Ingrid Köppe Das Gesicht der Revolution

12. März 2015, 12:07 Uhr

Dunkles kurzes Haar, klare blaue Augen - Ingrid Köppe ist eine auffällige Erscheinung, als sie am 7. Dezember 1989 als Sprecherin des Neuen Forums am Ersten Runden Tisch der DDR sitzt. Sie ist eines der bekanntesten Gesichter im Herbst 1989. Das Gesicht der Revolution überhaupt, sagen manche.

Bürgerbewegt

Ingrid Köppe, 1958 in Berlin geboren, begann 1976 ein Lehramtsstudium für Russisch und Deutsch, das sie aber noch im gleichen Jahr abbrach – man hatte versucht, Druck auf sie auszuüben, weil sie sich geweigert hatte zu unterschreiben, dass sie die Ausbürgerung Wolf Biermanns begrüßen würde. Von 1978 bis 1981 absolvierte sie ein Bibliotheksstudium an der Fachhochschule in Leipzig und arbeitete später in der Stadtbibliothek Berlin–Weißensee. Auch hier ging sie, als sie nicht mehr nach ihren Vorstellungen arbeiten konnte. Danach war sie Postbotin, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentralinstitut für Bibliothekswesen und Fleurop-Botin. Seit Mitte der 1980er-Jahre engagierte sie sich in der Bürgerbewegung der DDR. Das führte sie zum Neuen Forum und dann an den Runden Tisch. Ein wichtiges Anliegen war ihr die Frage nach dem Umgang mit den Akten des DDR-Geheimdienstes: Sie nahm teil an der Besetzung des Stasi-Gebäudes in Berlin im September 1990 – die Besetzer traten damals in den Hungerstreik und erkämpften so, dass die Unterlagen zur Einsicht und Aufarbeitung aufbewahrt wurden.

Gnadenlos aufrecht

Nach der ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl war sie eine von acht ostdeutschen Abgeordneten für das Bündnis 90/Die Grünen in Bonn. Die ostdeutschen Bürgerrechtler hatten Schwierigkeiten, sich im bundesdeutschen Parlament zurechtzufinden. Ingrid Köppe beschrieb die Arbeit im Bundestag als "Boxring", in dem "Schläge" ausgeteilt werden. "An meiner Meinung ist keiner interessiert", gewann sie den Eindruck. In Bonn saß sie im Untersuchungsausschuss für die kriminellen Machenschaften von Alexander Schalck-Golodkowski und fiel dadurch auf, dass sie die Akten gewissenhaft durcharbeitete und unbequeme Fragen stellte – wie etwa nach der Verstrickung westdeutscher Politiker in die Geschäfte des DDR-Devisenbeschaffers.

Nach vier Jahren als Bundestagsabgeordnete verließ sie die politische Bühne wieder – sie studierte Jura und arbeitet seitdem als Rechtsanwältin im Brandenburger Wriezen. Für sie war dieser Schritt kein Rückzug, sie sagt, ganz im Gegenteil, sie hätte sich wieder "ins Leben hineinbegeben".