Luftbildaufnahme von Wenigentaft
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Wartburgkreis Wenigentaft

30. Dezember 2017, 14:13 Uhr

Wenigentaft liegt im Wartburgkreis. Der Ort ist stolze 1.200 Jahre alt. Seinen Namen hat er vermutlich von einem Gewässer "Taft". Dieser Bach überschwemmte das Gebiet vermutlich regelmäßig, es entstand eine Sumpflandschaft.

Der Ortsname Wenigentaft hat in Großentaft, einem Ortsteil von Eiterfeld im Kreis Fulda eine wichtige Parallele. Diesen Ortsnamen hat D. Ascher (S. 329ff.) ausführlich behandelt. Daraus stammt auch die folgende Auswahl der historischen Belege.

Historische Belege der Ortschaft Großentaft:

815 (Kopie) duae Taftaha
816 (Fälschung 12. Jh.) due Taftaha
888 in loco Taptaha
922 in loco Berahtolfestafta
977 (Interpolation 11.Jh.) Dafdaho
zwischen 1015-1025 In Daftaho
12. Jh. (Kopie um 1160) Daftaha
1190 Daftaha

...usw., zumeist Daftaha, Taftah, Tafta, auch Dafta, Dafft, Daft

Beide Ortsnamen sind schwierige Namen. Sicher ist, dass im zweiten Teil althochdeutsch -aha "Bach, Fluss" gestanden hat, dass also beide Orte ihren Namen von dem Gewässernamen Taft, einem Nebenfluss der Ulster, erhalten haben. Dabei bedeutet der Zusatz "Wenigen" = "klein"; der Ort erhielt diesen Zusatz zur Unterscheidung von Großentaft.

Woher hat der Fluss seinen Namen?

D. Ascher hat die bisherigen Deutungen sorgfältig zusammengestellt: man dachte an althochdeutsch taft "Moos", an eine Grasart "Taft oder Bast", an einen Personennamen, an einen Ablaut zu germanisch "dafta" - "Dunst, Nebel, Tau, Reif" oder - zuletzt A. Greule - an ein germanisches Adjektiv "dafta" - "freundlich".

D. Ascher bevorzugt letztlich einen Ablaut zu althochdeutsch "duft" - "Reif, Hitze", mittelhochdeutsch "tuft" - "Dunst, Nebel, Tau, Reif", ist sich aber klar darüber, dass ein Wechsel von -a- zu -u- kaum erklärt werden kann.

Prof. Jürgen Udolph schlägt eine weitere Möglichkeit vor, die man dann gewinnt, wenn man nach Vergleichs-Gewässernamen sucht. Diese gibt es, allerdings muss man weit ausholen. Am nächsten stehen noch die litauischen See- und Flussnamen "Dãpai" bzw. "Dapiškis", die mit litauisch "dãpas" - "Überschwemmung" verbunden werden können. I. Duridanov stellt ferner den thrakischen Ortsnamen "Daphabae" bei Adrianopolis hinzu sowie altisländisch "dafla" - "plätschern", schwedisch dial. "dabb" - "zäher Klumpen aus Schleim", norweg. dial. "dave" - "Lache, Pfütze". Diesem Vorschlag folgt auch A. Vanagas.

Für Wenigentaft und Großentaft bedeutet das: Grundlage ist ein Wort für feuchtes, häufig überschwemmtes Gebiet; daran angetreten ist ein -t-, das im Germanischen so viel bedeutet haben dürfte wie "Stelle, die feucht, häufig überschwemmt" wird. Und dann trat noch aha "Wasser, Fluss" hinzu, so dass die Ortsnamen etwa verstanden werden können als "von einem Fluss durchflossene feuchte, häufig überschwemmte Stelle".

Das ist eine schwierige Deutung, allerdings wird in der Beschreibung des Flüsschens Taft betont, dass dessen mittleres Sohlgefälle von der Quelle bis zur Mündung nur neun Prozent beträgt. Das könnte als Argument dafür verwendet werden, dass der Bach zur Sumpfbildung neigt(e).

Histor. Belege nach D. Ascher, ON. Fulda, S. 329:

815 (Kopie) duae Taftaha
816 (Fälschung 12. Jh.) due Taftaha
1405 zu Wenigen Taffta gelegen
1413 zue Wenige[n] Taffta
1536 zu Wenigentaffta … zu Wenigentafft
1570 Wenig Taffta
1605 zu Wenigendafft
1611 zu Wingendaft

Literatur: W. Arnold, Ansiedelungen und Wanderungen deutscher Stämme, Nachdruck Köln-Wien 1983, S. 112.

D. Ascher, Die Ortsnamen des Landkreises Fulda, Dissertation Leipzig 2014, S. 327-331.

I. Duridanov, Thrakisch-dakische Studien 1. Die thrakisch- und dakisch-baltischen Sprachbeziehungen, Sofia 1969, S. 26.

A. Greule, Deutsches Gewässernamenbuch, Berlin/Boston 2014, S. 527.

R. Sperber, Die Nebenflüsse von Werra und Fulda bis zum Zusammenfluß (= Hydronymia Germaniae A 5), Wiesbaden 1966, S. 105f.

A. Vanagas, Lietuvių hidronimų etimologinis žodynas, Vilnius 1981, S. 80.