Eine Teststrecke mit so genanntem "KlimaPhalt" (l) schließt auf der Oberen Grenzstraße an normalen Straßenasphalt an.
Wasserdurchlässiger Asphalt (links) sorgt für eine Versickerung und Verdunstung von Regenwasser. Bildrechte: picture alliance/dpa | Arne Dedert

Flächenversiegelung Mehr Grundwasser und besseres Stadtklima durch wasserdurchlässigen Asphalt

06. Dezember 2023, 05:00 Uhr

Etwa 45 Prozent der Siedlungs- und Verkehrsflächen in Deutschland sind aktuell versiegelt. Also bebaut, betoniert, asphaltiert oder gepflastert. Laut dem Umweltbundesamt geht das unter anderem zulasten der Bodenfruchtbarkeit. Eine Lösung könnte wasserdurchlässiger Asphalt sein. MDR AKTUELL-Hörer Paul Schumann fragt sich, warum dieser Spezialasphalt nicht viel öfter verbaut wird.

Wohl jeder von uns hat es schon einmal live erlebt: Starkregen prasselt auf die Straße und flutet sie in wenigen Minuten.

Ist alles gut gebaut und geplant, läuft ein Großteil des Wassers schnell in die Kanalisation ab. Das macht die Straße zwar wieder sicherer, gut ist das deshalb aber noch lange nicht.

Störung des natürlichen Wasserkreislaufs

"Das Wasser geht, inklusive Mikroplastik, direkt ab in die Kanalisation, direkt ab in die Flüsse, direkt ab ins Meer und ist weg", erklärt Bauingenieur Lutz Weiler. Das störe aber den natürlichen Wasserkreislauf.

Dieses Problem beschäftigt Weiler schon seit Jahren und weil er eine eigene Asphaltfirma hat, wollte er nicht tatenlos zuschauen. Er hat deshalb "KlimaPhalt" entwickelt. "Das ist ein Asphalt, der zwischen 20 und 25 Prozent Hohlräume hat und da versickert das Wasser." Dazu müsse man auf die Sande, das Kalkmehl oder den Eigenfüller verzichten. Es gebe auch verschiedene Körnungen. "Das nennt man einen PA-Asphalt."

Wenn alle Schichten des Asphalts wasserdurchlässig sind, dann läuft das Wasser einfach durch. Am Ende landet so mehr Wasser im Grundwasser statt in der Kanalisation.

Auch das Stadtklima profitiert

Es könne so auch mehr Wasser verdunsten, sagt Nadine Pannicke-Prochnow vom Umweltbundesamt. Das sei gut für das Klima, weil es unsere im Sommer überhitzten Städte abkühlt. "Wir haben ja teilweise in Innenstädten bis zu zehn Grad höhere Temperaturen als im Umland."

Das ist Pannicke-Prochnow zufolge eine Folge der Versiegelung von Straßen und Gebäuden. "Wir können natürlich jetzt nicht anfangen, plötzlich alle versiegelten Flächen zu entsiegeln. Wir brauchen ja diese Gebäude, wir brauchen die Straßen." Man müsse sich daher Gedanken machen, wie man die Versiegelung so gestalten kann, dass sie dem Wohlbefinden und dem Naturhaushalt weniger schadet.

Dabei könne Asphalt, der das Wasser nicht einfach ablaufen lässt, sondern durchlässt, tatsächlich helfen, meint die Wissenschaftlerin. "Da gibt es eben diese technischen Möglichkeiten wie wasserdurchlässigen Asphalt. Oder Pflastersteine, die nehmen auch das Wasser auf bzw. lassen es versickern und verbessern dann auch die Verdunstung. Also es gibt technische Möglichkeiten, um diesen Kompromiss hinzubekommen, gerade in den Städten."

Viel Überzeugungsarbeit nötig

Einige Kommunen, seien da schon sehr weit, erklärt Pannicke-Prochnow. Wiederum seien andere bislang aber sehr wenig aktiv. Wie schwer es ist, einzelne Städte davon zu überzeugen, weiß auch Bauingenieur Lutz Weiler zu berichten. Vor knapp drei Jahren ist beispielsweise in Offenbach eine Teststrecke in Betrieb genommen worden. Weiler sagt, sein "KlimaPhalt" habe sich zwar bewährt und gute Ergebnisse geliefert. Auch die zuständigen Stadtwerke sagen, dass das prinzipiell funktioniert.

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Aber laut den Stadtwerken ist dieser Spezialasphalt auch ohne die abschließende Bewertung auf Basis von Messergebnissen für einen flächendeckenden Einsatz im Stadtgebiet wenig geeignet. Man komme da in eine Tiefe, in der im Stadtgebiet viele Versorgungsleitungen liegen, von Wasserrohren über Telekommunikationskabel bis hin zu Stromleitungen.

Zu viel Aufwand und zu hohe Kosten, argumentieren die Stadtwerke. Für Lutz Weiler ist das nicht nachvollziehbar. Auch für Nadine Pannicke-Prochnow vom Umweltbundesamt ist das zu kurz gedacht, weil nur die reinen Baukosten betrachtet würden, nicht aber die Folgekosten für Klima und Mensch.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 06. Dezember 2023 | 06:08 Uhr

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