Nacht/Außen/Querformat: Außenansicht vom Landestheater Eisenach mit dem angrenzenden Arbeitsgericht in der blauen Stunde.
Die neue Leiterin des Jungen Schauspiels am Landestheater Eisenach, Esther Jurkiewicz, möchte das Theater für neue Formate öffnen. Bildrechte: MDR/Thomas Müller

Bühne Neue Leitung: Landestheater Eisenach möchte Zuschauer mehr einbinden

30. Mai 2023, 15:27 Uhr

Das Junge Schauspiel am Landestheater Eisenach hat eine neue Leitung. Die Regisseurin Esther Jurkiewicz folgt auf Jule Kracht, die nach nur anderthalb Spielzeiten gekündigt hat. Nach Stationen am DNT Weimar und den Bühnen Halle ist Jurkiewicz nun die vierte Person auf dem Posten in nur sechs Jahren. Kann sie endlich Kontinuität schaffen? Und welche Visionen bringt sie mit?

Nach nur anderthalb Spielzeiten war für Jule Kracht Schluss. Ihre Kündigung als Leiterin des Jungen Schauspiels am Landestheater Eisenach leitete den dritten Wechsel innerhalb von sechs Jahren ein. Gekommen war Kracht mit Jens Neundorff von Enzberg, der seit zwei Jahren Intendant in Meiningen ist. Und damit wären wir schon bei einer der Eisenacher Eigenheiten: Das Haus hat keinen eigenen Chef, sondern wird vom Intendanten des Meininger Staatstheaters mitgeleitet.

Auf Ballett und Junges Schauspiel runtergespart

Meiningen und Eisenach trennt eine Autostunde. Ganz ohne Einbuße lässt sich so eine Doppelintendanz sicher nicht führen. Ein Umstand, der Ausdruck jener Sparpolitik ist, mit der das Landestheater in Eisenach seit Jahren umgehen muss. Ehemals drei Sparten (Schauspiel, Musiktheater und Ballett), sind heute nur noch Ballett und Junges Theater übriggeblieben. Um den Abendspielplan zu füllen, kauft Eisenach Schauspiel- und Musiktheaterproduktionen aus Meiningen und Rudolstadt ein.

Wenig Geld für Theater in Eisenach

"Ich habe das sehr bedauert", kommentiert Jens Neundorff von Enzberg den Umstand, dass seine Wunschkandidatin nach so kurzer Zeit das Handtuch geworfen hat. Die Ursachen für die hohe personelle Fluktuation am Jungen Schauspiel in Eisenach sind seiner Ansicht nach vielschichtig. Was vor seiner Zeit passiert sei, könne er nicht beurteilen. Klar sei jedoch, dass Eisenach eine grundsätzliche Herausforderung mit sich bringe: "Die finanziellen Ressourcen sind de facto beschränkt".

Außen/Tag/Querformat: Außenansicht des Landestheaters Eisenach im Spätherbst. 4 min
Außenansicht des Landestheaters Eisenach im Spätherbst. Bildrechte: MDR/Thomas Müller

Er geht deshalb davon aus, dass in der Vergangenheit Unzufriedenheit auch daraus erwachsen ist, dass sich Ambitionen an der Realität gestoßen haben. "Was nicht heißt, dass man in Eisenach kein gutes Theater machen kann", so der Intendant – manchmal erfordere es einfach besondere Kreativität.

Schauspiel Eisenach hat keine Theaterpädagogen-Stelle

Das Junge Schauspiel besteht aus einem sechsköpfigen Ensemble, einem Chefdramaturgen, einer Hausdramaturgin und der Leitung. Hausintern wünscht man sich noch eine Theaterpädagogik-Stelle, die das Budget aber offenbar nicht hergibt. Das Argument lautet: Mit einer solchen zusätzlichen Arbeitskraft könnte gewährleistet werden, dass es kontinuierlich Angebote der Vor- und Nachbearbeitung von Stücken mit den Zuschauern in Form von Gesprächen oder Workshops gibt. Für ein Theater, das sich auf Kinder- und Jugendarbeit spezialisiert hat, eigentlich unabdingbar, so die Meinung.

Neue Leiterin Jurkiewicz kennt Haus und Region Eisenach

Wenig Geld, einen Intendanten, den sich Eisenach mit Meiningen teilen muss – Esther Jurkiewicz hat das nicht abgeschreckt. Sie ist seit April die neue Leiterin des Jungen Schauspiels. Die 40-Jährige studierte Kulturpädagogin hat bisher als freie Regisseurin gearbeitet. Die Region ist ihr nicht fremd. In der Vergangenheit hat Jurkiewicz am Deutschen Nationaltheater in Weimar und an den Bühnen Halle gearbeitet. Zuletzt hat sie ein Stück in Eisenach inszeniert: "Dadurch kenne ich das Haus schon ein bisschen und wusste, worauf ich mich einlasse."

Wunsch nach mehr Austausch mit Publikum

Einlassen in Bezug auf Eisenach bedeutet auch, in einer Stadt für Kinder und Jugendliche Theater zu machen, in der nicht nur ein rechtspopulistischer Aufschlag spürbar ist, sondern auch vier Vertreter der NPD im Stadtrat sitzen. Dieser politischen Stimmung möchte Jurkiewicz mit einer direkteren Ansprache ihrer Zielgruppe begegnen.

Das inhaltliche Programm für die kommende Spielzeit hat die 40-Jährige noch von ihrer Vorgängerin geerbt, Jurkiewicz möchte das Haus jedoch auch abseits des Spielplans weiterentwickeln. Grundsätzlich sei ihre Devise dabei, mehr in den Austausch zu gehen.

Ein offenes Haus – auch abseits der Theatervorstellungen

Konkret startet ein Format mit dem Namen "Forum". Dabei sind Theaterexterne dazu eingeladen, Themenanregungen einzureichen. Bei regelmäßigen Gesprächsrunden mit jungen Menschen aus dem Kinder- und Jugendparlament sollen die Themen dann ausgewertet werden und je nach Ergebnis in Projekte einfließen.

Für Jurkiewicz geht es auch darum, neue Formen zu finden, Menschen einzuladen – abseits des Theaterabends. Zum Beispiel auch mal ein Konzert zu veranstalten oder indem man die Möglichkeit schafft, im Theater einen Kaffee zu trinken: "Auch wenn es immer ein wenig platt klingt: Ich möchte, dass wir ein offenes Haus sind, das lebendig ist." Und auch um die Theaterpädagogik-Stelle will sie weiter kämpfen.

Außen/Quer/Abend: Außenansicht vom Landestheater Eisenach in der blauen Stunde.
Am Theater Eisenach will die neue Leiterin des Jungen Schauspiels, Esther Jurkiewicz, neue Formate entwickeln. Bildrechte: MDR/Thomas Müller

Eisenach auf dem "Wildwechsel"-Festival vertreten

Intendant Jens Neundorff von Enzberg ist zuversichtlich, dass Eisenach es schafft, sich wieder als Theaterstandort in den Köpfen zu etablieren: "Ich glaube, Kontinuität ist jetzt wichtig." Und auch künstlerisch lohnt sich der Blick nach Eisenach in den kommenden Monaten. Das Theater konnte sich mit dem Projekt "Die grüne Bande" für die Jupiter-Förderung des Bundes qualifizieren. Und auch auf dem Festival der ostdeutschen Kinder- und Jugendtheater "Wildwechsel" im September in Zwickau wird das Landestheater mit einem Stück vertreten sein.

Redaktionelle Bearbeitung: Hendrik Kirchhof

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 30. Mai 2023 | 13:10 Uhr