kie)

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